Berlin. Gegen Zuwanderung und Islam – das sind die Kernpunkte der AfD-Politik. Daran wird auch ihr erstes Grundsatzprogramm nichts ändern.
Vor ihrem Bundesparteitag an diesem Wochenende in Stuttgart schwebt die AfD gleichsam auf Wolke sieben. Nach den satten Ergebnissen bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt liegen die Rechtspopulisten auch in bundesweiten Umfragen über zehn Prozent: Eine Emnid-Untersuchung sah die Partei zuletzt bei zwölf Prozent.
Auf dem Parteitag will sich die Partei jetzt erstmals ein Grundsatzprogramm verordnen – der vom Vorstand vorgelegte Programmentwurf lässt den Schluss zu, dass die Partei ihren stramm anti-islamischen und ausländerfeindlichen Kurs bei dem Treffen zementieren wird.
In der Öffentlichkeit wird die AfD bisher vor allem mit islamfeindlichen Positionen, Anti-Flüchtling-Parolen und kruder Eurokritik in Verbindung gebracht. Das kommt nicht von ungefähr. Immer wieder liefern hohe AfD-Funktionäre in Talkshows, Interviews oder Reden mit vollmundigen Äußerungen Stoff für Kritik.
Das sind die Gesichter der AfD
• Die umstrittensten Zitate führender AfD-Politiker
Immer wieder rühren AfD-Politiker vor allem die Themen Islam, Terrorgefahr und Flüchtlinge zu einem populistischen Gebräu zusammen. So war zum Thema Islam zu lesen:
„Ich will, dass auch für meine Enkel hier zuhause noch das Geläut der Kirchenglocken das geistliche Geräusch ist, das sie hören, und nicht der Ruf des Muezzins.“
(Jörg Beuthen, Co-Bundesvorsitzender der AfD, in der „FAZ“)
„Die größte Bedrohung für Demokratie und Freiheit geht heute vom politischen Islam aus.“
(Die Berliner AfD-Vorsitzende Beatrix von Storch in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“)
„Der Islam ist keine Religion wie das katholische oder protestantische Christentum, sondern intellektuell immer mit der Übernahme des Staates verbunden.“
(Alexander Gauland, Fraktionsvorsitzender der AfD in Brandenburg und Bundesparteivize in der „FAS“)
Eine ähnlich radikale Tonlage pflegen AfD-Politiker beim Thema Flüchtlinge und Zuwanderung. Dabei geht es nicht nur um den Zustrom von Flüchtlingen aus Syrien, dem Irak oder anderen Bürgerkriegs- und Krisenländern. Auch das Abkommen mit der Türkei fand bei der AfD eine scharfe Reaktion. Etwa:
„Wir wollen keine unkontrollierte Massenzuwanderung und wir wollen keine Visafreiheit für 80 Millionen Türken, die eine weitere Immigration durch die Hintertür bedeuten.“
(Mecklenburg-Vorpommerns AfD-Spitzenkandidat Leif-Erik Holm bei einer Rede in Stralsund)
• Björn Höckes Thesen über die Afrikaner
Der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke sorgte nicht nur für Aufsehen, als er in der ARD-Talkshow von Günther Jauch eine kleine Deutschlandfahne aus der Jacke zog und sie für die Dauer der Sendung über seine Sessellehne hängte. Auf scharfe Kritik stieß eine Rede Höckes im thüringischen Schnellroda zum Thema Asyl und dem Titel „Ansturm auf Europa“. Darin räsonierte er über den „lebensbejahenden afrikanischen Ausbreitungstyp“ und sprach von einem „Bevölkerungsüberschuss Afrikas“. „Solange wir bereit sind, diesen Bevölkerungsüberschuss aufzunehmen, wird sich am Reproduktionsverhalten der Afrikaner nichts ändern“, so Höcke. Die Länder Afrikas bräuchten die europäische Grenze, „um zu einer ökologisch nachhaltigen Bevölkerungspolitik zu finden“.
• Deutschlands Nato-Mitgliedschaft in Frage gestellt
Auch in Sachen Sicherheitspolitik meldete sich Höcke schon mal zu Wort – mit gewohnt radikalen Ansichten. Dabei stellte er gegenüber der Zeitung „Die Welt“ sogar die Zugehörigkeit der Bundesrepublik zur Nato in Frage. Höcke wörtlich: „Wenn sich die Nato-Strategie nicht umgehend und grundsätzlich ändert, wovon in der jetzigen bündnisinternen Machtkonstellation nicht ausgegangen werden kann, muss Deutschland, um den Frieden in Europa zu sichern, auch zu einem unkonventionellen Schritt bereit sein. Und dies hieße in letzter Konsequenz, bei festgestellter Reformunfähigkeit, den Austritt aus einem ehemaligen Verteidigungsbündnis.“
• Die Affäre um Frauke Petrys „Schusswaffen“-Zitat
Geradezu bizarr entwickelte sich ein Streit um Äußerungen von Co-Parteichefin Frauke Petry zum möglichen Einsatz von Schusswaffen gegen Flüchtlinge an der Grenze. Petry hatte dem „Mannheimer Morgen“ gesagt: „Wir brauchen umfassende Kontrollen, damit nicht weiter so viele unregistrierte Flüchtlinge über Österreich einreisen können.“ Notfalls müssten Polizisten an der Grenze „auch von der Schusswaffe Gebrauch machen. So steht es im Gesetz.“ Kein Polizist wolle auf einen Flüchtling schießen: „Ich will das auch nicht. Aber zur Ultima Ratio gehört der Einsatz von Waffengewalt.“ Später schob Petry nach, ihre Aussagen seien aus dem Zusammenhang gerissen worden.
Damit nicht genug. Die Berliner Parteichefin Beatrix von Storch legte nach und bekräftigte die Aussage Petrys. Ende Januar antwortete sie auf Facebook auf die Frage eines Nutzers, ob die AfD „etwa Frauen mit Kindern an der grünen Wiese den Zutritt mit Waffengewalt verhindern“ wolle mit „Ja“.Später schwächte sie ihre Antwort etwas ab: „Gegen Kinder ist der Schusswaffeneinsatz richtigerweise nicht zulässig. Frauen sind anders als Kinder verständig.“ Dann rückte auch sie ab, schob ihr „Ja“ auf einen Lapsus: Sie sei beim Facebook-Posting am PC „auf der Maus ausgerutscht“.
• Beatrix von Storch und ihre abstruse Merkel-Wette
Geradezu abstrus verlief ein Auftritt von Beatrix von Storch in der ARD-Runde von Anne Will. Bereits zuvor hatte die Europa-Abgeordnete der AfD per Facebook über die Kanzlerin im Zusammenhang mit deren Flüchtlingspolitik verbreitet: „Ich nehme Wetten an: Wenn sie bald zurücktritt, wird sie das Land verlassen. Aus Sicherheitsgründen.“ In der Will-Runde wurde sie konkreter. Sie gehe davon aus, so Von Storch über Merkel, „dass sie nach Chile oder Südamerika geht, dass sie sich absetzt“. Die Reaktionen beim Studio-Publikum reichten von ungläubigem Staunen bis zu spöttischem Gelächter.
• Was ist vom Grundsatzprogramm der AfD zu erwarten?
Vermutlich nicht viel wirklich Neues. Zwar will die Partei auch Positionen beispielsweise in der Steuer-, Familie- und Bildungspolitik erarbeiten – die Ablehnung des Islam aber bleibt „ein zentrales Bindemittel“ der Partei, wie der „Spiegel“ kürzlich befand.
So sieht der Programmentwurf unter anderem ein „allgemeines Verbot der Vollverschleierung durch Burka und Niqab in der Öffentlichkeit und im öffentlichen Dienst“ vor. Zudem soll im öffentlichen Dienst „kein Kopftuch getragen werden, in Schulen weder von muslimischen Lehrerinnen noch Schülerinnen“. Das Minarett wird in dem Papier „als islamisches Herrschaftssymbol“ ebenso abgelehnt wie Ruf des Muezzin. Denn: „Minarett und Muezzinruf stehen im Widerspruch zu einem toleranten Nebeneinander der Religionen, das die christlichen Kirchen in der Moderne praktizieren.“
Mit mehreren Anträgen wollen Vertreter des rechten Flügels der AfD die Partei auf einen stramm nationalkonservativen, anti-islamischen Kurs festlegen. Der „Stern“ zitiert den Berliner Sozialwissenschaftler David Bebnowski, der die Partei „definitiv auf dem Weg nach rechts“ sieht. Es gebe in der AfD „Vorstellungswelten, die bis ins Faschistische reichen“, warnt er. „Dahinter steckt die Konzeption einer tiefgreifenden revolutionären Veränderung. Diese Leute wollen ein anderes Deutschland.“ (mit Material von dpa)