Brüssel. Verkehrsminister Dobrindt drängt auf eine deutliche Präzisierung der Regeln für den Schadstoffausstoß. Bislang gibt es Schlupflöcher.

Strenge Grenzwerte für den Schadstoffausstoß von Dieselautos gibt es in der EU nur auf dem Papier. Doch wer ist schuld? Neun Monate nach Ausbruch des „Dieselgate“-Skandals bei Volkswagen drängte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) am Dienstag im EU-Verkehrsministerrat auf eine deutliche Präzisierung der Regeln.

Wie die EU-Bestimmungen zum Abgasausstoß auszulegen sind, ist entscheidend für die Frage, ob sich Hersteller strafbar gemacht haben. Zugleich geht es darum, ob Behörden und Politik ihre Aufsichtspflicht vernachlässigt haben. Bislang hat nur VW eingeräumt, mit Abschalteinrichtungen bei Dieselabgastests gegen die Regeln verstoßen zu haben.

Andere Hersteller berufen sich auf Schlupflöcher in den Vorschriften. Dort sei ausdrücklich vorgesehen, dass die Drosselung des Stickstoffausstoßes unter bestimmten Umständen zum Schutz der Bauteile ausgeschaltet bleiben könne. Diese Ausnahme habe man in Anspruch genommen – völlig legal.

EU-Regeln untersagen Deaktivierung der Abgasentgiftung

„Es hat sich herausgestellt, dass die europäische Gesetzgebung über zulässige und untersagte Methoden der Abgasnachbehandlung unterschiedlich interpretiert wird“, heißt es in Dobrindts Papier. „Wir wollen eine Klarstellung, was unter den Ausnahmen bei Abschalteinrichtungen zu verstehen ist“, sagte der CSU-Politiker. Diese dürften nur zulässig sein, „wenn die modernste Technik eingesetzt wird“.

Grundsätzlich untersagen die EU-Regeln alles, was die Abgasentgiftung „unter normalen Betriebsbedingungen“ deaktiviert. Bei etlichen Modellen wird die Entgiftung aber bei allen möglichen Umständen ausgesetzt. Etwa, wenn das Thermometer weniger als 17 Grad anzeigt – hierzulande also ein Normalfall.

Grüne kritisieren Vorstoß von Dobrindt

Kritiker im Europaparlament wie die Fraktionschefin der Grünen, Rebecca Harms, sehen im Vorstoß Dobrindts ein Manöver zugunsten der Konzerne. „Das Ziel der EU-Gesetzgebung war und ist das Verbot von Abschalteinrichtungen. Dieses Ziel hat die Automobilindustrie systematisch unterlaufen durch die aberwitzige Interpretation der Ausnahmen, die allein zum Schutz von Motoren verankert wurden.“

Skeptisch äußerte sich auch EU-Industriekommissarin Elzbieta Bienkowska. Textänderungen seien nicht das probate Mittel, um eine Umgehung der Vorschriften zu unterbinden. „Abschaltvorrichtungen sind ein Durchsetzungsproblem.“ Dazu will die Kommission nun eigene Vorschläge ausarbeiten.