Baton Rouge. Ein Foto von den Protesten gegen rassistisch motivierte Polizeigewalt in den USA bewegt die Menschen. Was hinter der Aufnahme steckt.
Es ist erst wenige Stunden alt, aber dieses Bild wird wohl zur Ikone: Eine junge Frau steht in einem langen, wehenden Sommerkleid souverän auf der Straße – das Rückgrat gerade, die Füße schulterbreit auseinander, wie angewurzelt. Vor ihr: zwei Polizisten, die in voller Kampfmontur auf die Frau zulaufen, mit Helmen und Visieren und gepanzertem Schutz an Armen und Beinen, der totale Kontrast zu dünnem Stoff und nackter Haut beim Gegenüber.
Fotograf Jonathan Bachman aus New Orleans hat das Bild für die Nachrichtenagentur Reuters in Baton Rouge aufgenommen, der Hauptstadt des US-Südstaats Louisiana. Vor sechs Tagen ist dort der Afro-Amerikaner Alton Sterling von einem Polizisten erschossen worden, und kaum war dieser, durch mehrere Handy-Videos dokumentierte Fall bekannt geworden, starb im US-Bundesstaat Minnesota der nächste schwarze Mann durch die Kugel eines Polizisten: Philando Castiles Freundin streamte die Minuten nach dem Schuss mit ihrem sterbenden Freund im Auto live auf Facebook.
Dann das Attentat von Dallas: Der 25-jährige Afro-Amerikaner Micah Johnson erschießt bei Protesten gegen Polizeigewalt in Texas fünf Polizisten und verletzt sieben weitere. Die Welle der Waffengewalt, die rhythmisch wie die Gezeiten Tag für Tag durch die Vereinigten Staaten rollt, ist gerade wieder besonders sichtbar. Und wie nach den vielen anderen Fällen, in denen (meist weiße) Polizisten schwarze Amerikaner getötet haben, gibt es Protest gegen die andauernde Diskriminierung der Afro-Amerikaner, natürlich auch in Baton Rouge.
Krankenpflegehelferin will eine bessere Zukunft für ihr Kind
leshia Evans wollte auch ihr Gesicht zeigen in der „Black Lives Matter“-Bewegung. Nicht nur die Leben der Schwarzen spielen für sie eine Rolle, wie die „Daily Mail“ berichtet, die 28-Jährige ist Krankenpflegehelferin. Aus New York sei Evans zu ihrer ersten Demo angereist, hat eine Freundin der Zeitung berichtet – weil sie nach den jüngsten Fällen von Polizeigewalt gegenüber Schwarzen so von Gefühlen überkommen war, dass sie politisch aktiv an einer besseren Zukunft für ihren fünf Jahre alten Sohn mitwirken wollte.
Protest gegen Polizeigewalt in den USA
Demonstranten hätten eine Autobahn vor dem Polizeipräsidium in Baton Rouge blockiert, schilderte Fotograf Bachman die Situation der Seite „Buzzfeed“. Als die Polizisten versuchten, die Menschen zurückzudrängen, seien einige gewichen, andere hätten die Beamten in ihrer martialischen Schutzmontur angeschrien. Er habe gerade jemanden fotografiert, der mit einem Polizisten stritt, als er bei einem Blick über die Schulter Evans gesehen habe, sagte Bachmann: „Ich sah sie da, sah ihre felsenfeste Absicht, sich nicht wegzubewegen. Sie stand einfach da und zeigte so ihren Protest. Ich war sehr froh, so etwas festhalten zu können.“
Die zwei Polizisten in gepanzerter Ausrüstung nahmen Evans fest. Mit rund 100 weiteren Demonstranten – darunter einer der Anführer der „Black Lives Matter“-Bewegung, Deray McKesson – kam die 28-Jährige laut Bericht der „Daily Mail“ in Gewahrsam. Erst nach etwa 24 Stunden wurde sie wieder freigelassen. Den meisten der Festgenommenen wird „Blockierung einer Autobahn“ vorgeworfen. Auch wenn die Festnahme etwas rau verlaufen sei, sei sie im Polizeigewahrsam gut behandelt worden, hat leshia Evans nach ihrer Freilassung gesagt.
Bachman sagte, er habe das Bild von Evans als erstes von der Demo an die Nachrichtenagentur geschickt. „Ich wusste, dass es ein wichtiges Foto werden würde. Man kann viele Bilder machen von Menschen, die festgenommen werden, aber dieses steht mehr für die Bewegung als solche und für das, was die Demonstranten hier in Baton Rouge erreichen wollen.“
leshia Evans’ Protest gegen Polizeigewalt hat jetzt schon bleibende Spuren hinterlassen: Das Bild, das Fotograf Bachman von der jungen Frau und den Polizisten festhielt, bewegt inzwischen Menschen in aller Welt.