Brüssel. Tote und Verletzte bei Explosionen in Brüssel: Fahnder finden eine IS-Flagge und eine Bombe bei einer Razzia. Die Fakten im Überblick.

Bei mehreren Explosionen in der belgischen Hauptstadt Brüssel sind am Dienstag Dutzende Menschen getötet und Hunderte verletzt worden. Was wir bisher wissen:

• Was ist passiert?

Bei Explosionen am Flughafen Zaventem und in der U-Bahn von Brüssel sind am Dienstag mindestens 31 Menschen getötet und viele verletzt worden. Am Flughafen ereigneten sich gegen 8 Uhr nacheinander zwei Explosionen. Um 9.11 Uhr detonierte eine Bombe in der Metro-Station Maelbeek im EU-Viertel von Brüssel.

Am Vormittag gab es eine weitere Explosion nahe der Rue de la Loi, in der Nähe der U-Bahnstation Maelbeek. Nach Behördenangaben handelte es sich um eine kontrollierte Sprengung.

Am späten Dienstagnachmittag war im Gebäude des Flughafens eine dritte Bombe gefunden und entschärft worden. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Brüssel enthielt sie den meisten Sprengstoff.

• Wie viele Menschen wurden getötet und verletzt?

Auch am Tag nach den Anschlägen ist das nicht klar. Noch sind nicht alle Opfer identifiziert. Die Staatsanwaltschaft Brüssel ging am Mittwoch von mindestens 31 Toten und mehr als 300 Verletzten aus. Die Zahlen könnten sich allerdings noch erhöhen.

Die Opfer kamen nach Angaben des belgischen Außenministers Didier Reynders aus etwa 40 Nationen. Das Auswärtige Amt schloss am Mittwoch auch nicht mehr aus, dass Bundesbürger getötet wurden. Mindestens ein Mann mit deutscher Staatsbürgerschaft erlitt schwere Verletzungen. Ein Sprecher des Auswärtigen Amts sagte: „Wir müssen leider bestätigen, dass unter den bei dem Terroranschlag verletzten Personen auch deutsche Staatsangehörige sind, darunter mindestens eine schwer verletzte Person.“ Eine Frau aus Aachen wird vermisst.

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• Wer ist verantwortlich für die Anschläge?

Der Verdacht richtet sich vor allem gegen ein Trio am Flughafen und einen weiteren Mann: ein Bruderpaar udn ein weiterer Mann, die sich mutmaßlich in die Luft sprengten. Am Flughafen soll ein Mann entkommen sein, nach ihm wird gesucht.

Ein Selbstmord-Attentäter vom Flughafen soll nach Angaben der Staatsanwaltschaft Brüssel Ibrahim El Bakraoui gewesen sein. Der Terrorist, der in der Metro-Station Maelbeek eine Bombe zündete, war demnach sein Bruder Khalid. Die Ermittler haben ein Testament von Ibrahim El Bakraoui gefunden.

Die Orte der Anschläge in Brüssel.
Die Orte der Anschläge in Brüssel. © dpa-infografik | dpa-infografik GmbH

Khalid El Bakraoui hatte offenbar unter falscher Identität eine Wohnung in Brüssel angemietet, wo es bereits am Dienstag vergangener Woche bei einer Hausdurchsuchung zu einer Schießerei mit der Polizei kam.

Am Flughafen soll auch der bereits bekannte Terrorverdächtige Najim Laachraoui in die Attentate verstrickt gewesen sein. Am Mittwochabend berichtete der Sender RTBF, der seit Tagen gesuchte Laachraoui sei tot. Er sei einer der Selbstmordattentäter am Flughafen gewesen.

Der 24-Jährige stammt aus dem Brüsseler Stadtteil Schaerbeek. Der mutmaßliche Dschihadist soll im Februar 2013 nach Syrien gereist sein. Anfang September 2015 geriet er – mit falscher Identität unter dem Namen Soufiane Kayal – zusammen mit Salah Abdeslam und Mohamed Belkaid in eine Kontrolle an der Grenze zwischen Ungarn und Österreich. Laachraouis DNA soll auf Sprengstoff gefunden worden sein, der bei den Anschlägen in Paris verwendet wurde.

Am Dienstagnachmittag hatte sich die „Terrormiliz Islamischer Staat“ (IS) zu den Anschlägen bekannt. In der Stellungnahme heißt es, mehrere „Soldaten des Kalifats“ hätten mit Sprengstoffgürteln und Sprengkörpern den „Kreuzfahrerstaat Belgien“ angegriffen. Dieser höre nicht auf, den Islam zu bekämpfen. Zuvor hatte bereits die dem IS nahestehende Nachrichtenagentur Amaq gemeldet, der IS bekenne sich zu der Terrorserie von Brüssel.

Gibt es einen Zusammenhang zur Terrorserie in Paris?

Einiges deutet darauf hin: der Ablauf der Taten, der Sprengstoff, die Tatorte. DNA von Najim Laachraoui wurde an Sprengstoff in Paris gefunden. Die Wohnung, die Khalid El Bakraoui unter falschem Namen angemietet hatte, soll zur Vorbereitung der Anschläge mit 130 Toten im November in Paris genutzt worden sein. Die Brüder waren wegen verschiedener Delikte polizeibekannt, standen aber nicht unter Terrorverdacht.

Wenige Tage vor den Explosionen war in Brüssel der französische Staatsbürger Salah Abdeslam in Belgien festgenommen worden. Er hatte in Brüssel gelebt, war auch mit Laachraoui gereist. Mutmaßliche Komplizen Abdeslams sind weiter auf der Flucht. Zu den Anschlägen in der französischen Hauptstadt hatte sich ebenfalls der IS bekannt.

• Wie ist der Stand der Fahndung?

Die belgischen Fahnder hatten am Dienstagabend in mehreren Orten in Belgien Wohnungen durchsucht. Die Ermittler gehen davon aus, dass sich die beiden offenbar als Khalid und Brahim El Bakraoui identifizierten Brüder am Flughafen in die Luft sprengten. Einen dritten Mann hat die Polizei zuvor zur Fahndung ausgeschrieben. Auf Twitter veröffentlichte die belgische Polizei ein Foto, mit dem sie nach einem Verdächtigen des Anschlags am Flughafen sucht.

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Die Polizei hat am Mittwochvormittag einen Verdächtigen festgenommen. Dabei soll es sich jedoch nicht um den Mann handeln, nach dem seit Dienstag mit einem Bild aus einer Überwachungskamera am Flughafen gesucht wird.

Nach dem dritten Mann vom Foto wird weiter gefahndet, teilte die Staatsanwaltschaft am Mittwochmittag mit.

Bei Hausdurchsuchungen in Brüssel fanden Fahnder eine Flagge der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), einen Sprengsatz mit Nägeln und chemische Substanzen. Die Durchsuchungen hätten in der nordöstlichen Stadtgemeinde Schaerbeek stattgefunden. Ein Taxifahrer hatte die Ermittler laut eines Berichts des Senders VRT auf die Spur des Verstecks der mutmaßlichen Attentäter gebracht. Der Mann habe die Verdächtigen mit seinem Wagen von einer Wohnung in der Brüsseler Gemeinde Schaerbeek abgeholt und zum Flughafen gefahren, hieß es am Dienstagabend. Dabei sei ihm aufgefallen, dass die Fahrgäste sich nicht mit dem Gepäck helfen lassen wollten.

In der Abflughalle des Flughafens war nach einem Bericht der Nachrichtenagentur Belga eine Kalaschnikow gefunden worden. Die Waffe habe neben dem toten Attentäter gelegen. Belga verwies auf eine gut informierte Quelle, eine offizielle Bestätigung gab es nicht.

Am Donnerstag hat es belgischen Medienberichten zufolge weitere Razzien gegeben. Wie der Sender VRT berichtete, wurden sechs Verdächtige in der belgischen Hauptstadt festgenommen. Über deren Identität sei noch nichts bekannt.

• Wie ist die Lage aktuell?

Weiterhin gilt Terrorstufe 4: Sie war am Dienstag nach den Anschlägen auf das höchstmögliche Niveau angehoben worden. Damit sehen die Behörden eine „sehr ernste“ Bedrohung durch unmittelbar bevorstehende Anschläge. Das war zuletzt im November 2015 der Fall. Eine Woche nach Anschlägen in Paris mit 130 Todesopfern hatte es damals konkrete Gefahrenhinweise für die Region Brüssel gegeben.

Das öffentliche Leben funktionierte am Mittwochmittag halbwegs wieder. Aber das ganze Land trauert. Um 12 Uhr gab es eine landesweite Schweigeminute. Bis Karfreitag ist noch offiziell Staatstrauer, die Flaggen wehen auf halbmast.

Die Metro-Station Maelbeek wird vermutlich noch mehrere Wochen geschlossen bleiben. Die Ermittlungen vor Ort liefen noch, die Mitarbeiter hatten keinen Zugang; nach Angaben der Staatsanwaltschaft werden die Ermittler noch tagelang Beweismaterial sichern müssen. Der öffentliche Nahverkehr war am Dienstag nach den Anschlägen komplett eingestellt worden und am Abend langsam wieder angelaufen.

Der Flughafen bleibt bis Freitag geschlossen.

Im Bahnverkehr von und nach Brüssel sind am Mittwoch noch Züge ausgefallen. Grundsätzlich sollte der Schienenverkehr am Mittwoch nach Angaben der belgischen Bahngesellschaft SNCB-NMBS wieder weitgehend normal laufen.

Das für Dienstag geplante Fußball-Länderspiel zwischen Belgien und Portugal wurde aus Sicherheitsgründen zunächst abgesagt, wird nun in Portugal ausgetragen.

Für etwa 1500 Reisende, die nach den Anschlägen am Brüsseler Flughafen festsaßen, waren am Dienstagabend Massenunterkünfte mit Feldbetten eingerichtet worden, berichtete die Nachrichtenagentur Belga.

Die Nato hat die Sicherheitsvorkehrungen in ihrem Hauptquartier in Brüssel verschärft. Auch der Schutz der Zentrale der EU ist verstärkt worden.

Die belgischen Atomkraftwerke an den Standorten Doel und Tihange haben ihr Personal auf ein Minimum reduziert. Die Kraftwerke erzeugen weiterhin Strom.

Die belgische Nachrichtenagentur Belga berichtete, die Regierung habe am Dienstag 225 zusätzliche Soldaten nach Brüssel beordert. Das Rote Kreuz bat um Blutspenden für die Verletzten.

• Welche Auswirkungen hat die Lage auf Deutschland?

Nach den Terroranschlägen in Brüssel hat das Auswärtige Amt in Berlin zu besonderer Vorsicht geraten. In einem Sicherheitshinweis heißt es: „Reisende in Brüssel werden dringend gebeten, sich in der Stadt nur mit erhöhter Aufmerksamkeit und Wachsamkeit zu bewegen.“ Größere Menschenansammlungen sollten gemieden werden.

Die Sorge vor einem Anschlag auf deutschem Boden ist anhaltend hoch – aber das ist schon seit Monaten so. Nach Angaben von Bundesinnenminister Thomas de Maizière gibt es aber keine Hinweise auf einen „Deutschland-Bezug“. Er beschrieb die Situation in Deutschland dennoch mit drastischen Worten: „Die Lage ist ernst, sie ist bitterernst“, sagte er in einem ARD-„Brennpunkt“ . Nach den Anschlägen seien die entsprechenden Alarmpläne in Deutschland ausgelöst und die Sicherheitsmaßnahmen hochgefahren worden. Als Konsequenz aus den Terroranschlägen in Brüssel hat de Maizière seine Forderung nach einem besseren Austausch sicherheitsrelevanter Daten in Europa bekräftigt.

Die Bundespolizei hatte am Dienstag nach den Anschlägen ihre Maßnahmen an den deutschen Grenzen verstärkt, insbesondere zu Belgien, Frankreich, Niederlande und Luxemburg.

• Wie trifft es deutsche Reisende?

Passagiere von Airlines des Lufthansa-Konzerns können in den nächsten Tagen geplante Flüge nach Brüssel absagen. Flugtickets in die belgische Hauptstadt bis zum 28. März (Ostermontag) könnten kostenlos storniert oder umgebucht werden, sagt eine Lufthansa-Sprecherin. Zu den betroffenen Fluglinien gehören neben der Lufthansa Swiss, Austrian, Brussels Airlines und Eurowings. (dpa/rtr)