Hannover. Flüchtlingskrise und „Brexit“: Jetzt reißt Euch zusammen, Ihr Europäer! Das ist Obamas Abschiedsbotschaft beim Besuch in Deutschland.

Mit einem eindringlichen Aufruf zur Einigkeit nimmt US-Präsident Barack Obama die zerstrittenen Europäer bei der Krisenbewältigung stärker in die Pflicht. „Ein vereintes Europa, früher ein Traum weniger, ist jetzt eine Hoffnung der Vielen und eine Notwendigkeit für uns alle“, sagte er bei seinem Deutschland-Besuch in einer Grundsatzrede in Hannover.

Kanzlerin Angela Merkel sagte nach einem anschließenden Treffen mit Obama und den Staats- und Regierungschefs von Großbritannien, Frankreich und Italien in Hannover, diese Runde sei ein gutes Format, um die wichtigsten außen- und sicherheitspolitischen Fragen gemeinsam zu lösen.

Die USA und ihre wichtigsten europäischen Bündnispartner wollen gemeinsam die Stabilisierung Libyens vorantreiben. Man wolle „alles gemeinsam unternehmen“, um die neue Einheitsregierung in dem Bürgerkriegsland zu unterstützen, sagte Merkel. Konkrete Maßnahmen wurden bei dem G5-Gipfel aber nicht beschlossen. Auch über ein Eingreifen der Nato sei nicht gesprochen worden, weil die EU-Mission „Sophia“ zum Kampf gegen Schleuserkriminalität vor der libyschen Küste bestehe.

US-Präsident #Obama zu Gast in Hannover

Am zweiten Tag des Deutschlandbesuches von US-Präsident Barack Obama (2.v.l.) sind Großbritanniens Premier David Cameron (l.), Frankreichs Präsident François Hollande (2.v.r.) und Italiens Regierungschef Matteo Renzi (r.) zu einem US-Europa-Minigipfel in Hannover (Niedersachsen) eingetroffen. In Schloss Herrenhausen (Niedersachsen) trafen die vier am Nachmittag mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU, Mitte) zusammen.
Am zweiten Tag des Deutschlandbesuches von US-Präsident Barack Obama (2.v.l.) sind Großbritanniens Premier David Cameron (l.), Frankreichs Präsident François Hollande (2.v.r.) und Italiens Regierungschef Matteo Renzi (r.) zu einem US-Europa-Minigipfel in Hannover (Niedersachsen) eingetroffen. In Schloss Herrenhausen (Niedersachsen) trafen die vier am Nachmittag mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU, Mitte) zusammen. © REUTERS | HANDOUT
Bei dem hochrangigen Treffen der fünf Staats- und Regierungschefs wurden unter anderem Sicherheitsfragen, die Lage in Syrien und das geplante Freihandelsabkommen TTIP erörtert. Schon in rund vier Wochen werden sich alle Politiker in Japan wiedersehen; bei einem G7-Gipfel werden dann zusätzlich auch Kanada und Japan vertreten sein.
Bei dem hochrangigen Treffen der fünf Staats- und Regierungschefs wurden unter anderem Sicherheitsfragen, die Lage in Syrien und das geplante Freihandelsabkommen TTIP erörtert. Schon in rund vier Wochen werden sich alle Politiker in Japan wiedersehen; bei einem G7-Gipfel werden dann zusätzlich auch Kanada und Japan vertreten sein. © REUTERS | KEVIN LAMARQUE
Angela Merkel empfängt Frankreichs Präsident François Hollande vor Schloss Herrenhausen. ...
Angela Merkel empfängt Frankreichs Präsident François Hollande vor Schloss Herrenhausen. ... © Getty Images | Alexander Koerner
... Das Wiedersehen mit Frankreichs Präsident François Hollande ist offensichtlich immer wieder eine Freude.
... Das Wiedersehen mit Frankreichs Präsident François Hollande ist offensichtlich immer wieder eine Freude. © REUTERS | KAI PFAFFENBACH
Ein Roter Teppich auch für Italiens Präsident Matteo Renzi.
Ein Roter Teppich auch für Italiens Präsident Matteo Renzi. © Getty Images | Alexander Koerner
Warten auf die Staatsoberhäupter.
Warten auf die Staatsoberhäupter. © Getty Images | Alexander Koerner
Der Vormittag stand, genau wie der Vortag, im Zeichen der Hannover Messe. Gemeinsam mit US-Präsident Barack Obama testet Bundeskanzlerin Angela Merkel ...
Der Vormittag stand, genau wie der Vortag, im Zeichen der Hannover Messe. Gemeinsam mit US-Präsident Barack Obama testet Bundeskanzlerin Angela Merkel ... © Getty Images | Alexander Koerner
... gut gelaunt und mit einer Portion Humor eine Virtual-Reality-Brille.
... gut gelaunt und mit einer Portion Humor eine Virtual-Reality-Brille. © REUTERS | KAI PFAFFENBACH
Beide begutachten an einem Messestand kritisch einen Satelliten. Die USA sind dieses Jahr das Partnerland der Messe.
Beide begutachten an einem Messestand kritisch einen Satelliten. Die USA sind dieses Jahr das Partnerland der Messe. © dpa | Federico Gambarini
Obama und Merkel posieren mit Siemens Vorstandsvorsitzenden Joe Kaeser (l.) und Klaus Helmrich (r.), Mitglied des Vorstandes.
Obama und Merkel posieren mit Siemens Vorstandsvorsitzenden Joe Kaeser (l.) und Klaus Helmrich (r.), Mitglied des Vorstandes. © REUTERS | KAI PFAFFENBACH
Am Vorabend eröffnen Merkel und Obama im Beisein von Hannovers Oberbürgermeister Stefan Schostok die Hannover Messe. Zuvor hatte sich der amerikanische Präsident in das Goldene Buch der Stadt Hannover eingetragen.
Am Vorabend eröffnen Merkel und Obama im Beisein von Hannovers Oberbürgermeister Stefan Schostok die Hannover Messe. Zuvor hatte sich der amerikanische Präsident in das Goldene Buch der Stadt Hannover eingetragen. © dpa | Federico Gambarini
Händereichen zweier Spitzenpolitiker nach ...
Händereichen zweier Spitzenpolitiker nach ... © dpa | Kay Nietfeld
... der Pressekonferenz im Schloss Herrenhausen in Hannover.
... der Pressekonferenz im Schloss Herrenhausen in Hannover. © REUTERS | WOLFGANG RATTAY
Winken, winken, winken auf dem Balkon des Schlosses.
Winken, winken, winken auf dem Balkon des Schlosses. © Getty Images | Pool
Davor ein kleines Schwätzchen unter Freunden.
Davor ein kleines Schwätzchen unter Freunden. © Getty Images | Sean Gallup
Die beiden Spitzenpolitiker schreiten auf dem Roten Teppich entlang der Ehrenwache im Großen Garten der Herrenhäuser Gärten.
Die beiden Spitzenpolitiker schreiten auf dem Roten Teppich entlang der Ehrenwache im Großen Garten der Herrenhäuser Gärten. © REUTERS | WOLFGANG RATTAY
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüßt US-Präsident Barack Obama am 24. April vor dem Schloss Herrenhausen in Hannover (Niedersachsen).
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüßt US-Präsident Barack Obama am 24. April vor dem Schloss Herrenhausen in Hannover (Niedersachsen). © dpa | Kay Nietfeld
Bei Graupelschauer landete Präsident Obama am Sonntagmittag – kommend aus London – mit der Air Force One in Hannover.
Bei Graupelschauer landete Präsident Obama am Sonntagmittag – kommend aus London – mit der Air Force One in Hannover. © dpa | Holger Hollemann
Bundeswehrsoldaten standen Spalier, um den Staatsgast zu begrüßen.
Bundeswehrsoldaten standen Spalier, um den Staatsgast zu begrüßen. © dpa | Holger Hollemann
Empfangen wurde Obama vom niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD).
Empfangen wurde Obama vom niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD). © Getty Images | Alexander Koerner
Unter Polizeischutz fuhr Obamas Autokolonne anschließend durch Hannover-Isernhagen.
Unter Polizeischutz fuhr Obamas Autokolonne anschließend durch Hannover-Isernhagen. © dpa | Hauke-Christian Dittrich
In Hannover eröffnete Obama gemeinsam mit Kanzlerin Merkel am Sonntagabend die Hannover-Messe.
In Hannover eröffnete Obama gemeinsam mit Kanzlerin Merkel am Sonntagabend die Hannover-Messe. © REUTERS | NIGEL TREBLIN
Ungemütlicher Empfang: Während der Landung der Air Force One ging ein Graupelschauer über Hannover herab.
Ungemütlicher Empfang: Während der Landung der Air Force One ging ein Graupelschauer über Hannover herab. © REUTERS | NIGEL TREBLIN
Zuvor hieß es, den roten Teppich für den Staatsgast zu putzen...
Zuvor hieß es, den roten Teppich für den Staatsgast zu putzen... © REUTERS | NIGEL TREBLIN
... und natürlich auf Sprengstoff zu untersuchen.
... und natürlich auf Sprengstoff zu untersuchen. © REUTERS | NIGEL TREBLIN
Wie üblich waren die Sicherheitsvorkehrungen enorm, wenn der US-Präsident sich ankündigt.
Wie üblich waren die Sicherheitsvorkehrungen enorm, wenn der US-Präsident sich ankündigt. © REUTERS | NIGEL TREBLIN
Rund um das Präsidenten-Hotel „Seefugium“ in Hannover kontrollierten Polizisten am Sonntagvormittag Autofahrer.
Rund um das Präsidenten-Hotel „Seefugium“ in Hannover kontrollierten Polizisten am Sonntagvormittag Autofahrer. © dpa | Hauke-Christian Dittrich
Polizisten standen in der Nähe von Schloss Herrenhausen in Hannover an einem Sicherheitszaun. Im Schloss trafen sich Obama und Kanzlerin Merkel am Nachmittag zu bilateralen Gesprächen.
Polizisten standen in der Nähe von Schloss Herrenhausen in Hannover an einem Sicherheitszaun. Im Schloss trafen sich Obama und Kanzlerin Merkel am Nachmittag zu bilateralen Gesprächen. © dpa | Ole Spata
Das Pressezentrum von Schloss Herrenhausen.
Das Pressezentrum von Schloss Herrenhausen. © REUTERS | KAI PFAFFENBACH
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Obama über die Europäer: „Giganten wie Adenauer“

Obama nannte die von einer möglichen Abspaltung Großbritanniens und heftigem Streit in der Flüchtlingskrise bedrohte Europäische Union „eine der größten politischen Errungenschaften der Neuzeit“. Ein geeintes Europa sei entscheidend für die Weltordnung, sagte er.

Obamas Grundsatzrede bei der Hannover Messe war zugleich ein Loblied auf Europa und eine deutliche Mahnung an die kriselnde EU, das in vielen Jahrzehnte Erreichte nicht aufzugeben. „Ihr seid die Erben eines Kampfes um die Freiheit“, rief er den Verbündeten zu. „Das sind sie, die Europäer: vereint in der Vielfalt, gesteuert von den Idealen, die der Welt vorangegangen sind. Sie sind stärker, wenn sie zusammenstehen, als wenn sie alleine sind.“

Für den Erfolg sei es entscheidend gewesen, dass sich nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs „Giganten wie Konrad Adenauer“ in Europa ans Werk gemacht hätten, um aus Gegnern Verbündete zu machen. Ein starkes Europa trage dazu bei, die Normen und Regeln beizubehalten, damit der Wohlstand gefördert werden könne – auf der ganzen Welt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel empfängt den Präsidenten der USA, Barack Obama (2.v.l), Frankreichs Staatschef Francois Hollande (3.v.r) sowie den Premierminister Großbritanniens David Cameron (l.) und den Ministerpräsidenten von Italien, Matteo Renzi (r.), zu einem Gespräch auf Schloss Herrenhausen in Hannover.
Bundeskanzlerin Angela Merkel empfängt den Präsidenten der USA, Barack Obama (2.v.l), Frankreichs Staatschef Francois Hollande (3.v.r) sowie den Premierminister Großbritanniens David Cameron (l.) und den Ministerpräsidenten von Italien, Matteo Renzi (r.), zu einem Gespräch auf Schloss Herrenhausen in Hannover. © dpa | Guido Bergmann

US-Präsident will mehr europäisches Engagement in Syrien und im Irak

Obama hatte sich bereits bei seinem unmittelbar vorangegangenen Besuch in London gegen eine Abspaltung Großbritanniens von der EU gestellt. Am 23. Juni sollen die Briten bei einer Volksabstimmung darüber entscheiden.

Obama versicherte den Europäern die Solidarität der USA. „Sie können sich darauf verlassen, dass Ihr größter Verbündeter und Freund, die Vereinigten Staaten von Amerika, an Ihrer Seite stehen. Schulter an Schulter. Jetzt und für immer“, sagte er.

Gleichzeitig nahm er die Verbündeten jenseits des Atlantiks aber in die Pflicht. Sie müssten sich stärker in den von Bürgerkriegen erschütterten Staaten Syrien und Irak engagieren. „Europa und die Nato können noch mehr tun“, sagte er. Mehr Nationen müssten zum Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat, zu Ausbildung und Aufbau beitragen. Es brauche „mehr wirtschaftliche Hilfe für Irak, damit der Extremismus bekämpft werden kann“. Der Präsident kündigte an, bis zu 250 zusätzliche Soldaten nach Syrien zu schicken. Sie sollen örtliche Kräfte im Kampf gegen den IS unterstützen.

Obama lobt Deutschlands Rolle in der Flüchtlingskrise

Der US-Präsident forderte auch mehr Offenheit bei der Aufnahme von Flüchtlingen. „Wir alle müssen etwas beitragen, wir alle müssen Verantwortung übernehmen. Das gilt auch für die Vereinigten Staaten.“ Bisher haben die USA verhältnismäßig wenige Flüchtlinge aus den Bürgerkriegsländern im Nahen und Mittleren Osten aufgenommen. 2016 sollen es 85.000 sein, davon 10.000 Syrer. Zum Vergleich: In Deutschland sind im vergangenen Jahr annähernd eine Million angekommen.

Erneut lobte Obama die deutsche Rolle in der Flüchtlingskrise. Deutschland zeige wie kein anderes Land, dass die Welt keine Mauern mehr brauche, sagte er. Man könne sich nicht definieren durch Barrieren, die Menschen abweisen oder im Land halten sollten.

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Am zweiten und letzten Tag seines Besuchs unternahm Obama vor seiner Rede zusammen mit Merkel einen Rundgang über die Hannover Messe. Die beiden hatten die größte Industriemesse der Welt am Vorabend eröffnet. Es war Obamas fünfter und voraussichtlich letzter Deutschland-Besuch als Präsident. An Bord der Airforce One trat er den Rückflug von Hannover nach Washington an. (dpa)