Athen. An Tag zwei der Griechenland-Reise geht es für Gabriel um erneuerbare Energien. Von der Umstellung würde auch Deutschland profitieren.

Die rund 400 Einwohner von Tilos haben sich schon fast daran gewöhnt: Auf ihrer kleinen Insel, die zwischen Kos und Rhodos im Archipel des Dodekanes liegt, gehen immer mal wieder die Lichter aus. Tilos bezieht seine Energie über ein Unterwasserkabel vom benachbarten Kos. Dort sorgen in einem alten Kraftwerk der staatlichen Elektrizitätsgesellschaft DEI betagte Dieselgeneratoren für Strom – eine ineffiziente, unzuverlässige und umweltbelastende Art der Elektrizitätsgewinnung. Künftig soll Kos seinen Strombedarf zu mindestens 80 Prozent aus lokalen, erneuerbaren Energiequellen decken – ein Pilotprojekt, das von der EU mit Geldern aus dem Programm „Horizon 2020“ gefördert wird. Beteiligt an dem Vorhaben sind Fachleute der Universität Piräus sowie 15 Institutionen und Unternehmen, darunter auch das Berliner Software-Haus Younicos.

Ein Vertreter der Firma gehörte zur 40-köpfigen Delegation, die den Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel am Donnerstag und Freitag bei seiner Griechenland-Reise begleiteten. Erneuerbare Energien bildeten den Schwerpunkt des zweiten Besuchstages. Die griechischen Inseln bieten für eine Eigenversorgung mit Solar- und Windkraft beste Voraussetzungen: viel Sonne, viel Wind. Mancherorts gibt es auch geothermisches Potenzial.

Strom aus Dieselgeneratoren

Von den rund 200 bewohnten griechischen Inseln sind 36 nicht ans landesweite Elektrizitätsnetz angeschlossen. Sie beziehen ihren Strom zum größten Teil aus Dieselgeneratoren. Der Treibstoff muss umständlich per Tankschiff vom Festland gebracht werden. Der Betrieb dieser Generatoren, die über eine Gesamtleistung von knapp 2000 Megawatt verfügen, verschlingt jährlich Subventionen von 700 Millionen Euro.

Die Umstellung auf erneuerbare Energien würde also nicht nur die Umwelt, sondern auch den Staatshaushalt entlasten. Auf einigen Inseln spielen Solar- und Windkraft bereits eine wachsende Rolle. Die Kapazität dieser Anlagen beträgt rund 750 Megawatt, wovon 415 Megawatt in den vergangenen vier Jahren installiert wurden. Wirtschaftsminister Gabriel vereinbarte am Freitag mit seinem griechischen Kollegen Panos Skourletis eine engere Zusammenarbeit. Die staatliche Förderbank KfW soll bei Finanzierungen helfen – nicht ganz uneigennützig, denn deutsche Firmen hoffen, beim Ausbau zum Zuge zu kommen.

Deutsche Firmen an Pilotprojekt beteiligt

Auf Tilos sind sie bereits beteiligt. Hier sollen Windkraftwerke und Photovoltaik-Anlagen mit einer Gesamtkapazität von rund einem Megawatt entstehen. Herzstück des Konzepts ist ein intelligentes Batteriesystem mit einer Speicherkapazität von 2,8 Megawatt. Zusammen mit einem ausgeklügelten Leitungsnetz soll es dafür sorgen, die Stromversorgung auch in windstillen Nächten aufrecht zu erhalten.

Nachdem die griechische Regulierungsbehörde Anfang Juni die Genehmigungen erteilte, könnte das System in etwa einem Jahr den Probebetrieb aufnehmen. Läuft alles nach Plan, kann Tilos dann nicht nur den eigenen Energiebedarf decken, sondern sogar Strom nach Kos „exportieren“.