Washington. Donald Trump triumphiert in New York. Nun sieht sich der US-Präsidentschaftskandidat fast schon am Ziel. Doch stimmt das wirklich?

„Von einem Rennen können wir da nicht mehr sprechen, wenn ich mir das so anschaue im Fernsehen“, erklärte ein strahlender Donald Trump nach seinem Sieg bei den Vorwahlen der Republikaner im Bundesstaat New York. „Es ist unmöglich, uns noch einzuholen.“ Dazu erklang Frank Sinatras Evergreen „New York, New York“: Wer es hier schafft, der schafft es überall.

Gilt das auch für Donald Trump? In New York holte er rund 60 Prozent der Stimmen. Mit diesem haushohen Sieg in seinem Heimatstaat sieht sich der Milliardär schon an seinem Ziel, im nächsten Jahr für die Republikanische Partei als Präsidentschaftskandidat anzutreten. Doch ist Trumps Optimismus berechtigt?

Wie sind die nüchternen Zahlen?

Nach Auszählung nahezu sämtlicher Stimmen hat Donald Trump in New York fast alle der 95 zu vergebenden Delegierten für sich geholt. Damit baut er den Vorsprung auf seinen schärfsten Rivalen Ted Cruz auf rund 300 Delegierte aus: Trump sicherte sich bisher insgesamt rund 845 Delegierte, Cruz kommt auf etwa 543. Abgeschlagen auf Platz drei rangiert John Kasich mit 147 Delegierten.

Was sagen diese Zahlen aus?

Trotz Trumps großen Vorsprungs: Auch nach der Vorwahl in New York hat der Immobilien-Mogul noch keine Garantie dafür, dass er nach der letzten Vorwahl in Kalifornien am 7. Juni die notwendigen 1237 Delegierten erreicht haben wird. Doch für seine innerparteilichen Gegner wird es immer schwerer, den beim Partei-Establishment ungeliebten Polit-Hallodri zu verhindern.

Was passiert auf dem Nominierungs-Parteitag?

1237 Delegierte – diese Grenze muss Trump überschreiten, um auf dem Nominierungsparteitag der Republikaner im Juli in Cleveland bereits im ersten Wahlgang die Kandidatur an sich reißen zu können – in der ersten Wahlrunde sind die Delegierten an die Ergebnisse der Vorwahlen gebunden. Experten gehen aber mehr und mehr davon aus, dass Trump nur dann Kandidat der Republikaner werden kann, wenn er im ersten Wahlgang gewinnt.

Gibt es einen Überraschungskandidaten?

Denn: In weiteren Wahlgängen wären die Delegierten nicht mehr an die Ergebnisse der Vorwahlen gebunden – und würden im Falle einer Kampfkandidatur womöglich eher zu Ted Cruz oder John Kasich tendieren. Oder die Republikaner zaubern gewissermaßen einen anderen Kandidaten aus dem Hut.

In dem Zusammenhang fällt immer wieder der Name Paul Ryan. Ryan ist als Präsident des US-Abgeordnetenhauses ein politisches Schwergewicht der Republikaner. Er wäre für viele ein veritabler Anwärter aufs Weiße Haus. Aber: Ryan hat gerade erst eine Präsidentenkandidatur ausgeschlossen. „Ich möchte nicht für unsere Partei kandidieren und werde auch keine Kandidatur annehmen“, sagte Ryan vorigen Woche in Washington. Er wolle damit alle Spekulationen ein für allemal beenden. Klare Absage – oder ziert Ryan sich nur und wartet ab, wie die Lage beim Parteitag sein wird?

Wie stehen Trumps Chancen?

Mit jedem Sieg bei einer Vorwahl macht Trump es seinen Gegnern schwerer, ihn zu verhindern. Schafft er es, die nötigen Zahl von Delegierten hinter sich zu versammeln, käme jede Art von Intervention durch das Partei-Establishment einem undemokratischen Putsch gleich. Und auch ein Überraschungskandidat, der sich das mühsame Vorwahlrennen gespart hat, wäre für viele ein nicht eben demokratisches Vorgehen.

Wann geht es weiter?

Schon am kommenden Dienstag. Dann nämlich stehen bei den Republikanern Vorwahlen in fünf weiteren Staaten an: Conneticut, Maryland, Rhode Island, Delaware und Pennsylvania. Trump setzt darauf, den Triumph von New dort fortsetzen zu können. „Der große Erfolg von New York verleiht Trump Auftrieb“, titelte am Mittwoch die „Washington Post“. Trump wird es mit Freuden gelesen haben. (W.B./dpa)