Berlin. Die Justiz kann sich nun mit dem Fall Jan Böhmermann befassen. Eine entsprechende Ermächtigung hat die Bundesregierung gegeben.

Die Bundesregierung hat den Weg frei gemacht für weitere strafrechtliche Ermittlungen gegen Jan Böhmermann. Das sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Freitag in einem Statement in Berlin.

Nach Böhmermanns Schmähgedicht gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan müssen Staatsanwälte nun prüfen, ob der Moderator sich der Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts schuldig gemacht hat. Merkel pochte aber zugleich auf das Grundrecht der Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit und forderte dies auch von der Türkei ein. „Im Rechtsstaat ist die Justiz unabhängig. ... In ihm gilt die Unschuldsvermutung.“ Nicht die Regierung, sondern Staatsanwaltschaften und Gerichte hätten das letzte Wort.

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„Unterschiedliche Auffassungen“ in der Koalition

Ein Strafverfahren in einem solchen Fall ist nur möglich, wenn der betroffene Politiker ein Strafverlangen stellt, und die Bundesregierung nach Paragraf 103 die Ermächtigung zur Strafverfolgung erteilt. Erdogan hatte eine solche diplomatische Note verfassen lassen. Merkel kündigte an, dass der Paragraf abgeschafft werden soll. Er sei in Zukunft entbehrlich, sagte sie. Laut des Paragrafen 103 des Strafgesetzbuchs (StGB) muss derjenige mit bis zu drei Jahren Haft oder einer Geldstrafe rechnen, der einen ausländischen Staatschef beleidigt. Ist Verleumdung im Spiel, drohen sogar bis zu fünf Jahre Freiheitsentzug.

Merkel bestätigte, dass es in der Frage um die Entscheidung der Bundesregierung Meinungsverschiedenheiten in der Koalition gegeben hat. Sie verwies auf „unterschiedliche Auffassungen“ zwischen den Koalitionspartnern Union und SPD. Der „Spiegel“ hatte berichtet, dass das SPD-geführte Auswärtige Amt im Gegensatz zum Kanzleramt dagegen war, den Fall per Strafrecht zu klären.

Merkels Entscheidung war mit großer Spannung erwartet worden. Kritiker hatten ihr vorgeworfen, angesichts der wichtigen Rolle der Türkei in der Flüchtlingspolitik Erdogan zu sehr zu hofieren.

Deutsche sind gegen ein Verfahren

Die große Mehrheit der deutschen Bevölkerung ist einer Umfrage zufolge gegen eine strafrechtliche Verfolgung des Satirikers Böhmermann. 82 Prozent der Deutschen fordern die Bundesregierung dazu auf, keine Ermittlungen gegen den ZDF-Moderator nach Paragraf 103 des Strafgesetzbuches zuzulassen, wie aus einer am Donnerstag in Berlin veröffentlichten N24-Emnid-Umfrage hervorgeht.

Der ZDF-Satiriker hatte in seiner Sendung „Neo Magazin Royale“ ein Schmähgedicht auf Erdogan vorgetragen. Der türkische Präsident hat deswegen auch persönlich Strafantrag wegen Beleidigung nach Paragraf 185 des Strafgesetzbuchs gestellt.

Böhmermann hatte dem umstrittenen Gedicht in seiner Sendung vorausgestellt, dass er mit diesem die Grenzen dessen überschreite, was Satire dürfe. Das ZDF löschte das Gedicht, in dem Böhmermann Erdogan unter anderem „sackdoof, feige und verklemmt“ genannt hatte, aus der Mediathek. (dpa/law/rtr)