Berlin . Sie ziehen in drei Landesparlamente. Doch die Rechtspopulisten von der AfD denken nach ihren Wahlerfolgen gar nicht ans Regieren.

Beatrix von Storch steht vor der Kamera. Neben der Vize-Bundesvorsitzenden der AfD zieht der kalte Berliner Winterwind durch das Loch in der Fensterscheibe, Splitter liegen auf der Fensterbank. Vermummte hatten laut Polizei am Morgen die Scheibe des kleinen Hotels im Berliner Osten eingeschmissen. Jetzt redet im Saal des Hotels niemand mehr über den Protest der Gegner. Worüber von Storch und die 200 AfD-Mitglieder gerne sprechen, ist ihr Wahlerfolg. „Historisch“, sagt Mann, der aus Hamburg angereist ist. „Das ist super!“, sagt ein Berliner AfD-Mitglied. Und Beatrix von Storch sagt in die Fernsehkamera: „Die AfD ist in den Parlamenten angekommen.“

In allen drei Bundesländern ist die „Alternative für Deutschland“ mit starken Ergebnissen in die Landtage eingezogen. In Sachsen-Anhalt ist sie sogar zweitstärkste Partei geworden. Als auf der Leinwand im Saal des Hotels im Berliner Stadtteil Hohenschönhausen die erste Prognose auftaucht, jubeln sie los. „Ah-Ef-De!“, rufen die vielen Männer und die wenigen Frauen. Und: „Merkel muss weg!“ Es ist der Soundtrack dieser Partei. Gleich soll AfD-Chefin Frauke Petry auftreten.

„Ausdruck einer Flüchtlingsfeindlichkeit“

Mit einer Mischung aus Protest und Kritik an der Asylpolitik der Regierung habe die AfD Wahlkampf betrieben, sagt der Berliner Politologe Hajo Funke nach der Wahl unserer Redaktion. „Ihr Erfolg ist auch Ausdruck einer Flüchtlingsfeindlichkeit und Islamfeindlichkeit in der Partei und in Teilen der Bevölkerung.“ Dass die Krise für den Aufstieg der Partei entscheidend war, sagen selbst Mitglieder auf der Wahlparty in Berlin.

Mit jedem Gipfel, der scheiterte, mit jedem Streit innerhalb der Union und der schwarz-roten Regierung über den Kurs in der Asylpolitik wuchs die Anhängerschaft der Rechtspopulisten. Die Parteispitze befeuerte die Debatte immer wieder mit radikalen Vorstößen. Petry und von Storch verlangten im äußersten Notfall den Einsatz von Schusswaffen an der Grenze gehen geflohene Menschen, Partei-Vize Alexander Gauland verglich die Zuwanderer von heute mit den „Barbaren“ im alten Rom, die den Limes überrannten. Auch dafür gab es Jubel von Anhängern.

Jetzt in acht Landtagen

Jetzt gibt es in einem Berliner Hotel Jubel für Frauke Petry. Sie steht auf der kleinen Bühne, hinter ihr auf der Leinwand wächst der blaue AfD-Balken. Er zeigt, wie viele Sitze die Partei in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt bekommt. Es sind viele. „Frauke! Frauke!“, rufen sie im Saal. Gemeinsam mit Gauland verkörpert Petry den Erfolg der AfD. „Wir befinden uns auf der Siegerstraße“, sagt sie. Viele knipsen an diesem Abend ein Handyfoto mit ihrer Parteichefin.

Die AfD sei „kein Profiteur dieser Flüchtlingskrise“, sagt Petry im Gespräch mit unserer Redaktion. „Es ist die alleinige Verantwortung der Bundesregierung, dass das Thema Asyl den Wahlkampf dominiert hat. Die Politik der Regierung hat hier versagt.“ Trotz der hohen Wahlergebnisse wolle sich die AfD auf die Arbeit in der Opposition konzentrieren. „Wir sind der Meinung, dass die deutschen Parlamente eine starke Opposition brauchen.“ Alle anderen Parteien hatten schon vor der Wahl eine Kooperation mit der AfD abgelehnt.

Die AfD ist jetzt in acht Landtagen – und nun auch stark im Westen vertreten. Im Herbst sind Wahlen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern. Politologe Funke sagt: „Es braucht nun ein Zusammenraufen aller demokratischen Parteien und schnelle Lösungen bei der Flüchtlingsherausforderungen. Jeder Zwist in der Koalition macht die AfD stärker.“ Ebbe die Debatte um die Asylpolitik ab, würde auch die Zustimmung für die Rechtspopulisten wieder sinken.