San Diego. So scharf wie bei ihrer Rede in San Diego hat sich Hillary Clinton ihren Rivalen noch nie vorgenommen. Trump kontert auf seine Art.

Der wahrscheinliche republikanische Präsidentschaftsbewerber Donald Trump hat gefordert, dass seine demokratische Konkurrentin Hillary Clinton ins Gefängnis kommt. „Ich sag Ihnen eins: Hillary Clinton muss in den Knast“, sagte Trump am Donnerstagabend im kalifornischen San Jose. „Ehrlich, Leute – sie ist sowas von schuldig“, sagte Trump im Zusammenhang mit der E-Mail-Affäre seiner Rivalin. Trump wiederum wird vorgeworfen, seine Steuererklärung – wie für Präsidentschaftsbewerber üblich – nicht veröffentlicht zu haben.

Clinton hatte kurz zuvor in San Diego massive Kritik an Trump geübt und ihm die charakterliche Eignung für die Präsidentschaft abgesprochen. Niemals dürfe Trump das Land oder das US-Militär führen oder die Befehlsgewalt über die Atomcodes erhalten, sagte sie.

Nie zuvor in diesem an Höhepunkten nicht armen Vorwahlkampf hatte Hillary Clinton ihren Konkurrenten so unmittelbar, so hart und so persönlich angegriffen. In einer außenpolitischen Grundsatzrede spricht sie Donald Trump sämtliche Fähigkeiten ab, die USA zu führen. Genaugenommen bezweifelt sie sogar seinen Geisteszustand. Clinton bezeichnet Trump als instabiles Leichtgewicht, als ahnungslosen Politnovizen, gänzlich unvorbereitet, als aggressiven Macho mit fragwürdigen Neigungen. Ihn zu wählen? Ein historischer Fehler. „Unzusammenhängende Tiraden, persönliche Attacken, komplette Lügen!“

Clinton: Trumps Ideen sind gefährlich

Die Schärfe dieser Rede war überraschend. Clinton hatte bisher zwar oft und wiederholt gegen Trump Stellung bezogen, aber oft verhalten und noch nie so detailliert. Sie tat das in San Diego im Mantel jenes Staatsmann-Gestus, den sie so sehr an sich mag. Die Welt der Außen- und Sicherheitspolitik, satte 17 Flaggen um sie herum, 250 Geladene und eine Rede von einem festen Pult – das liegt der früheren Spitzendiplomatin, First Lady und Senatorin so viel mehr als die Schwüle und Enge des Wahlkampfs.

„Ich kann Trumps bizarre Faszination für Diktatoren und starke Männer nicht verstehen“, sagt Clinton. „Ich überlasse seine Vorliebe für Tyrannen den Psychologen.“ Wenn Trump gewinne, feiern würde man im Kreml!

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„Stellen wir uns doch einmal vor, Trump hätte nicht nur seinen Twitteraccount zur Verfügung, wenn er wütend wird, sondern das gesamte Waffenarsenal der USA“, sagt Clinton. Einstweilen bleibt es ja bei Trumps Vorliebe für den Kurznachrichtendienst, seine Repliken noch während Clintons Rede bleiben für seine Verhältnisse dieses Mal aber flau und unpräzise. Mäkeleien an Clintons Nutzung eines Teleprompters, der Verweis auf ihre Vergangenheit, außerdem sähe sie überhaupt nicht präsidiabel aus, das war es an Trumps Kontern, der nach langem Zögern jetzt auch Unterstützung vom ranghöchsten US-Republikaner Paul Ryan bekommt.

Niemals dürfe so einer auch nur in die Nähe der Atomcodes kommen, sagt Clinton. Womöglich fange Trump kurzerhand einen Krieg an, weil ihm jemand blöd gekommen sei. „Trumps Ideen sind nicht nur eigenartig, sie sind gefährlich zusammenhanglos.“ Clintons außenpolitische Erfahrung ist ein Pfund, mit dem sie weiter wird prahlen wollen. Das ist nicht ganz ungefährlich, weil ihre Zeit im State Department nicht ausschließlich unter „R“ wie „Ruhm“ in den Geschichtsbüchern stehen wird: Stichwort Bengasi mit vier toten Amerikanern beim Angriff auf das US-Konsulat in Libyen, Stichwort Irakkrieg, Stichwort E-Mail-Affäre.

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Das ist hier in Kalifornien, wo am kommenden Dienstag eine so wichtige Vorwahl stattfindet, aber alles weit weg. Genüsslich ätzt sie gegen Trumps Haltung zur atomaren Bewaffnung anderer Länder, zur Nato, zu China, Russland oder Nahost. Sie verdammt seine Aussagen pro Folter, zerlegt seine Widersprüche im Kampf gegen den Islamischen Staat.

Dieses Bild, so hofft sie, soll nach ihrem wohlpräparierten Ausbruch hängen bleiben: Hier steht Hillary Clinton, erfahrene Außenpolitikerin, Garant der Sicherheit, Inbegriff der Seriosität. Dort aber drohe Trump, der gefährliche Narr in der Nähe des Atomkoffers. Nichts verstehe er von Amerika oder der Welt.

Clinton: Amerika muss Anführer sein

Aufs Engste müssten die USA mit ihren Alliierten kooperieren, sagt Clinton, wendet sich damit gegen Trumps ausgesprochenen Isolationismus. Und fügt hinzu, Amerika müsse führen. Immer, wenn es das nicht tue, hinterlasse es ein Vakuum. Diesen Satz wird nicht nur Trump aufmerksam gehört haben, sondern auch Barack Obama.

Clintons Rede ließ mehr als ahnen, wie gern sie sich voll und ganz dem Republikaner widmen würde. Allzugern nahm die Kandidatin im Wartestand schon mal im Hochsitz Platz. Aber noch ist Vorwahlkampf, auch innerparteilich. Zwischen ihr und Trump und der Welt stehen der grimmige Demokrat Bernie Sanders und sieben letzte Vorwahlen. (bk/dpa)