Stuttgart. Der Bruch bei der baden-württembergischen AfD ist zunächst abgewendet. Der umstrittene Abgeordnete Gedeon zieht sich zurück – zunächst.

Konflikt vertagt: Der wegen Antisemitismus-Vorwürfen umstrittene baden-württembergische AfD-Politiker Wolfgang Gedeon lässt seine Mitgliedschaft in der Landtagsfraktion zunächst ruhen. Damit kommt es nicht zur mit Spannung erwarteten Abstimmung über einen Rauswurf. Fraktionschef Jörg Meuthen, der die AfD auf Bundesebene zusammen mit Frauke Petry führt, hatte sein politisches Schicksal im Stuttgarter Landtag vom Rauswurf Gedeons abhängig gemacht.

Gedeon sagte am Dienstag nach einem Treffen der AfD-Abgeordneten, er wolle eine Spaltung der Partei abwenden und künftig im Landtagsplenum nicht mehr in den Reihen der AfD-Fraktion sitzen. Im September solle der Fall erneut geprüft werden, sagte Gedeon.

Fraktionschef Meuthen hatte angekündigt, den Fraktionsvorsitz abzugeben und die Fraktion zu verlassen, wenn Gedeon in der Fraktion bleibt. Meuthen ist seit der Abspaltung des wirtschaftsliberalen Flügels um Parteigründer Bernd Lucke das Aushängeschild des gemäßigten Flügels der AfD.

Niederlage Meuthens wäre Sieg für Petry

Meuthen hatte eine Niederlage gedroht. Am Montag hatte sich die Fraktionsspitze gegen den eigenen Chef gestellt. Sowohl Meuthens Stellvertreter Emil Sänze und Rainer Balzer als auch der Parlamentarische Geschäftsführer Bernd Grimmer hatten offiziell ein Einlenken Meuthens gefordert.

Am Wochenende hatte bereits Co-Vorsitzende Frauke Petry Meuthen vorgeworfen, ohne Rücksprache mit der Fraktion im Streit über Gedeon mit Rücktritt gedroht zu haben. Das Verhältnis der beiden Vorsitzenden gilt als zerrüttet. Eine Niederlage Meuthens in einer solchen Frage würde deshalb auch als Sieg für Petry gewertet. Unterstützer von Meuthen glauben, er sei als Bundesvorsitzender nicht mehr zu halten, wenn er aus einer Abstimmung als Verlierer hervorgeht. Die Frage stellt sich nun im September offenbar neu.

Für einen Ausschluss Gedeons ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich. Die AfD-Fraktion hat 23 Mitglieder. Der Bitte des AfD-Landesvorstandes und des Landes- und Fraktionsvorsitzenden Meuthen, die Fraktion vor der Abstimmung aus eigenen Stücken zu verlassen, war Gedeon zuvor nicht nachgekommen.

Der AfD-Abgeordnete aus dem Wahlkreis Singen unweit des Bodensees hatte den Holocaust als „gewisse Schandtaten“ bagatellisiert. Zudem hatte er Holocaust-Leugner in seinen Schriften als „Dissidenten“ bezeichnet und so mit Menschen verglichen, die für ihr politisches Engagement in autoritären Regimes verfolgt werden.

Bei der Wahl am 13. März hatte die AfD aus dem Stand 15,1 Prozent der Stimmen geholt und war damit vor der SPD größte Oppositionsfraktion im Landtag geworden. Regiert wird Baden-Württemberg von einer grün-schwarzen Koalition unter dem grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann. (dpa/epd/sdo)