Berlin. Die Regierung in London warnt erneut vor möglichen Brexit-Folgen. Indes erstarken Brexit-Befürworter bei Regional- und Kommunalwahlen.

Die Wahl des Politikers Sadiq Khan zum ersten muslimischen Bürgermeister Londons hat die Schlagzeilen über den Ausgang der britischen Regional- und Kommunalwahlen vergangene Woche dominiert. Nun beginnt die Debatte über die Ergebnisse außerhalb der Hauptstadt. Dort gab es ein weiteres Erstarken der EU-Gegner – und das nur wenige Wochen vor dem Referendum über den weiteren Verbleib Großbritanniens in der europäischen Staatengemeinschaft.

Die rechtspopulistische Partei Ukip um Nigel Farrage konnte in Wales erstmals Sitze im Regionalparlament gewinnen. Die Partei kann gleich mit mehreren Mandaten rechnen. Angesichts dieses Ergebnisses warnte die Regierung die Bürger nun erneut vor persönlichen finanziellen Nachteilen im Falle eines EU-Austritts. So drohe etwa Immobilienbesitzern Ungemach, sagte Finanzminister George Osborne am Sonntag dem Sender ITV. Der Wert ihrer Häuser werde spürbar sinken, die Hypothekenkosten dürften zulegen. „Es geht nicht nur um eine große Frage für uns als Land. Sie betrifft auch die finanzielle Sicherheit der Leute“, mahnte Osborne.

Bericht über mögliche Brexit-Folgen angekündigt

Er kündigte einen Bericht seines Ministeriums zu den kurzfristigen Auswirkungen des sogenannten Brexit auf die britische Wirtschaft an. Darin würden auch die Folgen für den Immobilienmarkt beleuchtet. Der Bericht werde demnächst vorgelegt. Einer früheren Schätzung Osbornes zufolge gingen jedem britischen Haushalt bis 2030 im Jahr durchschnittlich 4300 Pfund (rund 5400 Euro) verloren, weil sich die Wirtschaft schwächer entwickeln würde als bei einem Verbleib in der EU.

In Umfragen kommen Befürworter und Gegner des Brexit auf ähnliche Unterstützungsquoten. Das Pro-Brexit-Lager argumentiert, langfristig würde Großbritannien von einem Verlassen der EU ökonomisch profitieren, weil es dann seine eigenen Handelsverträge abschließen, Geldtransfers nach Brüssel einsparen und auf übertriebene Regulierungsvorgaben verzichten könnte.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat eindringlich vor einem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union gewarnt. Ein negativer Ausgang des Referendums im Juni hätte „unvorhersehbare Auswirkungen auf das Zusammenwirken der Europäer“, sagte er unserer Redaktion. Doch glaube er fest daran, dass die Briten mit Vernunft entscheiden werden. Allen Europäern sei sehr daran gelegen, dass „Großbritannien in der Familie bleibt“, fügte der Luxemburger hinzu. Als Voraussetzung sei in den vergangenen Monaten ein fairer Deal mit Großbritannien ausgehandelt worden. (BM)