Hannover. Barack Obama ist für zwei Tage in Hannover und wird auch die Kanzlerin treffen. Nicht nur TTIP wird ein Thema ihres Treffens sein.

Der US-Präsident ist da: Barack Obama ist am Sonntag zum fünften Deutschland-Besuch seiner Amtszeit eingetroffen. Er landete am Mittag mit der Airforce One aus London kommend auf dem Flughafen Hannover, wo er vom niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil (SPD) und einer Ehrenformation der Bundeswehr empfangen wurde. Es ist voraussichtlich das letzte Mal, dass der im Januar scheidende Präsident die Bundesrepublik in seiner Amtszeit besucht.

Noch bei der Landung hatte es einen stürmischen Graupelschauer gegeben, der aber nachließ, unmittelbar bevor Obama seine Maschine verließ. Der Präsident ließ sich von dem Wetter nicht aus der Ruhe bringen. Das Wetter sei völlig in Ordnung, habe Obama ihm bei der kurzen Begrüßung auf der Landebahn am Flughafen zugerufen, sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil im Anschluss der Deutschen Presse-Agentur. Der SPD-Politiker hatte nach eigener Aussage zuvor gegenüber Obama zuvor sein Bedauern über das schlechte Wetter ausgedrückt. „Ich habe mich natürlich sehr darüber gefreut, den Präsidenten begrüßen zu dürfen“, sagte Weil. Es sei ein besonderer Moment, Obama in Niedersachsen und Deutschland zu Gast zu haben.

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Nach dem kurzen Händeschütteln mit Weil fuhr Obama mit der Präsidenten-Limousine – spöttisch „The Beast“ (das Ungetüm) genannt – zunächst in seine Unterkunft, das Tagungszentrum „Seefugium“. Das landsitzartige Anwesen liegt am Rande Hannovers idyllisch an einem See.

Bilaterales Gespräch mit Kanzlerin Merkel

Am Nachmittag kommt Obama mit Kanzlerin Angela Merkel zu einem bilateralen Gespräch im Schloss Herrenhausen zusammen. Das Verhältnis beider war zwischenzeitlich im Zuge der Geheimdienstaffäre um die US-Spionage auch gegen die Kanzlerin etwas getrübt. Es gilt zugleich aber als geprägt von Verlässlichkeit.

Themen ihres Gesprächs dürften neben den bilateralen Beziehungen die großen Themen der Weltpolitik sein: die Krisen in Syrien und Libyen und damit verbunden die Terrorgefahr und die Flüchtlingskrise, der Krieg in der Ukraine, die Zukunft Europas und besonders die Gefahr eines sogenannten Brexits, des Austritts Großbritanniens aus der EU. In London hatte Obama zuvor die Briten ungewöhnlich deutlich davor gewarnt.

Auch am Sonntag wurde in Hannover demonstriert

Am Abend will Obama die Hannover Messe eröffnen, deren Partnerland die USA in diesem Jahr sind. Es ist das erste Mal, dass ein US-Präsident den Auftakt dazu gibt. Es schließt sich ein Abendessen in Schloss Herrenhausen mit führenden Wirtschaftsvertretern an. Dabei will der US-Präsident auch für das Freihandelsabkommen TTIP werben, über das die EU und die USA verhandeln. Es ist besonders in Deutschland umstritten. Am Samstag hatten Zehntausende Gegner gegen das Vorhaben demonstriert. Die Polizei sprach von 35.000 Teilnehmern, die Veranstalter schätzten die Zahl auf 90.000.

Am Sonntagmittag sind in Hannover erneut Globalisierungsgegner und Menschenrechtler auf die Straße gegangen. Am Nordufer des Maschsees versammelten sich am frühen Nachmittag nach Polizeiangaben rund 200 Menschen zu einer Kundgebung unter dem Motto „Yes WE can – STOPP TTIP“. Zeitgleich begann nahe des Messeschnellwegs eine Mahnwache der Gesellschaft für bedrohte Völker für den seit 40 Jahren in den USA inhaftierten indianischen Bürgerrechtler Leonhard Peltier.

Minigipfel mit Cameron, Renzi und Hollande

Am Montag wollen Merkel und Obama dann den eigentlichen Messebetrieb mit dem traditionellen Rundgang und dem Besuch ausgewählter Unternehmensstände eröffnen. Im Anschluss wird der Präsident auf dem Messegelände eine politische Rede halten, bei der er noch einmal auf die großen außenpolitischen Themen eingehen dürfte. Am Nachmittag hat Merkel zu einem Minigipfel mit Großbritanniens Premier David Cameron, Frankreichs Präsident François Hollande und Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi geladen, dann wieder im Schloss Herrenhausen. Auch dabei dürfte es um die internationalen Krisen, den Terrorismus und das TTIP-Abkommen gehen, für das Obama in seiner Amtszeit wenigstens noch den Vertragstext aushandeln möchte, auch wenn bis zu seinem Ausscheiden im Januar eine Verabschiedung kaum noch zu schaffen ist.

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Die Hannoveraner selbst unterliegen strengen Sicherheitsvorkehrungen. Straßen sind gesperrt, dort abgestellte Autos und Fahrräder mussten entfernt, Papierkörbe abmontiert werden. Winken vom Fenster ist unerwünscht, weil es die eingesetzten Sicherheitskräfte irritieren könnte. (dpa)

TTIP – Darum geht es bei dem Abkommen

Der Begriff TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) tauchte erstmals Anfang 2013 auf. US-Präsident Barack Obama gab damals den Start von Verhandlungen für ein Freihandelsabkommen mit der EU bekannt. Wenige Monate später beauftragten die 28 EU-Mitgliedstaaten die EU-Kommission mit Verhandlungen. Hauptziel ist es, die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den USA und der EU stark auszuweiten. Ziel: Mehr Wachstum und Jobs. Die erste TTIP-Verhandlungsrunde startete im Juli 2013 in Washington.
Der Begriff TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) tauchte erstmals Anfang 2013 auf. US-Präsident Barack Obama gab damals den Start von Verhandlungen für ein Freihandelsabkommen mit der EU bekannt. Wenige Monate später beauftragten die 28 EU-Mitgliedstaaten die EU-Kommission mit Verhandlungen. Hauptziel ist es, die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den USA und der EU stark auszuweiten. Ziel: Mehr Wachstum und Jobs. Die erste TTIP-Verhandlungsrunde startete im Juli 2013 in Washington. © dpa | Sebastian Gollnow
Die Befürworter streben eine gegenseitige Liberalisierung des Handels mit Waren und Dienstleistungen an. Es geht ihnen um die Abschaffung überflüssiger Vorschriften für Prüfungen und Zertifizierungen und um den Abbau von Handelsschranken und Zöllen. Simples Beispiel: In den USA haben Autos meist rote Blinker, in Europa gelbe. Beide Seiten sollen solche Normen gegenseitig anerkennen. Bei der Einfuhr würden sie dann automatisch akzeptiert.
Die Befürworter streben eine gegenseitige Liberalisierung des Handels mit Waren und Dienstleistungen an. Es geht ihnen um die Abschaffung überflüssiger Vorschriften für Prüfungen und Zertifizierungen und um den Abbau von Handelsschranken und Zöllen. Simples Beispiel: In den USA haben Autos meist rote Blinker, in Europa gelbe. Beide Seiten sollen solche Normen gegenseitig anerkennen. Bei der Einfuhr würden sie dann automatisch akzeptiert. © dpa | Holger Hollemann
Das Handelsabkommen soll den Ländern der EU und den USA den gegenseitigen Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen auf allen Verwaltungsebenen eröffnen. Die Industrie erhofft sich davon zusätzliche Chancen auf Aufträge. US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel gehören zu den Befürwortern von TTIP.
Das Handelsabkommen soll den Ländern der EU und den USA den gegenseitigen Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen auf allen Verwaltungsebenen eröffnen. Die Industrie erhofft sich davon zusätzliche Chancen auf Aufträge. US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel gehören zu den Befürwortern von TTIP. © dpa | Holger Hollemann
Die TTIP-Gegner befürchten, dass durch das Abkommen die europäischen Standards gesenkt werden. Globalisierungsgegner sehen sich zudem in ihren Befürchtungen bestärkt, weltwirtschaftlich gesehen könnten die Entwicklungsländer die Verlierer der neuen transatlantischen Handelszone sein.
Die TTIP-Gegner befürchten, dass durch das Abkommen die europäischen Standards gesenkt werden. Globalisierungsgegner sehen sich zudem in ihren Befürchtungen bestärkt, weltwirtschaftlich gesehen könnten die Entwicklungsländer die Verlierer der neuen transatlantischen Handelszone sein. © dpa | Fredrik von Erichsen
Umstritten ist bei TTIP die verstärkte Einfuhr gentechnisch veränderter Lebensmittel in die EU. Eine Kennzeichnungspflicht solcher Produkte könnte durch TTIP noch schwerer werden. Erst vor wenigen Monaten sahen sich die Gegner bestätigt: Im November gaben die US-Behörden erstmals ein genetisch verändertes Tier zum Verzehr frei. In den USA darf nunmehr besonders schnell wachsender Lachs verkauft werden – ohne spezielle Kenntlichmachung. Die EU hat bereits ausgeschlossen, das bestehende Verbot von Hormon- oder Chlorhühnerfleisch aufzuheben.
Umstritten ist bei TTIP die verstärkte Einfuhr gentechnisch veränderter Lebensmittel in die EU. Eine Kennzeichnungspflicht solcher Produkte könnte durch TTIP noch schwerer werden. Erst vor wenigen Monaten sahen sich die Gegner bestätigt: Im November gaben die US-Behörden erstmals ein genetisch verändertes Tier zum Verzehr frei. In den USA darf nunmehr besonders schnell wachsender Lachs verkauft werden – ohne spezielle Kenntlichmachung. Die EU hat bereits ausgeschlossen, das bestehende Verbot von Hormon- oder Chlorhühnerfleisch aufzuheben. © dpa | Nigel Treblin
Ein Hauptkritikpunkt an TTIP lautet: Schiedsgerichte sollen hinter verschlossenen Türen über Klagen von Unternehmen und Investoren urteilen, etwa wenn sie eine Verletzung ihrer Eigentumsrechte sehen. Die Gremien sollen nicht mit nationalen Richtern, sondern mit internationalen Juristen besetzt werden. Die Sorge ist groß, dass da unter Ausschluss der Öffentlichkeit gekungelt wird. Inzwischen gibt es jedoch Bewegung. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström hat angekündigt, das Verfahren überarbeiten zu wollen. Sie sprach von öffentlich ernannten, unabhängigen Richtern, die „in transparenten Verfahren“ ihre Urteile sprechen sollen.
Ein Hauptkritikpunkt an TTIP lautet: Schiedsgerichte sollen hinter verschlossenen Türen über Klagen von Unternehmen und Investoren urteilen, etwa wenn sie eine Verletzung ihrer Eigentumsrechte sehen. Die Gremien sollen nicht mit nationalen Richtern, sondern mit internationalen Juristen besetzt werden. Die Sorge ist groß, dass da unter Ausschluss der Öffentlichkeit gekungelt wird. Inzwischen gibt es jedoch Bewegung. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström hat angekündigt, das Verfahren überarbeiten zu wollen. Sie sprach von öffentlich ernannten, unabhängigen Richtern, die „in transparenten Verfahren“ ihre Urteile sprechen sollen. © dpa | Julian Stratenschulte
Bereits ausverhandelt, aber noch nicht in Kraft, ist das Abkommen CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement) zwischen der EU und Kanada. Es gilt als Blaupause für TTIP. In dem überarbeiteten Vertrag ersetzen Handelsgerichtshöfe das umstrittene System privater Schiedsgerichte für Konzerne. Dennoch haben sich in Deutschland 50.000 Kläger zusammengeschlossen, um CETA zu verhindern. Der Bielefelder Professor und Jurist Andreas Fisahn reichte eine Verfassungsklage ein. Auf gut 60 Seiten begründet er in seiner Klageschrift, wie durch solche Abkommen nationales Recht außer Kraft gesetzt werde. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel dagegen hält CETA für ein „Schutzschild für all das, was Menschen bei TTIP befürchten“.
Bereits ausverhandelt, aber noch nicht in Kraft, ist das Abkommen CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement) zwischen der EU und Kanada. Es gilt als Blaupause für TTIP. In dem überarbeiteten Vertrag ersetzen Handelsgerichtshöfe das umstrittene System privater Schiedsgerichte für Konzerne. Dennoch haben sich in Deutschland 50.000 Kläger zusammengeschlossen, um CETA zu verhindern. Der Bielefelder Professor und Jurist Andreas Fisahn reichte eine Verfassungsklage ein. Auf gut 60 Seiten begründet er in seiner Klageschrift, wie durch solche Abkommen nationales Recht außer Kraft gesetzt werde. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel dagegen hält CETA für ein „Schutzschild für all das, was Menschen bei TTIP befürchten“. © dpa | Gregor Fischer
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