Paris. Salah Abdeslam, Hauptverdächtiger der Pariser Terroranschläge, ist nach Frankreich ausgeliefert worden. Dort soll er in Isolationshaft.

Die Auslieferung erfolgte unter schärfsten Sicherheitsvorkehrungen und strikter Geheimhaltung. Am frühen Mittwochmorgen ist der Mitte März im Brüsseler Stadtteil Molenbeek festgenommene Islamist Salah Abdeslam von Gendarmen der französischen Eliteeinheit GIGN aus seiner Einzelzelle des Gefängnisses von Beveren bei Antwerpen geholt und per Hubschrauber direkt nach Paris eskortiert worden.

Erst nachdem Abdeslam in der französischen Hauptstadt eingetroffen war, machte die Pariser Staatsanwaltschaft die Überstellung publik. Der 26-jährige Franco-Belgier marokkanischer Abstammung wurde umgehend einem Untersuchungsrichter vorgeführt und in Haft genommen. Abdeslam gilt als der Logistiker und einer der Hauptverantwortlichen der Pariser Anschläge vom 13. November 2015. Er soll nun in Isolationshaft kommen.

Abdeslam entkam Fahndern nach Anschlägen in Paris

Höchstwahrscheinlich ist Abdeslam das einzige noch lebende Mitglied jener drei Killerkommandos, die im vergangenen November am Stade de France, im Konzertsaal Bataclan sowie in mehreren Bars und Restaurant 130 Menschen töteten und mehr als 300 verletzten. Alle übrigen Attentäter sprengten sich entweder in die Luft oder wurden von der Polizei getötet. Unter ihnen befand sich auch Abdeslams 31-jähriger Bruder Brahim.

In Verhören hat Abdeslam bereits zugegeben, an den Anschlägen in Paris beteiligt gewesen zu sein. Seinen Angaben zufolge gehörte er dem vierköpfigen Kommando an, dass sich während des Länderspiels Frankreich-Deutschland im Stade de France in die Luft sprengen sollte.

Doch da die Terroristen aufgrund der rigorosen Kontrollen nicht in das Stadium gelangt waren, sprengten sich drei von ihnen schließlich vor dem Stadium in die Luft. Allein Abdeslam warf seinen Sprengstoffgürtel weg und flüchtete nach Belgien.

Nach vier Monaten war die Flucht beendet

Die Ermittler hatten Abdeslam rasch identifiziert, weil er unter seinem eigenen Namen die beiden Kleinwagen anmietete, mit denen die Terroristen von Brüssel nach Paris und am Abend des 13. November zu den Anschlagsorten in Saint-Denis und im 11. Arrondissement von Paris fuhren. Außerdem konnten sie seine Bewegungen durch die Ortungen seines Handys recht genau nachstellen.

Vier Monate lang war es Abdeslam gelungen, sich den Fahndern zu entziehen, bevor er bei einer Razzia in Molenbeek gefasst wurde. Das war am 18. März, vier Tage vor den Anschlägen von Brüssel, an deren Vorbereitung er beteiligt sein könnte. Ein Verdacht, der von seinem französischen Anwalt gestern zurückgewiesen wurde.

Abdeslam will mit Behörden kooperieren

Bei dem ihn in Frankreich erwartenden Prozess will sich Abdeslam von dem bekannten Strafverteidiger Franck Berton vertreten lassen, der seinen Mandaten erstmals am vergangenen Freitag im Gefängnis von Beveren traf. Laut Berton soll sich Abdeslam der Schwere der Anklagen bewusst sein, die ihm nun drohen. Dennoch sei er bereit, mit den französischen Behörden zusammenzuarbeiten und genau zu erklären, „was er getan hat und was er nicht getan hat“.

Als einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Wahrheits- und Rechtsfindung bezeichnete die Vereinigung der Opfervereinigung des 13. November die Auslieferung Abdeslams. „Wir hoffen, dass Abdeslam tatsächlich mit den Ermittlern kooperiert“, erklärte deren stellvertretender Vorsitzender Emmanuel Domenach und wies auf die vielen unbeantworteten Fragen hin. „Vor allem wollen wir wissen, wie Islamisten Anschläge von einem solchen Ausmaß planen und durchführen, ohne dass die europäischen Dienste Wind davon bekamen“, betonte Domenach.