Essen. Die Täter des Anschlags auf den Essener Sikh-Tempel waren Jugendliche. Doch hinter dem Angriff steckt offenbar eine Salafisten-Gruppe.

Hinter dem Bomben-Anschlag auf den Essener Sikh-Tempel, bei dem Mitte April drei Menschen verletzt wurden, steckte offenbar ein größeres islamistisches Netzwerk als bislang bekannt. Wie NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) am Dienstag in einer Vorlage für den zuständigen Landtagsausschuss bekannt gab, haben die bisherigen Ermittlungen ergeben, dass ein Dutzend Personen „konspirative Anschlagsplanungen“ über eine WhatsApp-Gruppe mit dem Namen „Ansaar Al Khalifat Al Islamiyya“ (Anhänger des Islamischen Khalifats) schmiedete. Noch immer seien nicht alle identifiziert, räumte das Innenministerium ein.

Als Mitglieder bekannt sind bislang die beiden Hauptverdächtigen, Yusuf T. aus Gelsenkirchen und Mohammed B. (beide 16) aus Essen. Ebenso der Salafist Tolga I. (17) aus Schermbeck, Mohammed Ö. (17) aus Essen sowie Hilmi I. (20) aus Münster, der bereits drei Wochen vor dem Sikh-Anschlag wegen „Vorbereitung einer staatsgefährdenden Gewalttat“ festgenommen worden war. Alle Fünf sitzen in Untersuchungshaft.

Zugang zur WhatsApp-Gruppe erhielten die Sicherheitsbehörden ausgerechnet über ein Mobiltelefon von Yusuf T., was zu weiteren kritischen Fragen im Innenausschuss des Landtags führen dürfte. Möglicherweise handelt es sich um ein Handy, das die Behörden bei einer Hausdurchsuchung im Kinderzimmer von T. kurz vor Weihnachten 2015 nicht gefunden hatten. Einem erneuten Hinweis der Klassenlehrerin von Yusuf T im Januar 2016 an die Polizei, dass ihr Schüler ein Handyvideo mit einer Probesprengung auf dem Schulhof herumzeige, wurde offenbar zu wenig Beachtung geschenkt.

Jugendlicher Anführer und Administrator von Islamisten-Chat

Yusuf T., so die heutigen Ermittlungsergebnisse, sei Anführer und Administrator der islamistischen Chat-Gruppe gewesen. Der Realschüler aus Gelsenkirchen habe schon am 7. Januar per WhatsApp alle Mitglieder, die dort mit arabischen Namensattributen kommunizierten, auf die „gemeinsame Sache“ eingeschworen.

Alle fünf bislang Inhaftierten waren den Sicherheitsbehörden in NRW vor dem Sikh-Anschlag bekannt, wurden teilweise sogar im landeseigenen Salafismus-Aussteigerprogramm „Wegweiser“ betreut. Dennoch blieb Innenminister Jäger in der neuen Ausschussvorlage bei seiner bisherigen Bewertung: „Hinweise auf konkrete Anschlagsplanungen lagen jedoch nicht vor. Eine Verhinderung der Tat war in soweit auch nicht möglich.“

Dieser Text ist zuerst auf derwesten.de erschienen.