Wien. Die Wahl des österreichischen Bundespräsidenten muss neu angesetzt werden. Das höchste Gericht des Landes entschied dies am Freitag.

Politischer Paukenschlag in Österreich: Mit einem spektakulären juristischen Erfolg haben sich die Rechtspopulisten eine zweite Chance auf das Präsidentenamt erkämpft. Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat in einem bisher einmaligen Vorgang die Stichwahl vom 22. Mai wegen vieler formaler Fehler aufgehoben.

Damit kommt es im Herbst zu einem erneuten Duell zwischen dem von den Grünen unterstützten Alexander Van der Bellen und dem FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer. Die Amtsgeschäfte von Bundespräsident Heinz Fischer, der am 8. Juli aus dem Amt scheidet, übernimmt bis dahin das Präsidium des Nationalrats, zu dem auch Hofer gehört.

„Das Vertrauen in die Demokratie stärken“

Das Urteil diene dem Ziel, „das Vertrauen in unseren Rechtsstaat und damit in unsere Demokratie zu stärken“, sagte VfGH-Präsident Gerhart Holzinger. Bei der Auszählung der Stimmen der Briefwähler sei es zwar nicht zu einem Wahlbetrug gekommen, aber Vorgänge wie das vorzeitige Öffnen und vorschriftswidrige Lagern der Kuverts sowie das teilweise Auszählen durch Unbefugte seien Grund genug für eine Neuauflage. Das Wahlgesetz sei streng auszulegen.

Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) erklärte, „es wäre grundfalsch, denjenigen, der auf den Missstand aufmerksam macht, Schuld zuzusprechen.“

FPÖ-Kandidat Hofer war nach der Auszählung der Briefwahlstimmen Van der Bellen nur um 31.000 Stimmen unterlegen. Es war das knappste Wahlergebnis in der Geschichte der Alpenrepublik. Die FPÖ hatte das Ergebnis Anfang Juni angefochten und Unregelmäßigkeiten in 94 der 117 Wahlbezirke moniert.

Zahlreiche Regelverstöße bei der Auszählung

Bundespräsident Fischer, der zwölf Jahre an der Spitze Österreichs gestanden hat, lobte die Richter. „Die Demokratie hat eine Bewährungsprobe bestanden.“ Er sei stolz auf die Entscheidung. Die Neuauflage der Wahl wird den Steuerzahler laut Innenministerium rund zehn Millionen Euro kosten.

Zur Klärung der FPÖ-Vorwürfe hatte der VfGH an mehreren Verhandlungstagen 67 Zeugen aus den Bezirkswahlbehörden angehört. Zahlreiche Wahl-Verantwortliche räumten bei Befragungen Regelverstöße bei der Auszählung der Briefwahlstimmen ein. Demnach wurden etliche Vorschriften verletzt.

Richter verbieten vorzeitige Weitergabe von Ergebnissen

Das Gericht untersagte auch die vorzeitige bundesweite Weitergabe von Teilergebnissen der Bundespräsidenten-Stichwahl an Medien und Forschungsinstitute. Dieser Vorgang sei einer der Gründe für die bundesweite Aufhebung der Stichwahl, sagte Holzinger. „Diese Veröffentlichung verstößt gegen den Grundsatz der Freiheit der Wahl“, so der Präsident. Es sei nicht ausgeschlossen, dass die Weitergabe an ausgewählte Empfänger von Einfluss auf das Ergebnis sein konnte.

Innenminister Wolfgang Sobotka will nun zusammen mit Außenminister Sebastian Kurz (beide ÖVP) dafür sorgen, dass in den Bezirken, die Fehler gemacht hatten, Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) eingesetzt werden. Ob es in den Behörden personelle Konsequenzen geben werde, sei noch unklar, meinte Sobotka. Über das genaue Datum der Stichwahl um das höchste Amt im Staat will die Regierung kommende Woche beraten. (dpa)