Berlin. Der Anteil von Frauen in Aufsichtsräten ist gestiegen, in den Vorständen bewegt sich wenig. Das ist die erste Bilanz zur Frauenquote.

Noch sind deutsche Führungsetagen weit entfernt von einer gleichberechtigten Besetzung der Chefposten. In den großen Dax-Konzernen gibt es keine einzige Vorstandsvorsitzende. In den Aufsichtsräten hat es lediglich im Henkel-Konzern eine Frau an die Spitze des Aufsichtsgremiums geschafft. Trotzdem: Das neue Gesetz zur Frauenquote in Aufsichtsräten gilt erst seit einem halben Jahr – und zeigt zaghafte erste Erfolge.

Alle 50 börsennotierten Unternehmen, die unter das neue Gesetz fallen und seit Januar einen neuen Aufsichtsrat wählten, haben sich an die Vorgaben gehalten und mehrere Frauen in ihre Gremien gewählt. „Der Frauenanteil in diesen Unternehmen ist um 7,3 Prozentpunkte auf knapp 30 Prozent gestiegen“, zog Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig (SPD) eine erste Zwischenbilanz. Ihr Fazit: „Die Quote wirkt. Es sind mehr Frauen in Führungspositionen gekommen – aber es gibt noch Luft nach oben.“

Selbstverpflichtungen bei Unternehmen haben nicht gewirkt

Insgesamt herrscht in Sachen Gleichberechtigung dennoch großer Nachholbedarf, sagt Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD): „Deutschland ist bei der Besetzung von Führungspositionen mit Frauen seit vielen Jahren internationales Schlusslicht.“ Die Selbstverpflichtungen der Unternehmen hätten nicht gewirkt. Erst das neue Gesetz habe „einen Kulturwandel“ in Gang gesetzt, meint Maas.

Problem dabei: Das Gesetz gilt nur für die Besetzung der Aufsichtsräte und nicht für die entscheidenden Funktionen der Vorstände, die das operative Geschäft leiten. „Die Konzerne stehen in der Verantwortung, gleichberechtigte Teilhabe auf allen Ebenen umzusetzen“, kritisierte die Präsidentin der Organisation Frauen in die Aufsichtsräte (Fidar), Monika Schulz-Strelow. „Die Zahlen sprechen für sich, doch Zahlen allein bringen nicht den notwendigen Kulturwandel.“ Die grundsätzliche Einstellung müsse sich ändern und dafür seien auch besonders die wenigen Frauen in den Führungsebenen gefragt. „Sie können den Veränderungsprozess aktiv mitgestalten.“

Insgesamt fallen rund 150 Unternehmen unter das neue Gesetz, die börsennotiert und voll mitbestimmt sind. Seit Jahresbeginn müssen mindestens 30 Prozent ihrer neu zu besetzenden Aufsichtsratsposten an Frauen gehen. Wird das nicht erzielt, bleiben die Stühle unbesetzt. Dasselbe gilt für den öffentlichen Dienst. Zudem müssen rund 3500 weitere Unternehmen sich selbst Ziele stecken und diese bekannt geben.

Wie sieht es aktuell konkret in den Führungsspitzen aus?

Aufsichtsräte

In den Aufsichtsräten der etwa 160 Unternehmen in Deutschland, die in den Börsenindizes Dax, MDAX, SDax und TecDax notiert sind, gibt es derzeit 1928 Mitglieder. 25,5 Prozent sind Frauen, wie eine aktuelle Studie des Verbands Frauen in die Aufsichtsräte ergeben hat. Vor fünf Jahren lag der Frauenanteil nur bei knapp zehn Prozent. 11,3 Prozent der weiblichen Mitglieder sind als Vertreterinnen für die Arbeitnehmer – zumeist Gewerkschafterinnen – in die Gremien eingezogen. 40 Unternehmen haben bislang überhaupt keine Frauen im Aufsichtsrat. Dazu zählen die Porsche Automobil Holding SE, Sixt SE, Bijou Brigitte, Klöckner & Co. und Pfeiffer Vacuum.

Vorstände

Bislang wird keiner der 30 Dax-Konzerne von einer Frau geleitet. In den Vorständen liegt ihr Anteil bei 6,5 Prozent. Im Jahr 2011 waren es sogar nur drei Prozent, berichtet Fidar. Vollständig frauenfreie Führungsetagen werden jedoch selten. Ihre Zahl ist in den vergangenen fünf Jahren von 74 auf 18 geschrumpft. Damit sind 11,3 Prozent der Führungsriegen noch frauenfrei.

Öffentlicher Dienst

Der Bund hat 33 Prozent seiner Mitglieder in Aufsichtsräten in öffentlichen Unternehmen mit Frauen besetzt. Darüber hinaus sind in den obersten Bundesbehörden und Ministerien 32,6 Prozent der Führungskräfte weiblich – gut sechs Prozentpunkte mehr als im Jahr 2011. Die meisten Spitzenpositionen sind im Bundesfamilienministerium zu 55 Prozent mit Frauen besetzt, gefolgt vom For­schungs­ministerium mit 44 Prozent. Das Justizministerium beschäftigt 38,7 Prozent Frauen in Leitungspositionen - und liegt über dem Durchschnitt mit 22 Prozent, heißt es im Gleichstellungsindex 2015 des Statistischen Bundesamtes. Im Finanzressort ist der Frauenanteil unter den Leitungsfunktionen mit rund 19 Prozent am geringsten.