Berlin. Die Abstimmung über die Einstufung der Maghreb-Staaten als „sichere Herkunftsländer“ findet nicht wie geplant an diesem Freitag statt.

Die umstrittene Entscheidung des Bundesrats über eine Einstufung von Tunesien, Marokko und Algerien als „sichere Herkunftsländer“ ist angesichts des Widerstands der Grünen vertagt worden. Die Ministerpräsidenten hätten sich darauf verständigt, den Tagesordnungspunkt am Freitag in der Länderkammer abzusetzen. Das sagte der amtierende Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Bremens Regierungschef Carsten Sieling (SPD), am Donnerstag nach Beratungen mit seinen Amtskollegen in Berlin.

Ziel der Gesetzespläne der schwarz-roten Bundesregierung ist es, Asylbewerber aus den Ländern schneller in ihre Heimat zurückschicken zu können. Damit das Vorhaben die Länderkammer passieren kann, brauchen Union und SPD aber die Zustimmung von mindestens drei Ländern mit grüner Regierungsbeteiligung. Bei den Grünen gibt es wegen der Menschenrechtslage in den Maghreb-Staaten erhebliche Widerstände. Eine Mehrheit kam deshalb noch nicht zustande.

Entscheidung offenbar auf den 8. Juli verschoben

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte, man habe es bei der Abstimmung am Freitag „nicht drauf ankommen lassen“ wollen. Die Suche nach einer Lösung gehe weiter.Nach Informationen der „Berliner Zeitung“ sollte eine Entscheidung auf den 8. Juli verschoben werden – die letzte Sitzung der Länderkammer vor der Sommerpause. Lehnt der Bundesrat das Gesetz ab, hat die Regierung die Möglichkeit, den Vermittlungsausschuss anzurufen, um dort einen Kompromiss zu suchen.

Aus dem grün-schwarz regierten Baden-Württemberg hatte sich zuletzt eine Zustimmung abgezeichnet. Damit würde Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) den internen Koalitionsstreit in seinem Land beilegen, sich aber zugleich gegen den derzeitigen Kurs seiner Partei stellen. Grundlage für Kretschmanns Entscheidung ist nach dpa-Informationen ein Kompromissangebot. Danach soll es eine zusätzliche Vereinbarung geben, um sicherzustellen, dass besonders gefährdete Gruppen wie Homosexuelle, politische Akteure und Journalisten aus den Staaten weiter Schutz erhalten.

Merkel warb um Zustimmung

Kompromissbereitschaft deutete sich auch im schwarz-grün regierten Hessen an. Damit das Gesetz den Bundesrat passiert, müssten allerdings mindestens drei der zehn Länder zustimmen, in denen die Grünen in der Regierung sitzen. Grünen-Chefin Simone Peter sagte: „Wir haben nun die Chance, unser wiederholt vorgebrachtes Anliegen vorzubringen: reale Lösungen statt Symbolpolitik.“

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) warb am Donnerstag erneut um eine Zustimmung der Länder. „Insbesondere nach den Ereignissen von Köln erwarten die Menschen in Deutschland doch ein klares Signal“, sagte sie mit Blick auf Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber machte Druck auf die grün-regierten Länder, indem er die Abstimmung zu einer Art Testlauf für eine mögliche gemeinsame Koalition im Bund erklärte. „Wir schauen uns schon genau an, wie sich die Grünen im Bundesrat verhalten“, sagte Tauber der „Stuttgarter Zeitung“ und den „Stuttgarter Nachrichten“ (Freitag). „Die Grünen müssen beweisen, ob sie auch auf Bundesebene regierungsfähig sind.“ (dpa)