Leipzig. An Themen mangelt es nicht, doch dem 100. Katholikentag in Leipzig fehlt es an Gästen. Daran kann auch Papst Franziskus nichts ändern.

Zur Eröffnung des Katholikentages haben die Veranstalter ihre Entscheidung verteidigt, keine AfD-Politiker einzuladen. Während es an Diskussionsthemen nicht zu mangeln scheint, ist ein Blick auf die Besucherstatistik verwirrend und ernüchternd. Wenn man es ganz genau machen will: Die Organisatoren des Katholikentags legten den Journalisten am Mittwoch eine detaillierte Auflistung über den Altersdurchschnitt der Teilnehmer des fünftägigen Treffens in Leipzig vor: Insgesamt summierten sich die Altersklassen dabei auf 135,7 Prozent. Uups! Simpler Zahlendreher - oder Freud’scher Verrechner?

Die Katholiken wären jedenfalls gern ein bisschen stärker präsent zum 100. Katholikentag in Leipzig, der noch bis zum Sonntag geht. Hier, im Kernland der Reformation und im Schatten Martin Luthers, wo zudem 80 Prozent der Mensch gänzlich konfessionslos sind, ist die katholische Kirche eine kleine Minderheit, die es schwer hat, sich zu behaupten.

Da war es Balsam auf die wunde Seele, dass Papst Franziskus persönlich am Eröffnungstag eine Videobotschaft aus dem Vatikan ins wolkenverhangene Leipzig sandte. Er rief darin zu einem friedlichen Miteinander und Solidarität mit Alten, Kranken und Flüchtlingen und zu einem größeren Umweltbewusstsein auf. Er wünsche „allen, die in Leipzig versammelt sind, und allen Gläubigen in Deutschland, dass sie in ihrem Leben der Stimme der Armen und Zerschlagenen immer mehr Raum geben.“

Protestant Gauck spricht als Gast Probleme an

Bundespräsident Joachim Gauck, seinerseits ehemaliger evangelisch-lutherischer Pastor, war persönlich zur Eröffnungsfeier nach Leipzig gekommen – „als Ihr evangelischer Mitchrist“, wie er betonte. Gauck weiß um die Probleme und den Bedeutungsverlust der Kirchen in Deutschland. „Wenn wir ehrlich sind“, so Gauck, „weht der Zeitgeist junge Menschen nicht gerade ins kirchliche Engagement.“ Es passe aber nicht zu Christen, „Jammerlieder über die Schlechtigkeit der Welt anzustimmen“. Man müsse „anfangen zu handeln“. Gauck lobte zudem die Annäherung der Konfessionen als Beispiele für „Verständnis, Toleranz, Versöhnung“.

Mehr als 1000 Veranstaltungen wird es bis Sonntag in Leipzig geben – Diskussionen und Bibelarbeiten, Konzerte und Gottesdienste, die Werkstatt „Heilende Klänge“ ebenso wie das Nachtgebet „Wie war dein Tag, Liebling?“. Der Eröffnungstag aber wurde überlagert von der Frage: Wie hält’s der Katholikentag mit der AfD? Schon vor Monaten hatten die Organisatoren erklärt, man wolle den Rechtspopulisten in Leipzig keine Bühne bieten – und deshalb keinen AfD-Politiker zu einer Podiumsrunde geladen.

AfD: Wir sind keine christliche Partei, wir seine deutsche Partei

„Menschen auf ihre nationale Zugehörigkeit zu reduzieren, das ist unchristlich. Ich lese das AfD-Programm und finde Ressentiments an jeder Ecke“, begründete der Präsident des Zentralkomitees der Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, die Entscheidung. Die AfD sei eine unchristliche Partei. Menschen verachtende Positionen, so Sternberg, hätten auf dem Katholikentag keinen Platz: „Glauben Sie, wir hätten einen besseren Katholikentag, wenn jemand in einer Schauveranstaltung in der Arena Leipzig gegen Frauke Petry antritt?“, fragte der ZdK-Präsident am Mittwoch. Zur Flüchtlingskrise sagte Sternberg zum Auftakt des Katholikentages: „Nicht zuletzt die Flüchtlingsströme zeigen uns: Die Eine Welt ist bei uns angekommen.“

Die Replik von der AfD kam passgenau zum Start des Leipziger Treffens: „Ausgrenzungen haben uns immer nur stärker gemacht“, konterte Alexander Gauland, stellvertretender AfD-Chef. „So einen simplen Fehler hätte ich dem Katholikentag nicht zugetraut.“ Er warf Katholiken wie Protestanten vor, sie suchten den Schulterschluss mit der Bundesregierung: „Wenn diese Flüchtlingspolitik das Programm der Kirchen ist – dann gebe ich offen zu: Ich bekämpfe das Programm der Kirchen.“ Und weiter: „Wir sind keine christliche Partei. Wir sind eine deutsche Partei, die sich bemüht, deutsche Interessen wahrzunehmen.“ Diese Interessen bestünden darin, eine „kulturelle Tradition“ gegen „raumfremde Einwanderung“ zu verteidigen, die vom Islam ausgehe.

AfD ist thematisch dennoch präsent

Für ihre Absage an die AfD ernteten die Katholikentags-Verantwortlichen auch Kritik aus dem eigenen Lager. Kulturstaatsministerin Monika Grütters etwa, wie Sternberg CDU-Mitglied, warb noch kurz vor Beginn des Christentreffens dafür, auch mit der AfD zu reden und mit ihr zu streiten, „wo immer es sein muss“. „Problematisches Gedankengut muss man als solches entlarven, im Gespräch und auch auf offener Bühne“, betonte Grütters.

Immerhin: Ein bisschen lenkten die Organisatoren des Treffens ein. Ein für aktuelle Themen reservierter Diskussions-Termin beim Katholikentag am Samstag befasst sich nun mit dem Rechtspopulismus: „Von der seltsamen Rückbesinnung auf das ,Christliche Abendland’.“ Ein Thema, das irgendwie auch zur Leipziger Diaspora passt.