Berlin/Erfurt. Die Bundesregierung hat 30 Jahre nach dem GAU von Tschernobyl eine Kostenbilanz gezogen. Zum Teil dauern die Zahlungen immer noch an.

Knapp 30 Jahre nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl vom 26. April 1986 hat die Bundesregierung auf Anfrage der Grünen im Bundestag eine Schadensbilanz über die entstandenen Kosten gezogen, allerdings ohne eine Gesamtschadenssumme ermitteln zu können. „Die Gesamtsumme der aufgrund des Reaktorunfalls von Tschernobyl für Deutschland entstandenen Kosten ist nicht exakt zu beziffern“, schreibt das Bundesumweltministerium in seiner Antwort, aus der die „Thüringer Allgemeine“ (Freitagsausgabe) zitiert. Insbesondere seien die Kosten für Unternehmen und Privatpersonen, die aus dem Unfall herrührten, über einen Zeitraum von 30 Jahren nicht ermittelbar.

Dennoch schlüsselt die Bundesregierung Kosten für den Bund in Höhe von rund 370 Millionen Euro auf, die direkt mit dem Atomunfall in Verbindung stehen. Enthalten sind darin die Ausgaben für die Schutzhülle, die um den zerstörten Reaktorblock errichtet wird. In den dafür eingerichteten internationalen Fonds hat Deutschland bislang 97 Millionen Euro eingezahlt. Weitere 26 Millionen flossen in einen Fonds zur Behandlung radioaktiver Abfälle. Für beide Fonds gemeinsam hat die Bundesregierung bereits weitere 19 Millionen Euro zugesichert.

200 Millionen Euro für geschädigte Landwirte

Für Strahlenmessungen in der Ukraine, Weißrussland und Russland wurden knapp sieben Millionen Euro ausgegeben. Die Dekontamination von verseuchtem Molkepulver in den Jahren nach der Katastrophe kostete den Bund etwa 34 Millionen Euro. Weitere rund 200 Millionen Euro sind zwischen 1986 und 1995 an Entschädigungen und Ausgleichszahlungen für vernichtete Lebens- und Futtermittel an Landwirte gezahlt worden.

„Die Summe ist nur die Spitze des Eisbergs. Die Zahlen zeigen die ungeheure Dimension auf, die von den Folgen eines Super-GAUs in über tausend Kilometern ausgeht und über Zeit und Raum andauert“, erklärten die Grünen-Abgeordneten Sylvia Kotting-Uhl und Bärbel Höhn, die die Anfrage gestellt hatten, gegenüber der „Thüringer Allgemeine“.

Seit 1996 werden die Ausgleichszahlungen für kontaminiertes Wildbret durch den Bund gesondert erfasst. Wie aus der Aufstellung des Bundesumweltministeriums hervorgeht, ist die Summe in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen. 2015 wurde mit 918.000 Euro ein neuer Höchststand erreicht. Zum Vergleich: 2006 betrug die Höhe der jährlichen Ausgleichszahlungen 240.000 Euro, 1996 sogar nur 5000 Euro. (TA)