Washington/Charlotte. US-Präsident Barack Obama lobt Hillary Clinton in höchsten Tönen. Trotzdem will bei den Demokraten noch keine Jubelstimmung aufkommen.

US-Präsident Barack Obama ist erstmals bei einer Wahlkampfveranstaltung der designierten Präsidentschaftskandidatin der Demokraten, Hillary Clinton, aufgetreten. „Es gab niemals einen Mann oder eine Frau, der oder die besser für das Amt geeignet ist, als Hillary Clinton“, sagte Obama am Dienstagabend bei einer Kundgebung in Charlotte in North Carolina.

Clinton erhofft sich von Obama, dass dieser vor allem junge und linksgerichtete Wähler auf ihre Seite ziehen kann. Diese Wählergruppen hatten bislang eher ihren bisherigen parteiinternen Konkurrenten Bernie Sanders unterstützt.

FBI verpasst Clinton eine Ohrfeige

Doch dürfte sich Clinton das Stimmungsumfeld vor ihrem sorgfältig inszenierten Auftritt mit Obama anders vorgestellt haben. Statt die Nachrichtenshows im US-Fernsehen zu beherrschen, wurde die Jubel-Show von einem anderen, negativen Ereignis überschattet: Zwar keine Anklage gegen Clinton in der leidigen E-Mail-Affäre, aber doch eine Art von Verurteilung durch FBI-Direktor James Comey.

Hintergrund: Clinton hatte als Außenministerin auch dienstliche E-Mails über private Server abgewickelt. Das FBI untersuchte, ob sie geheime Informationen verschickt oder empfangen hat. „Keine einzige dieser E-Mails hätte auf einem privaten Server sein dürfen“ sagte FBI-Chef James Comey. Jeder in einer verantwortlichen Position habe das wissen können und müssen.“ Das hatte gesessen.

Donald Trump nahm die Vorlage dankbar auf

Clintons republikanischer Rivale Donald Trump nahm diese Vorlage sogleich auf. „Jetzt ist bewiesen, dass sie gelogen hat“, sagte der voraussichtliche Präsidentschaftskandidat der Republikaner in der Nacht zum Mittwoch in Raleigh (North Carolina) vor Anhängern. „Sie kann nicht für unsere Sicherheit einstehen.“ Und Trump weiter: „Sie hat gewohnheitsmäßig vertrauliches Material gesendet und empfangen. Sie hat das ganze Land in Gefahr gebracht. Sie hat das Leben von Amerikanern aufs Spiel gesetzt.“

FBI-Direktor Comey hatte betont, Clinton sei extrem unvorsichtig gewesen und es sei nicht ausgeschlossen, dass ihre Server gehackt worden sei. Dazu Trump: „Unsere Feinde haben die Möglichkeit, uns zu erpressen, sie haben eine Akte über Hillary angelegt, schon deswegen darf es ihr nicht erlaubt werden, US-Präsidentin zu werden.“

110 vertrauliche E-Mails auf privatem Server

Trump säte auch Zweifel an der FBI-Untersuchung selbst: „Ich dachte immer, E-Mails könnten nicht komplett verschwinden. Haben Sie das schon mal gehört? Da muss man die besten Experten ranlassen, und das haben sie eben nicht.“ Er sagte, das ganze System sei manipuliert.

Besonders peinlich für Clinton: Sie hatte über Monate beteuert, sie habe nie vertraulich markiertes Material über die kritisierten Server abgewickelt. Die Untersuchung des FBI stellt jetzt das exakte Gegenteil fest. Comey sagte, 110 E-Mails in 52 E-Mail-Ketten seien vertraulichen Inhalts gewesen: Acht davon hatten die höchste Stufe streng geheim, 36 waren geheim und acht vertraulich.

Obama: „Sie wird uns in der Welt stolz machen“

Die Affäre verstärkt Clintons Glaubwürdigkeitsprobleme. Sie selbst hatte ihr Verhalten spät und widerstrebend als Fehler bezeichnet. Als Reaktion auf das FBI erklärte Clintons Team: „Wie die Ministerin wiederholt gesagt hat, war es ein Fehler, ihre persönlichen Mails zu benutzen, und sie würde das nicht wieder tun. Wir sind froh, dass die Angelegenheit nun erledigt sind.“

Barack Obama bemühte sich bei seinem Auftritt mit Clinton nach Kräften, seine ehemalige Außenministerin als seine Nachfolgerin im Weißen Haus anzupreisen. „Ich bin hier, weil ich an Hillary glaube“, sagt er. „Mein Vertrauen in Hillary wurde immer belohnt.“ Er sei bereit, den Stab weiterzugeben, „und ich weiß, dass sie das Rennen besteht. Sie wird uns in aller Welt stolz machen.“ (dpa/rtr)