Berlin/Amsterdam. Experten diskutieren nach dem Terror in Brüssel über Maßnahmen gegen den Terror: An Flughäfen schweben ihnen verschiedene Methoden vor.

Der „Islamische Staat“ (IS) motiviert seine Anhänger zu weiteren Anschlägen auf Flughäfen. Die Islamisten veröffentlichten im Internet eine Fotomontage, die einen IS-Kämpfer vor dem Flughafen Köln/Bonn zeigt. Im Bild steht auf Deutsch der Satz: „Was Deine Brüder in Belgien schafften, schaffst Du auch.“

In dieser Situation arbeitet die EU daran, die Sicherheit auf Flughäfen zu verbessern – und Anschläge wie den auf den Flughafen in Brüssel zu verhindern. In Amsterdam diskutierten am Donnerstag EU-Luftsicherheitsexperten über das Thema. Die Reaktion auf den Anschlag in Brüssel müsse verhältnismäßig sein, sagte EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc. Sie fühle sich der „Freiheit des Transportwesens“ verpflichtet. Optionen für mehr Sicherheit gibt es viele. Doch welche haben Sinn? Ein Überblick:

Kontrollen am Eingang Wer in den Flughafen hineinwill, muss durch einen Scanner. Und auch das Gepäck wird durchleuchtet. An vielen Flughäfen in Asien oder Afrika sind diese Kontrollen am Eingang bereits üblich.

Doch Experten halten wenig von dieser Option. „Ziel eines Terroristen ist eine möglichst hohe Opferzahl – die kann er auch erreichen, wenn sich Passagiere vor dem Flughafen für eine Kontrolle in einer Reihe aufstellen“, sagte Jörg Radek, Vizechef der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Unter diesem Aspekt sei jede Maßnahme zum Schutz von Menschen im öffentlichen Raum schwierig.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) warnt vor Einlasskontrollen: „Sie führen nur zu Menschenansammlungen in vorgelagerten Bereichen, die wiederum Ziel von terroristischen Attentaten sein können.“ Auch EU-Kommissarin Bulc glaubt, dass „das Terrorziel nur verschoben wird“. Andere Experten halten Kon­trollen vor den Terminals zudem für nicht realisierbar – und verweisen auf die Passagierzahl: Allein in Deutschland gibt es etwa 70 Millionen Fluggäste pro Jahr.

Checkpoints an den Zufahrtsstraßen Schon zwei oder drei Kilometer vor dem Flughafen winken Polizisten einzelne Fahrzeuge heraus, sprechen mit den Insassen, durchsuchen das Gepäck. So sollen Terroristen schon vor dem Flughafen herausgefischt werden.

Ansgar Heveling, Vorsitzender des Innenausschusses, kann der Methode etwas abgewinnen. „Stichprobenartige Kontrollen auf den Zufahrtsstraßen von Flughäfen halte ich für machbar und hilfreich“, sagte der CDU-Politiker dieser Zeitung. In Grenznähe erfolgten solche Kontrollen ja auch bereits im Straßenverkehr. „Sie würden für Terroristen das Risiko erheblich erhöhe, entdeckt zu werden.“

Rainer Wendt, Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), warnt jedoch vor diesen Zufahrtskontrollen. „Je mehr Kontrollstellen es gibt, desto weniger Sicherheit gibt es“, sagte Wendt. „Denn jeder Sicherheitsdienst verlässt sich auf den davor gelagerten Sicherheitsdienst.“ Zudem empfänden Passagiere durch mehrere Kontrollpunkte ein Unsicherheitsgefühl.

Beobachtung auffälliger Passagiere Speziell geschultes Personal pflückt sich aus der Masse der Passagiere diejenigen heraus, die in das Täterprofil passen. Die Profiler stellen diesen Fluggästen Fragen, etwa nach ihrem Reiseweg, wen sie im Urlaub getroffen haben oder wer den Koffer gepackt hat. Andere Profiler arbeiten verdeckt.

Diese Methode wird unter anderem in Israel angewendet – und hat auch in Deutschland Befürworter. Jörg Radek hält diesen Ansatz für „überlegenswert“. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann plädiert für verstärkte punktuelle Personen- und Gepäckkontrollen im Flughafen. „Solche Kontrollen wären ein echter Sicherheitsgewinn“, sagte Herrmann dieser Zeitung. „Sie würden auch das Sicherheitsgefühl der Menschen stärken.“

Besser ausgebildetes Sicherheitspersonal Im Jahr 1992 wurde die Personenkontrolle in deutschen Flughäfen privatisiert. Seitdem sind Angestellte von privaten Firmen wie etwa Securitas für die Sicherheit zuständig, sitzen an den Gepäckscannern und durchsuchen die Passagiere.

Sicherheitsexperte Radek plädiert jedoch dafür, dass die Personenkontrolle an Flughäfen der Bundespolizei übertragen wird. „Die Bundespolizei könnte Luftsicherheitsassistenten einstellen, ausbilden und weiterbilden“, sagte Radek. So würde mehr Sicherheit entstehen. „Für Sicherheitsfirmen, in denen es eine hohe Personalfluktuation gibt, steht hingegen Gewinnmaximierung an erster Stelle“, sagte Radek. Das gehe auf Kosten der Sicherheit. Radek sieht zudem ein „Behördenwirrwarr“: So sei zum Beispiel in Berlin der Senator für Umwelt und Stadtentwicklung zuständig für die Frachtkontrolle der Flughäfen.

Auch Rainer Wendt fordert mehr Qualität statt Quantität. „Angestellte der Polizei sollten in den Flughäfen für die Personenkontrolle zuständig sein“, sagte Wendt. So sei auch eine höhere Identifikation mit der Arbeit erreichbar: „Ein Polizeimitarbeiter, der eine gute Weiterbildung erhält, über längere Zeit an einem Flughafen arbeitet und in seinem Beruf eine Perspektive sieht, bekommt eine besondere Bindung zu seiner Aufgabe.“