Berlin. Erstmals arbeiten mehr als 600.000 Menschen in der Wissenschaft. Wirtschaft und Staat investieren eine Rekordsumme in die Forschung.

Johanna Wanka (CDU) strahlt übers ganze Gesicht. Die Bundesforschungsministerin zeigt sich mit der Entwicklung der Forschung in Deutschland sichtlich zufrieden. „Nie gab es mehr Jobs in der Forschung und Entwicklung, nie wurde hier so viel investiert“, sagte Wanka bei der Vorlage des Bundesberichts Forschung und Innovation, der am Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedet wurde. „Das ist ein Thema, über das man sich in Deutschland mal freuen kann.“

Die neuen Rekorde zeigten, dass Deutschland als Innovationsstandort an Leistungsfähigkeit zugelegt habe. Allerdings sei dies kein Grund zum Ausruhen, so Wanka: „Der internationale Wettbewerbsdruck steigt. Wir müssen unseren Weg der Hightech-Strategie aufrechterhalten und weitermarschieren. Der Vorsprung kann ganz schnell schrumpfen.“

Deutschland tätigt 30 Prozent aller FuE-Ausgaben in der Europäischen Union

Erstmals wurden 2014 hierzulande fast 84 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung (FuE) ausgegeben. Deutschland tätigt damit 30 Prozent aller FuE-Ausgaben in der Europäischen Union. Zwei Drittel dieser Investitionen erfolgten durch die Wirtschaft. Den Mammutanteil dieser 57 Milliarden Euro steckten allein vier Branchen in Innovationen: Am meisten Geld gab die Autoindustrie mit rund 42 Prozent für Neuerungen aus, gefolgt von der Chemieindustrie (18,2 Prozent), der Elektrobranche (20,6 Prozent) und dem Maschinenbau (11,7 Prozent).

Aber auch der Bund steigerte seine Ausgaben für die Wissenschaft auf 14,2 Milliarden Euro. Dies sind gut 60 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Allein in dieser Legislaturperiode seien die Ausgaben um 25 Prozent erhöht worden. In diesem Jahr sollen die Forschungsausgaben weiter auf einen neuen Rekord von 15,8 Prozent steigen.

Die Forschung zeigt auch inhaltlich Erfolge. Fünf der zehn innovativsten Unternehmen Europas kommen laut Wanka aus Deutschland. Dazu zählen VW, Daimler, Bosch, BMW und Siemens. Weltweit meldet Deutschland – gemessen an seiner Bevölkerungszahl – mit 372 Erfindungen je eine Million Einwohner die meisten Patente an, sagte Wanka nicht ohne Stolz. Dies seien doppelt so viele wie in den USA und 240 Prozent mehr als im Durchschnitt der EU-Länder. Die meisten Patente wurden 2014 in Bayern (15.533), Baden-Württemberg (14.533) und Nordrhein-Westfalen (7116) angemeldet, in Hamburg waren es 807, in Berlin 867.

Digitalisierung und Industrie 4.0 sind wichtige Forschungsthemen

Doch es gibt auch Rückschläge. Lag Deutschland beim Export von Hightechprodukten jahrelang auf Platz eins, so setzte sich China nun an die Spitze. Die USA landen auf Platz drei. Damit Deutschland im Spitzenfeld mitspielen kann, „muss die Dynamik der vergangenen Jahre unbedingt aufrechterhalten werden“, mahnte Wanka. Ob bei Gravitationswellen, selbstfahrenden Autos oder der Ergründung von Allergien, so gebe es kaum ein Gebiet, auf dem in Deutschland nicht geforscht werde. In der Zukunft seien vor allem weitere Innovationen in den Bereichen Digitalisierung, Industrie 4.0, künstlicher Intelligenz und im Energiesektor wichtig. Gerade kleinere Unternehmen müssten innovativer werden. Es gelte, „ungenutzte Innovationspotenziale im Mittelstand und durch mehr Unternehmensgründungen zu aktivieren und die Gesellschaft stärker miteinzubeziehen.“

Zugleich gibt es unverändert Entwicklungsbedarf. Ziel der Europäischen Staaten ist es, dass die EU-Länder drei Prozent ihres Bruttoinlandproduktes (BIP) für die Forschung und Entwicklung ausgeben. Noch hat Deutschland trotz neuer Spitzenwerte dieses Ziel nicht ganz erreicht. 2014 gab Deutschland 2,88 Prozent des BIP für Forschung aus, nach 2,84 Prozent im Jahr zuvor. Damit liegt Deutschland hinter Ländern wie Japan, Südkorea oder Schweden zurück, aber immerhin noch vor den USA, die zwei Prozent ihrer Wirtschaftsleistung in Innovationen investieren. In den nächsten Jahren will Wanka das Drei-Prozent-Ziel erreichen. „Für 2020 reden wir dann nicht über drei Prozent, sondern über mehr.“

2014 studierten 2,69 Millionen junge Männer und Frauen – so viele wie noch nie zuvor

Zugleich kletterte die Zahl der Beschäftigten in den Forschungsabteilungen der Unternehmen und Hochschulen im Vergleich zum Vorjahr um 2,6 Prozent und damit auf einen neuen Höchststand von gut 603.000 Mitarbeitern. Und die Zahl könnte sich in den nächsten Jahren noch erhöhen. Durch die finanzielle Übernahme der Bafög-Kosten durch den Bund hätten die Bundesländer rund 1,17 Milliarden Euro mehr Geld in den Kassen, mit dem bis zu 10.000 neue Stellen in den Bereichen Wissenschaft und Schule geschaffen werden könnten, so Wanka.

Und auch für Nachwuchs sei gesorgt. 2014 studierten in Deutschland 2,69 Millionen junge Männer und Frauen – so viele wie noch nie zuvor. Mit 1,4 Millionen sind die Männer dabei leicht in der Überzahl. Gerade in den Naturwissenschaften – den sogenannten MINT-Fächern, die noch deutlich männerdominiert sind – wächst der Frauenanteil langsam. Von rund einer Million Studierenden war 2014 immerhin fast ein Drittel Frauen.