Berlin. Er hat lange gewartet, doch jetzt ist klar: Der Grünen-Chef Cem Özdemir tritt zur Urwahl an – gegen Anton Hofreiter und Robert Habeck.

Cem Özdemir hat es spannend gemacht. Lange wurde darüber spekuliert, ob er es macht. Jetzt hat der Parteichef gesagt, womit ast alle Grünen gerechnet haben: Er will Spitzenkandidat für die Bundestagswahl 2017 werden.

„Bin am Start! – Urwahl“, twitterte Özdemir am Sonnabend. Zuvor hatte er in einem ARD-Interview gesagt, dass er antritt: „Die Umstände müssen passen. Die Themen müssen passen. In der Familie muss es passen. Das tut es jetzt.“ Für die Wahl 2013 hatte es noch nicht gepasst – da war Özdemir nicht für die Urwahl angetreten, hatte das Feld dem damaligen Fraktionschef Jürgen Trittin überlassen.

Der Kampf der Männer

Mit seiner Kandidatur hat Özdemir einen Kampf der Männer angestoßen. Denn zwei andere selbstbewusste Grüne wollen auch Spitzenkandidat werden. Bundestags-Fraktionschef Anton Hofreiter und Robert Habeck, der stellvertretende Ministerpräsident von Schleswig-Holstein. Es ist ein Dreikampf, der spannend werden könnte.

Die Grünen wollen 2017 mit einer Doppelspitze in den Wahlkampf gehen – wie üblich mit mindestens einer Frau. Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt ist bisher die einzige weibliche Kandidatin. Sie gilt deshalb als gesetzt. Bei den Grünen geht man nicht davon aus, dass sich die Vorsitzende Simone Peter noch zu einer Kandidatur durchringt. Zuletzt bekam sie auf dem Parteitag ein mageres Ergebnis, sie gilt als angeschlagen.

Özdemir plädiert für Koalitionen mit der Union

Göring-Eckardt und Özdemir, das wären zwei Grüne aus dem Realo-Flügel, der seit längerem für Koalitionen mit der Union plädiert. Im Herbst 2016 wird die Urwahl starten. 61.000 grüne Parteimitglieder dürfen abstimmen. Anfang 2017 wird das Ergebnis verkündet.

Der Ausgang ist offen, doch für alle drei grünen Männer ist die Kandidatur nicht ohne Risiko. Wer verliert, muss um seine Stellung fürchten. Bei der letzten Urwahl holte die damalige Parteichefin Claudia Roth mit 26 Prozent ein überraschend mageres Ergebnis. Nach der Wahl wurde die Ikone des linken Flügels als Parteichefin abgelöst.

Wohnung in Kreuzberg

Özdemir ist das Kind türkischer Einwanderer, wuchs in Baden-Württemberg auf, was man auch an seiner Sprachfärbung hört. Er spricht von sich selbst gern als anatolischer Schwabe. In Berlin wohnt er in Kreuzberg in der Nähe des Kottbusser Tors.

Er ist jetzt seit fast acht Jahren Parteichef und kann durchaus etwas vorweisen. Unter ihm wurde die Partei im Bundesrat immer mächtiger, wird bald in zehn von 16 Landesregierungen sitzen. Für viele Gesetze braucht die große Koalition die Zustimmung der Grünen. Sein Meisterstück könnte er ablegen, wenn er die Partei in eine schwarz-grüne Bundesregierung führen würde.