Berlin. Poker um Reformen, Querschüsse aus Bayern – in der Koalition gibt es derzeit reichlich Gesprächsbedarf. An Mahnungen fehlt es nicht.

Nach dem Gipfel ist vor dem Gipfel: Hatten am Dienstagabend gerade erst die Unions-Parteichefs Angela Merkel (CDU) und Horst Seehofer (CSU) bei einem Vier-Augen-Gespräch versucht, strittige Fragen zu klären, so steht an diesem Mittwoch das nächste Spitzentreffen an: Die große Koalition will den Streitpunkt Erbschaftssteuer aus dem Weg räumen.

Vor dem Treffen am Dienstag hatte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die CSU so deutlich wie noch nie in die Schranken gewiesen. „Wie in der Union miteinander umgegangen wird, ist ziemlich einseitig: Es gibt nichts Vergleichbares aus der CDU gegenüber der CSU, nicht im Ganzen und nicht gegenüber Einzelnen – null“, kritisierte Schäuble in einem ZDF-Interview. „Die Formulierung ,Streit zwischen Merkel und Seehofer’ muss ich zurückweisen. Es sind Attacken gegen Merkel.“

De Maizière: Schluss mit Interviews aus München

Innenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte am Mittwochmorgen im ARD-„Morgenmagazin“: „Das Kabinett ist ein gut funktionierender Teil der Koalition. Ich finde, allmählich muss Schluss sein mit Interviews einer bestimmten Schärfe aus München, die spalten und nicht zusammenführen.“

Am Dienstagabend hatten sich Merkel und Seehofer in Berlin getroffen. Der bayerische Ministerpräsident kritisiert seit Monaten den Kurs der Kanzlerin in der Flüchtlingskrise und gibt ihr die Schuld an schlechten Umfragewerten für die Union. Auch bei der Reform der Erbschaftsteuer, die an diesem Mittwochabend bei einem Treffen der Partei- und Fraktionschefs von Union und SPD im Kanzleramt auf dem Programm steht, blockiert Seehofer eine Einigung. Auch dieses Verhalten dürfte Schäuble verärgert haben. Über konkrete Ergebnisse des Gesprächs wurde zunächst nichts bekannt.

Fortschritte bei Gespräch über Energiewende

Anschließend hatte ein Treffen Merkels mit den Ministerpräsidenten der Länder zur Energiewende stattgefunden. Danach hieß es, es habe keinen Durchbruch, aber Fortschritte gegeben. Knackpunkte sind etwa der Ausbau der Windkraft und der Bau neuer Stromtrassen.

An diesem Mittwoch soll es also um die Erbschaftssteuer gehen. Das Bundesverfassungsgericht hatte der Politik bis zum 30. Juni dieses Jahres und damit eineinhalb Jahre Zeit gegeben, die bisherige Begünstigung von Firmenerben bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer neu zu regeln. Die Karlsruher Richter hatten einige Privilegien als überzogen kritisiert und gekippt.

CDU, CSU und SPD im Bundestag hatten sich bereits im Februar auf ein Modell verständigt. Bayern und die CSU in München pochen aber auf weitergehendere Begünstigungen. Dies lehnt die SPD ab und nennt den bisherigen Kompromiss sehr weitgehend. Unmut über das Vorgehen der CSU und Wirtschaftsverbände gibt es auch in der CDU.

Gleiche Bezahlung für Männer und Frauen

Bei dem Treffen des Koalitionsausschusses geht es auch um Pläne für eine gleiche Bezahlung von Männern und Frauen. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann forderte die Union auf, den von Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) vorgelegten Gesetzentwurf jetzt auf den Weg zu bringen.

In einem ersten Schritt sollen Frauen das Recht erhalten, zu erfahren, wie viel ihre männlichen Kollegen im Schnitt verdienen. Die Union will diesen Auskunftsanspruch auf Beschäftigte in großen Unternehmen mit über 500 Beschäftigten beschränken. Damit würden nach SPD-Angaben statt 31 Millionen Beschäftigte nur rund sechs Millionen Arbeitnehmer von mehr Informationen zum Lohngefälle profitieren. (W.B./dpa)