Berlin . Schwere Niederlagen für die CDU. Doch am Ende könnte sie an mehr Landesregierungen beteiligt sein als vorher. Im Bund wird es schwer.

„Oh“ – ein Stöhnen geht durch den Saal im Konrad-Adenauer-Haus. Gerade war das Wahlergebnis der Alternative für Deutschland (AfD) in Sachsen-Anhalt bekannt geworden. Ihr Erfolg am Sonntag – in allen drei Ländern – und die Niederlage der CDU hängen zusammen. Und die naheliegendste Erklärung dafür lautet: Es lag an der Flüchtlingspolitik der CDU-Kanzlerin.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) rät gleichwohl von einer Abkehr ab. Bei den Landtagswahlen hätten mehr als 80 Prozent der Bürger für Parteien gestimmt, „die eine europäische Lösung der Flüchtlingsfrage befürworten und den Kurs der Kanzlerin unterstützen“, sagte sie unserer Redaktion. CSU-Chef Horst Seehofer wird es mit Grausen hören. Oft genug hatte er vor Protestwahlen gewarnt. An der Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel liegt es nun, ihre Partei aufzufangen und Schadensbegrenzung zu betreiben. Zwei Ergebnisse sind schier trostlos: Im Ländle Platz zwei hinter den Grünen und in Mainz die Verluste für Julia Klöckner, die auch stellvertretende Bundesvorsitzende ist und als Liebling der Christdemokraten gilt. „Bitter“ ist nach den Worten von der Leyens erst recht der Erfolg der AfD. „Trotzdem wird es in den Landtagen einfacher, die dumpfe Dagegenpolitik der AfD zu entlarven“, macht sie Mut. „Das wird eine Aufgabe für alle Parteien, nicht nur für die CDU“, mahnt sie.

Unterm Strich könnte die CDU sogar gewinnen

Merkel hatte den Wahlsonntag zu Hause in Berlin verbracht. Spitzenpolitiker bekommen meist gegen etwa 16 Uhr erste Hinweise von den Demoskopen. Merkel hatte Zeit, mit ihren Spitzenkandidaten und Vertrauten zu telefonieren und SMS auszutauschen. Im Konrad-Adenauer-Haus ließ Merkel sich nicht blicken, wie immer bei Landtagswahlen.

Die Aufarbeitung von solchen Ergebnissen folgt einem Muster: Trauerarbeit wie am Sonntagabend, Schuldzuweisungen (am Montag?), Blick nach vorn. Merkels Rat an ihre Partei steht fest: Für die CDU kam kein Traumergebnis zustande, doch dürfe sie die Chance auf das Regieren nicht verspielen. Anders gesagt: Bitte keine Selbstbeschäftigung. In Rheinland-Pfalz wie Baden-Württemberg kann die CDU Juniorpartner werden, hier der SPD, dort der Grünen. In Sachsen-Anhalt ist eine Mehrheitsbildung ohne CDU-Ministerpräsident Reiner Haseloff unmöglich. So paradox es nach den Verlusten klingen mag: Bisher regierte die CDU nur in Sachsen-Anhalt, künftig womöglich in zwei oder in allen drei Ländern. Das geben die Zahlen durchaus her.

Es wird eine turbulente Woche

Keine andere Partei reagiert auf Konkurrenz von rechts so panisch wie die CSU. Ihr Selbstbewusstsein zieht sie aus ihren absoluten Mehrheiten in Bayern; und das ist im Freistaat fast unmöglich, wenn sich rechts von der Union eine Kraft etabliert. Auch viele CDU-Politiker kommen ins Grübeln. Sie rätseln darüber, wie sich die AfD verorten wird: ob sie sich als Antisystempartei etablieren kann. Grundsätzlich ändert sich erst mal wenig. Merkels Partei will mit der AfD nicht zusammenarbeiten: keine Koalition, auch keine Duldung.

Mit Seehofer trifft sich Merkel am Mittwoch. Es wird eine turbulente Woche. Am Donnerstag halten die Ministerpräsidenten der Länder Rat. Zeitgleich kämpft die Kanzlerin auf einem EU-Gipfel für ihre Flüchtlingspolitik. Ob diese Woche die Wende bringen wird. Merkel muss einkalkulieren, dass sich vorher einige in Berlin von ihr abwenden werden, heute in der CDU-Spitze, morgen in der Fraktion. Für Merkel wird das Regieren jetzt noch schwerer.