Osnabrück. Menschenrechtler fordern das Heiratsalter weltweit anzuheben. Zuvor hatten deutsche Behörden einen Anstieg von Kinderehen beobachtet.

Die Menschenrechtsorganisation terre des hommes fordert international die Anhebung des gesetzlichen Heiratsalters auf 18 Jahre. Dabei müssten in Deutschland einreisende Mädchen, die minderjährig und verheiratet seien, besonders geschützt werden, sagte die Kinderrechts-Expertin des Hilfswerks, Barbara Küppers, am Montag dem epd. „Das Wohl des Kindes muss im Mittelpunkt stehen, wie es die UN-Kinderrechtskonvention festlegt.“

Nach einem Bericht der „Bild“-Zeitung vom Wochenende haben die deutschen Behörden Hunderte Fälle von Kinderehen unter den Flüchtlingen registriert, die in den vergangenen Monaten nach Deutschland kamen. In den allermeisten Fällen seien minderjährige Mädchen vor der Flucht in ihrem Heimatland mit einem Erwachsenen verheiratet worden.

Mädchen müssen betreut werden

In Bayern registrierten die Behörden demnach bis Ende April 161 Fälle von verheirateten Asylbewerbern unter 16 Jahren und 550 Fälle von Verheirateten unter 18 Jahren. In Baden-Württemberg seien 117 Fälle von Kinderehen festgestellt worden. In Nordrhein-Westfalen habe eine Auswertung der Bezirksregierung Arnsberg mindestens 188 Fälle von verheirateten minderjährigen Mädchen ergeben. Für Niedersachsen liegen einem Sprecher zufolge keine Zahlen vor.

Küppers sagte, die betroffenen Mädchen müssten individuell psycho-sozial betreut werden. Es müsse sichergestellt werden, dass sie eine Schul- oder Berufsausbildung absolvieren könnten. Zusätzlich müsse jeder Einzelfall auf Zwangsheirat und Kinderhandel überprüft werden. „Wir sehen mit großer Sorge, dass immer mehr Eltern ihre Mädchen immer früher verheiraten.“ Die Familien glaubten, die Mädchen damit zu schützen, betonte Küppers. Nach Angaben des Kinderhilfswerks Unicef gibt es weltweit etwa 700 Millionen Kinderehen. Etwa 250 Millionen Mädchen wurden sogar vor ihrem 15. Geburtstag verheiratet.

Justizminister-Konferenz prüft „Ehemündigkeit“

Das Oberlandesgericht Bamberg hatte in der vergangenen Woche in einem Urteil die Gültigkeit einer nach islamischem Recht geschlossenen Ehe mit einer minderjährigen Braut anerkannt. Eine 15-jährige Asylbewerberin aus Syrien war im Alter von 14 Jahren mit ihrem sechs Jahre älteren Cousin verheiratet worden. Das Jugendamt der Stadt Aschaffenburg hatte die Ehe nicht anerkannt und das Mädchen in seine Obhut genommen. Dagegen klagte der Mann vor dem Oberlandesgericht. Die Stadt kann noch bis zum 23. Juni Beschwerde gegen das Urteil vor dem Bundesgerichtshof einlegen.

Die Justizminister-Konferenz will nun auf Antrag von Nordrhein-Westfalen prüfen, ob in Deutschland generell die „Ehemündigkeit“ auf 18 Jahre angehoben werden soll. Zudem wollten die Justizminister klären, ob „nach ausländischem Recht geschlossene Ehen die Anerkennung in Deutschland versagt werden soll, wenn keine Ehemündigkeit nach deutschem Recht besteht“, hieß es. Bislang können junge Menschen in Deutschland ab 16 Jahren heiraten, wenn der Partner volljährig ist und ein Familiengericht zustimmt. (epd)