Berlin/Straßburg. Die Türkei muss für die geplante Visafreiheit ihr Terrorgesetz ändern. Innenminister de Maizière bezweifelt, dass es dazu kommen wird.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat sich nach einem Bericht der „Bild“-Zeitung skeptisch geäußert, dass die Türkei alle Kriterien für die geplante Visafreiheit erfüllen wird. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sei offenbar „nicht bereit, die Kriterien zu erfüllen“, sagte de Maizière nach Angaben der Zeitung unter Berufung auf Teilnehmer der Sitzung der Unionsfraktion am Dienstag in Berlin. „Wenn nicht, dann wird es keine Visafreiheit geben“, wird der Minister zitiert.

Auch Kanzlerin Angela Merkel pocht auf die Umsetzung der Bedingungen für die Visafreiheit durch die Türkei. Erdogan weigert sich derzeit die umstrittenen Anti-Terrorgesetze seines Land zu ändern. Die Änderung dieser gehört jedoch zu den 72 Bedingungen für die Visafreiheit.

Visumfreiheit soll nicht vor Juli verabschiedet werden

Auch der Präsident des Europaparlaments, Martin Schulz, sieht keine Chancen mehr für eine Verabschiedung der Visumfreiheit für türkische Bürger bis Juli. Es sei „absolut außerhalb jeder Diskussion“, dass das Europaparlament mit den Beratungen beginne, wenn Ankara die Voraussetzungen für die Visumfreiheit nicht erfüllt habe, sagte Schulz am Mittwoch im Deutschlandfunk. Er habe deshalb die Vorlage der EU-Kommission nicht an den zuständigen Justizausschuss weitergeleitet.

Die Türkei hat nach Angaben von Schulz bisher fünf der 72 Bedingungen nicht erfüllt. „Es geht nämlich nicht um die Quantität, sondern um die Qualität, und in der Qualität ist es so, dass zwei der wesentlichsten Voraussetzungen, Datenschutz und Anti-Terror-Paket, sichtlich nicht nur nicht erfüllt sind, sondern nicht mal angepackt sind“, bemängelte der SPD-Politiker.

Visumfreie Einreise Voraussetzung für Flüchtlingspakt

Erdogan hatte erst am Montag erneut die EU-Forderungen nach einer Änderung der Anti-Terrorgesetze zurückgewiesen. Die visumfreie Einreise für Türken in die EU ist eine wichtige Voraussetzung für den Flüchtlingspakt zwischen der EU und der Türkei. Diese Vereinbarung sieht unter anderem die Rücknahme von illegal nach Griechenland eingereisten Flüchtlingen vor. Sie war vom scheidenden Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu mit der EU ausgehandelt worden.

„Es wird keine Beratungen über die Visaliberalisierung geben, bevor nicht die 72 Punkte erledigt sind“, betonte auch der Vorsitzende der Fraktion der christdemokratischen Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber. „Damit fordern wir nicht mehr als im Flüchtlingspakt vereinbart wurde. Die Erwartungshaltung ist jetzt, dass auch Erdogan klarstellen muss, dass er vollumfänglich zu dieser Vereinbarung steht.“ Schließlich habe sich die Türkei verpflichtet, die 72 Kriterien umzusetzen.

„Wir werden dafür sorgen, dass es keine bedingungslose Visaliberalisierung gibt, sondern dass die Bedingungen, die vereinbart wurden, auch wirklich erfüllt werden“, sagte die Co-Vorsitzende der Grünen-Fraktion, Rebecca Harms. Es gebe eine Reihe von Konditionen, die nicht erfüllt seien. Der belgische Grüne Philippe Lamberts, ebenfalls Co-Vorsitzender der Fraktion, sagte auf die Frage, ob die Visaliberalisierung für die Türkei noch am Leben sei: „Da habe ich meine Zweifel.“ (dpa)