Berlin. Doch nicht so willkommen? Mehr als ein Drittel der Deutschen sieht laut einer Studie in hohen Flüchtlingszahlen eine Gefahr fürs Land.

Der Zuspruch zur Willkommenskultur für Flüchtlinge hat in Deutschland nachgelassen. Laut einer Studie der Universität Bielefeld finden zwar immer noch knapp 43 Prozent der Bevölkerung die „zunehmende Vielfalt“ in der Gesellschaft gut. Zwei Jahre zuvor waren es aber noch gut 47 Prozent gewesen, die diese Entwicklung positiv fanden. Die Wissenschaftler hatten jeweils zum Jahreswechsel 2013/14 und 2015/16 die Einstellungen, Meinungen, Gefühle und Vorstellungen von Menschen gegenüber Zuwanderern erfasst.

„Ressentiments gegen Zugewanderte sind längst nicht mehr nur am rechten Rand zu finden“, stellt die Stiftung Mercator fest, die das Forschungsprojekt unter Leitung des Sozialpsychologen Andreas Zick unterstützt hat. Die öffentliche Debatte über die stark gestiegene Zuwanderung von Flüchtlingen habe Spuren hinterlassen, sagte Zick bei der Vorstellung der Studie am Donnerstag.

Mehrheit will nicht, dass Flüchtlinge dauerhaft bleiben

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), betonte hingegen, die neuesten Ergebnisse zeigten, dass der Großteil der Bevölkerung auch in der aktuellen Situation positiv gegenüber Flüchtlingen eingestellt sei und die Vielfalt der Gesellschaft begrüße.

Die repräsentative Umfrage zeigt, dass die Mehrheit der Bevölkerung zwar eine Aufnahme von Flüchtlingen befürwortet. Dass aus dieser Aufnahme ein dauerhafter Aufenthalt wird, wollen viele aber nicht. Dem Satz „Sobald sich die Lage in den Heimatländern der Flüchtlinge verbessert hat, sollten sie dorthin zurückgeschickt werden“, stimmten mehr als die Hälfte der Befragten zu.

Integration als „Einbahnstraße

Mittlerweile fordert die Mehrheit der Bevölkerung zudem, dass sich für eine erfolgreiche Integration ausschließlich die Migranten anpassen müssten, erklärten die Forscher. Vor zwei Jahren hatten rund 36 Prozent dieser Haltung zugestimmt, nun sind es fast 55 Prozent. „Der Prozess der Integration wird immer noch als Einbahnstraße angesehen“, betonte Zick. Özoguzerklärte: „Der Satz: ‘Die sollen sich anpassen’ ist so alt, wie er unklar ist.“ Wenn eine kulturell vielfältige Gesellschaft weniger geschätzt werde, müsse das aber nachdenklich stimmen.

Die Forscher stellten fest: Wenn es um die Flüchtlinge geht, haben Alteingesessene und Bürger mit Migrationshintergrund ähnliche Einstellungen. Knapp 36 Prozent der Deutschen ohne Migrationshintergrund sind der Meinung, „die hohen Flüchtlingszahlen gefährden die Zukunft Deutschlands“. Unter den Bürgern mit ausländischen Wurzeln liegt die Zustimmung zu dieser Aussage sogar bei 38 Prozent.

Özoguz fordert mehr gesellschaftliche Teilhabe für alle

Konfliktforscher Zick verwies zudem darauf, dass die „Polarisierung der deutschen Bevölkerung“ derzeit von zwei „kaum zu vereinbarenden Standpunkten“ geprägt sei: Jenen, für die Willkommenskultur ein Leitbild sei, und jenen, welche „sich alte Ordnungen zurückwünschen“ und für „klare Hierarchien“ zwischen sogenannten Alteingesessenen und Neuhinzugekommenen plädieren.

„Wir brauchen eine Politik, die Identifikation und Zusammenhalt für alle schafft, für Einheimische und Zugewanderte“, betonte Özoguz . Zentral dafür sei vor allem mehr gesellschaftliche Teilhabe und Partizipation aller in Deutschland lebenden Menschen. (dpa/epd)