Berlin. Entwicklungsminister Gerd Müller rechnet mit der Überfahrt von Hunderttausenden Menschen aus Afrika. Er sieht dringend Handlungsbedarf.

Bundesentwicklungsminister Gerd Müller rechnet schon bald mit dem Zuzug zahlreicher Flüchtlinge aus Nordafrika. „Nach unseren Informationen warten allein in Libyen 100.000 bis 200.000 Afrikaner, die aus Staaten südlich der Sahara kommen, auf ihre Überfahrt nach Europa“, sagte der CSU-Politiker der „Rheinischen Post“. Die Schlepperbanden seien „voll in Aktion“.

Der Minister mahnte: „Die libysche Regierung braucht Autorität, Institutionen, Ausbildung von Polizei und den Ausbau der Küstenwache.“ Er sprach sich zudem für einen gesamteuropäischen Marshall-Plan zur Bewältigung der Flüchtlingskrise aus und forderte einen eigenständigen EU-Flüchtlingskommissar.

Bundesregierung will Libyen mit Stabilisierungsfonds helfen

Der Flüchtlingsstrom über das Mittelmeer nach Italien nimmt derzeit deutlich zu, Libyen ist dabei ein Einfallstor. Das Land versinkt seit dem Sturz des Machthabers Muammar Gaddafi im Jahr 2011 im Chaos. Mehrere bewaffnete Gruppen kontrollieren Teile Libyens, darunter auch die radikal-islamische IS-Miliz.

Die Bundesrepublik will nach den Worten von Außenminister Frank-Walter Steinmeier gemeinsam mit dem Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen UNDP einen Stabilisierungsfonds für Libyen auflegen. Dieser sei auch im deutschen Interesse, sagte der SPD-Politiker der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.

Libyen gilt als Rückzugsort von IS-Kämpfern

„Im Chaos des Bürgerkrieges ist Libyen zum Tummelplatz für kriminelle Schleuser und für die Terrorbanden des IS geworden, die auch uns in Europa und Deutschland bedrohen.“ Auf Dauer könne ihnen nur dann das Handwerk gelegt werden, wenn es wieder einen handlungsfähigen libyschen Staat gebe, sagte Steinmeier. Das Auswärtige Amt und das Entwicklungsministerium könnten 2016 und 2017 ein Viertel der für den Fonds vorgesehenen 40 Millionen Euro einzahlen, hieß es im Auswärtigen Amt.

Das ölreiche Land Libyen gilt mittlerweile als Rückzugsort für IS-Kämpfer aus Syrien und dem Irak, die den dortigen Luftangriffen entgehen wollen. Die Terrormiliz kontrolliert unter anderem einen Küstenstreifen um Sirte. Schon seit längerem gibt es Spekulation über eine internationale Militärintervention gegen den IS in Libyen. Die USA hatten im Februar ein Trainingslager der Miliz bombardiert. (rtr/dpa)