Washington. Was Boris Johnson und Donald Trump verbindet und warum sie die Fantasie der politischen Klasse beflügeln – und auch die Albträume.

Sie teilen die Vorliebe für dubiose Frisuren und einen Populismus, der es mit der Wahrheit selten genau nimmt: Donald Trump, designierter Präsidentschaftsbewerber der Republikaner in Amerika, und Boris Johnson, nach dem „Vereinsaustritt“ Großbritanniens aus der Europäischen Union Kandidat für die Nachfolge des gescheiterten Premiers David Cameron. Gemeinsam beflügeln sie die Fantasien (oder Albträume) der politischen Klasse.

Kann der von Johnson propagierte Brexit dem New Yorker Milliardär den Sprung ins Weiße Haus ebnen? Werden die USA und ihr Mutterland zu Prototypen des Isolationismus? Was wird aus der speziellen Beziehung zwischen London und Washington?

Obamas Warnungen in London sind im Ergebnis verpufft

Für US-Präsident Barack Obama ist das Brexit-Votum ein Scherbenhaufen. Im April beschwor der scheidende US-Präsident bei seiner Visite in London die Briten eindringlich, in der EU zu bleiben. Mit großen Worten zeichnete Obama nach, warum London für Washington immer auch ein Brückenkopf in der EU war, der das Bündnis der 28 Klein-und Großstaaten erträglich und berechenbar machte. „Zehntausende Amerikaner, die auf den Friedhöfen Europas liegen, geben in Stille Zeugnis davon, wie verwoben unser Wohlergehen und unsere Sicherheit in Wahrheit sind“, sagte Obama, „der Weg, den Sie nun einschlagen, wird auch die Zukunft der heutigen Generation von Amerikanern beeinflussen.“

Donald Trump will ins Weiße Haus

Er will Amerika wieder groß machen. Und reich. Und das Militär „mächtig, unglaublich“: Der milliardenschwere Baumagnat Donald Trump will US-Präsident werden und hat es bis zur Nominierung der Republikaner zum Präsidentschaftskandidaten geschafft.
Er will Amerika wieder groß machen. Und reich. Und das Militär „mächtig, unglaublich“: Der milliardenschwere Baumagnat Donald Trump will US-Präsident werden und hat es bis zur Nominierung der Republikaner zum Präsidentschaftskandidaten geschafft. © REUTERS | JIM YOUNG
Auf dem großen Parteikonvent in Cleveland ist er im Juli offiziell zum Kandidaten gekürt worden.
Auf dem großen Parteikonvent in Cleveland ist er im Juli offiziell zum Kandidaten gekürt worden. © REUTERS | JOE SKIPPER
Groß ist gut, und Wohlstand ist Erfolg: Dieses Denken ist Donald Trump gewohnt. Schließlich hat er sich selbst ein riesiges Firmenimperium geschaffen.
Groß ist gut, und Wohlstand ist Erfolg: Dieses Denken ist Donald Trump gewohnt. Schließlich hat er sich selbst ein riesiges Firmenimperium geschaffen. © REUTERS | PHILIP SEARS
„Es wird so gut werden“, hat er einem Moderator des Fernsehsenders NBC versprochen. „In vier Jahren werden Sie mich interviewen und Sie werden sagen: Sie haben einen tollen Job gemacht, Mister President.“ Das ist Originalton des republikanischen Präsidentschaftsbewerbers Trump, wenn er einen seiner maßvolleren Momente hat.
„Es wird so gut werden“, hat er einem Moderator des Fernsehsenders NBC versprochen. „In vier Jahren werden Sie mich interviewen und Sie werden sagen: Sie haben einen tollen Job gemacht, Mister President.“ Das ist Originalton des republikanischen Präsidentschaftsbewerbers Trump, wenn er einen seiner maßvolleren Momente hat. © imago/ZUMA Press | imago stock&people
Sonst klingt das so: „Ich werde der beste Präsident in Sachen Arbeitsplätze sein, den Gott erschaffen hat.“
Sonst klingt das so: „Ich werde der beste Präsident in Sachen Arbeitsplätze sein, den Gott erschaffen hat.“ © REUTERS | JIM YOUNG
„The Donald“ – der Spitzname für das Alphatier – war noch nie für Bescheidenheit bekannt. Nicht umsonst hat es der Mann mit der berühmten blonden Föhnfrisur als Immobilienmogul und TV-Reality-Star zum Multimilliardär gebracht. Gern und oft rühmt er sich selbst als jemand, bei dem man weiß, woran man ist.
„The Donald“ – der Spitzname für das Alphatier – war noch nie für Bescheidenheit bekannt. Nicht umsonst hat es der Mann mit der berühmten blonden Föhnfrisur als Immobilienmogul und TV-Reality-Star zum Multimilliardär gebracht. Gern und oft rühmt er sich selbst als jemand, bei dem man weiß, woran man ist. © imago/ZUMA Press | imago stock&people
Dazu gehört dieser Satz: „Ich bin gut.“
Dazu gehört dieser Satz: „Ich bin gut.“ © imago/UPI Photo | imago stock&people
Dass Großspurigkeit zu seinem Markenzeichen geworden ist, stört Trump nicht. Sie sichert ihm die Aufmerksamkeit, die er will. Auch im Rennen ums Weiße Haus, bei dem ihn seine Tochter Ivanka (l.) und seine Frau Melania (r.) selbstredend unterstützen.
Dass Großspurigkeit zu seinem Markenzeichen geworden ist, stört Trump nicht. Sie sichert ihm die Aufmerksamkeit, die er will. Auch im Rennen ums Weiße Haus, bei dem ihn seine Tochter Ivanka (l.) und seine Frau Melania (r.) selbstredend unterstützen. © imago/ZUMA Press | imago stock&people
Und so tönt und holzt der Ex-Demokrat, Ex-Unabhängige und Ex-Präsidentschaftsbewerber der Reform-Party jetzt als rechtskonservativer Populist um sich.
Und so tönt und holzt der Ex-Demokrat, Ex-Unabhängige und Ex-Präsidentschaftsbewerber der Reform-Party jetzt als rechtskonservativer Populist um sich. © REUTERS | JONATHAN ERNST
Die Medien sind fassungslos – und fasziniert zugleich. Trump sei größenwahnsinnig, heißt es in Kommentaren. Ein Napoleon. Der Putin Amerikas. Ein Clown. Vulgär. Grell. Aber kein Sender will und kann an ihm vorbei.
Die Medien sind fassungslos – und fasziniert zugleich. Trump sei größenwahnsinnig, heißt es in Kommentaren. Ein Napoleon. Der Putin Amerikas. Ein Clown. Vulgär. Grell. Aber kein Sender will und kann an ihm vorbei. © imago/ZUMA Press | imago stock&people
Dieser Mann kenne keine Grenzen, schreibt da nicht nur das konservative „National Journal“. Aber trotz aller harschen Urteile würde niemand Trump absprechen, dass er einen scharfen Verstand und unternehmerische Gewitztheit besitzt. Seine Karriere spricht für sich.
Dieser Mann kenne keine Grenzen, schreibt da nicht nur das konservative „National Journal“. Aber trotz aller harschen Urteile würde niemand Trump absprechen, dass er einen scharfen Verstand und unternehmerische Gewitztheit besitzt. Seine Karriere spricht für sich. © imago stock&people | UPI Photo
Geboren wurde Trump am 14. Juni 1946 in New York als viertes von fünf Kindern der Eheleute Frederick und Mary Trump. Donald war schon als Junge selbstbewusst und nicht leicht zu zähmen. So schickten ihn die Eltern mit 13 auf eine Militärakademie. Dort glänzte er, studierte dann an der Fordham University und University of Pennsylvania und machte seinen Wirtschaftsabschluss.
Geboren wurde Trump am 14. Juni 1946 in New York als viertes von fünf Kindern der Eheleute Frederick und Mary Trump. Donald war schon als Junge selbstbewusst und nicht leicht zu zähmen. So schickten ihn die Eltern mit 13 auf eine Militärakademie. Dort glänzte er, studierte dann an der Fordham University und University of Pennsylvania und machte seinen Wirtschaftsabschluss. © REUTERS | JONATHAN ALCORN
Vater Fred Trump, Sohn des 1885 aus dem pfälzischen Kallstadt in die USA eingewanderten Friedrich Trump, verdiente selber in der Baubranche Millionen, und Donald stieg nach dem Studium in das Geschäft ein, das Großvater Friedrich und dessen Frau Elizabeth gegründet hatten.
Vater Fred Trump, Sohn des 1885 aus dem pfälzischen Kallstadt in die USA eingewanderten Friedrich Trump, verdiente selber in der Baubranche Millionen, und Donald stieg nach dem Studium in das Geschäft ein, das Großvater Friedrich und dessen Frau Elizabeth gegründet hatten. © GettyImages | Thomas Lohnes
1974 wurde Donald Trump Präsident des Unternehmens, das er in Trump Organization umbenannte. Es folgten Investitionen in diverse Hotels, Casinos und Luxus-Apartment-Gebäude.
1974 wurde Donald Trump Präsident des Unternehmens, das er in Trump Organization umbenannte. Es folgten Investitionen in diverse Hotels, Casinos und Luxus-Apartment-Gebäude. © imago stock&people | imago stock&people
Zusätzlich reich machten ihn Rechte an Miss-Wahlen (Trump zeigt sich hier 2013 mit diversen Missen im Trump Tower in New York City), seine Rolle in der TV-Reality-Show „The Apprentice“, aus der später die Serie „The Celebrity Apprentice“ erwächst. Dazu kommen...
Zusätzlich reich machten ihn Rechte an Miss-Wahlen (Trump zeigt sich hier 2013 mit diversen Missen im Trump Tower in New York City), seine Rolle in der TV-Reality-Show „The Apprentice“, aus der später die Serie „The Celebrity Apprentice“ erwächst. Dazu kommen... © imago stock&people | imago stock&people
... mehrere Biografien und eigene Möbel- und Modemarken. Aber es lief...
... mehrere Biografien und eigene Möbel- und Modemarken. Aber es lief... © imago/ZUMA Press | imago stock&people
...nicht alles glatt: In vier Fällen musste er Insolvenz anmelden, konnte jedoch jedes Mal erfolgreich umstrukturieren.
...nicht alles glatt: In vier Fällen musste er Insolvenz anmelden, konnte jedoch jedes Mal erfolgreich umstrukturieren. © imago/UPI Photo | imago stock&people
Das Magazin „Forbes“ siedelt sein Vermögen bei vier Milliarden Dollar an, er selbst sagt, er besitze mehr als zehn Milliarden Dollar.
Das Magazin „Forbes“ siedelt sein Vermögen bei vier Milliarden Dollar an, er selbst sagt, er besitze mehr als zehn Milliarden Dollar. © REUTERS | MIKE STONE
Auch Trumps drei Ehen mit glamourösen Frauen und die bisher zwei Scheidungen sorgten für Schlagzeilen. 1977 heiratete er das tschechische Model Ivana Zelnickova – die Ehe hielt nicht, aber sie schafften es zusammen ins New Yorker Wachsfigurenkabinett.
Auch Trumps drei Ehen mit glamourösen Frauen und die bisher zwei Scheidungen sorgten für Schlagzeilen. 1977 heiratete er das tschechische Model Ivana Zelnickova – die Ehe hielt nicht, aber sie schafften es zusammen ins New Yorker Wachsfigurenkabinett. © imago | Imago/ZUMA Press
Mit Ivana hat Trump drei Kinder: Ivanka, heute Ex-Model und Geschäftsfrau, und die Söhne Donald junior und Eric. Nach einer von spektakulären Kontroversen begleiteten Trennung und Scheidung von Ivana...
Mit Ivana hat Trump drei Kinder: Ivanka, heute Ex-Model und Geschäftsfrau, und die Söhne Donald junior und Eric. Nach einer von spektakulären Kontroversen begleiteten Trennung und Scheidung von Ivana... © imago/ZUMA Press | imago stock&people
...ehelichte Trump 1993 die Schauspielerin Marla Maples.
...ehelichte Trump 1993 die Schauspielerin Marla Maples. © GettyImages | Hulton Archive
Mit Marla Maples hat Trump die Tochter Tiffany.
Mit Marla Maples hat Trump die Tochter Tiffany. © imago | UPI Photo
1997 ging auch diese Verbindung in die Brüche. Ehefrau Nummer drei...
1997 ging auch diese Verbindung in die Brüche. Ehefrau Nummer drei... © imago/Levine-Roberts | imago stock&people
...wurde 2005 das slowenische Model Melania Knauss.
...wurde 2005 das slowenische Model Melania Knauss. © imago stock&people | imago stock&people
Mit dem gemeinsamen Sohn Barron begleitete Melania ihren Donald zur Enthüllung seines Sterns auf Hollywood Walk of Fame in Los Angeles.
Mit dem gemeinsamen Sohn Barron begleitete Melania ihren Donald zur Enthüllung seines Sterns auf Hollywood Walk of Fame in Los Angeles. © imago/UPI Photo | imago stock&people
Als Donald Trump Melania vor den Traualtar führte, gehörte Hillary Clinton zu den Gästen, heute demokratische Präsidentschaftsbewerberin. Einst von Trump hochgelobt, auch noch als Außenministerin, hat er heute nur Schlechtes über sie zu sagen.
Als Donald Trump Melania vor den Traualtar führte, gehörte Hillary Clinton zu den Gästen, heute demokratische Präsidentschaftsbewerberin. Einst von Trump hochgelobt, auch noch als Außenministerin, hat er heute nur Schlechtes über sie zu sagen. © REUTERS | JIM YOUNG
Auch das ist augenfällig an Trump: Er hat seine Meinungen oft und krass geändert. Abtreibung, Steuern, Gesundheitsreform oder Waffengesetze – manchmal klang Trump eher wie ein Liberaler als wie der Erzkonservative, der er heute sein will.
Auch das ist augenfällig an Trump: Er hat seine Meinungen oft und krass geändert. Abtreibung, Steuern, Gesundheitsreform oder Waffengesetze – manchmal klang Trump eher wie ein Liberaler als wie der Erzkonservative, der er heute sein will. © imago/ZUMA Press | imago stock&people
Dass der Golfspieler und...
Dass der Golfspieler und... © Getty Images | Ian MacNicol
...Ehrendoktor der Robert Gordon Universität im schottischen Aberdeen bisher seinen Wahlkampf hauptsächlich mit markigen Sprüchen bestreitet, reich an Slogans und arm an Details, macht es nicht leichter, ihn einzuordnen.
...Ehrendoktor der Robert Gordon Universität im schottischen Aberdeen bisher seinen Wahlkampf hauptsächlich mit markigen Sprüchen bestreitet, reich an Slogans und arm an Details, macht es nicht leichter, ihn einzuordnen. © Getty Images | Jeff J Mitchell
Trump ist einfach Trump. Auf Nachfragen geht er oberflächlich ein – dann ist er rasch wieder bei seinem Lieblingsthema: ihm selbst.
Trump ist einfach Trump. Auf Nachfragen geht er oberflächlich ein – dann ist er rasch wieder bei seinem Lieblingsthema: ihm selbst. © REUTERS | MIKE STONE
So will er eine wirklich „schöne Mauer“ an der Grenze zu Mexiko bauen lassen, um die illegalen Einwanderer fernzuhalten. „Wenn man sie Trump-Mauer nennt, muss sie schön sein“, sagt er.
So will er eine wirklich „schöne Mauer“ an der Grenze zu Mexiko bauen lassen, um die illegalen Einwanderer fernzuhalten. „Wenn man sie Trump-Mauer nennt, muss sie schön sein“, sagt er. © Getty Images | Diane Freed
So extrem sind seine Äußerungen manchmal, dass man glauben möchte, er ulkt nur. Aber so ist es wohl nur selten bei diesem Mann, der mit seinem eigenen Trump-Flugzeug zu Wahlkampfstopps fliegt. Und der...
So extrem sind seine Äußerungen manchmal, dass man glauben möchte, er ulkt nur. Aber so ist es wohl nur selten bei diesem Mann, der mit seinem eigenen Trump-Flugzeug zu Wahlkampfstopps fliegt. Und der... © REUTERS | KAREN PULFER FOCHT
sagt: „Alle lieben mich.“
sagt: „Alle lieben mich.“ © imago stock&people | UPI Photo
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Der Ausgang des Referendums belegt nun, wie wenig die Briten dem Führer der freien Welt Beachtung zu schenken bereit waren. Die Konsequenzen sind noch nicht zu ermessen. Aber ein „GB“, das sich über Jahre mit der Rückabwicklung der EU-Mitgliedschaft beschäftigen muss, „verliert für die USA an Attraktivität und Relevanz“, heißt es in diplomatischen Kreisen in Washington. Für Ivo Daalder, früher US-Botschafter bei der Nato, entsteht aus der wegfallenden Hebelwirkung Englands im EU-Getriebe der Zwang zur Neuorientierung in Richtung Paris und Berlin. Amerika müsse künftig „härter arbeiten“, um die Einheit Europas zu bewahren. Alles andere wäre ein Gewinn für Russland, dessen Politik darauf ausgerichtet sei, die EU zu schwächen.

Beim Vergleich der Ausgangsposition in Großbritannien und den USA herrscht Einigkeit über Parallelen, aus denen Donald Trump Honig saugen will. Er lobte das Brexit-Ergebnis gegen Brüssel über den grünen Klee und sagte, dass seine Landsleute im November ebenfalls ihre „Unabhängigkeit“ gegenüber den herrschenden Eliten reklamieren würden. Warum? In beiden Ländern sind Teile der Bevölkerung der festen Überzeugung, dass die Globalisierung Löhne gesenkt und schlechter ausgebildeten Arbeitnehmern, aber auch der Mittelschicht Zukunftschancen geraubt hat. In beiden Ländern richtet sich das Unbehagen gegen Politiker, die dem wenig bis nichts entgegensetzen. In beiden Ländern wächst die Aversion gegen Einwanderung, die ökonomisch als Konkurrenz und politisch als Gefahr für die nationale Sicherheit wahrgenommen wird. Weil in Großbritannien vor allem Ältere (über 55) den Austritt aus der EU befürworteten und Trumps Kernanhängerschaft ebenfalls in dieser Altersklasse zu finden ist, stellen US-Medien die Frage: Ist der Brexit der Vorbote für einen Wahlsieg Trumps?

Weckruf für Hillary Clinton

Einig sind sich Kommentatoren, dass der Erdrutsch in England für Trumps Konkurrentin Hillary Clinton ein Weckruf sein muss, ihre Kampagne zu überarbeiten. Sich allein als die besonnene Weltpolitikerin anzudienen, die Amerika mit einer Fortsetzung des Obama-Kurses steuern will, werde nicht ausreichen. „Viele Leute haben das Weiter-so-wie-bisher satt“, heißt es im Magazin „Politico“. Dort wird daran erinnert, dass Trump und Clintons parteiinterner Rivale Bernie Sanders bei den Vorwahlen zusammen 25 Millionen Stimmen bei den Verprellten links und rechts der politischen Mitte eingesammelt haben. „Wir müssen anerkennen, dass die Globalisierung bestimmten Menschen geschadet hat und dass sie Hilfe brauchen“, sagt der renommierte Forscher David Autor, der die Auswirkungen des Aufstiegs China auf diverse US-Industriestandorte untersucht hat.

Bill Galston von der Denkfabrik Brookings dagegen hält den Hype für übertrieben. Der Brexit werde die Panik bei linken und liberalen Wählern vor einem Präsidenten Trump weiter steigern, sagt er, und am 8. November gerade in den entscheidenden Bundesstaaten für zusätzliche Mobilisierung sorgen. Erstes Indiz: Nach einer gestern veröffentlichten Umfrage der „Washington Post“ führt Clinton landesweit gegenüber Trump mit 51 zu 39 Prozent. Ian Bremmer, führender Kopf der Politikberatung Eurasia, stellt den angeblichen Push-Effekt durch den Brexit für Trump generell infrage. „Am Ende des Tages hat er immer noch keine Wahlkampforganisation, kein Geld und nur laufwarme Unterstützung in der republikanischen Partei.“ Von den demografischen Hindernissen ganz zu schweigen.

Wird Trump von den Leuten gewählt, die er verunglimpft?

Während in Großbritannien bei der letzten Parlamentswahl nur zehn Prozent des Wahlvolks durch Minderheiten repräsentiert waren, gingen in den USA 2012 rund 26 Prozent Schwarze, Asiaten, Latinos und Vertreter anderer, nicht weißer Wählergruppen an die Urnen. Die überwältigende Mehrheit davon stimmte für Obama. Am 8. November, so das Meinungsforschungsinstitut Pew, wird jeder dritte US-Wähler aus jenen Teilen der Gesellschaft kommen, die Trump seit Monaten verunglimpft und ausgrenzt. Ein Politikgespann Trump/Johnson könnte darum bleiben, was es für viele Amerikaner schon heute ist: ein Schreckgespenst.