Idomeni/Athen. Norbert Blüm kritisiert die Zustände im Flüchtlingscamp Idomeni scharf. Um ein Zeichen zu setzen, übernachtet er dort – in einem Zelt.

Der ehemalige deutsche Arbeits- und Sozialminister Norbert Blüm (80) hat die miserablen Zustände im griechischen Flüchtlingscamp Idomeni als „Anschlag auf die Menschlichkeit“ bezeichnet. „Diese Art von Brutalität ist unwürdig der europäischen Kultur“, sagte er am Samstag bei seinem Besuch des Lagers. „Es ist eine Kulturschande.“

Am Tag zuvor haben griechische Ärzte bei einem neun Jahre alten syrischen Flüchtlingskind die Infektionskrankheit Hepatitis A diagnostiziert. Das teilte der griechische Flüchtlings-Krisenstab am Samstag mit. Das Kind werde in einem Krankenhaus in der nordgriechischen Hafenstadt Thessaloniki behandelt, sein Zustand sei stabil. Das Hepatitis-A-Virus kann eine akute Leberentzündung verursachen. Es bestehe keine Gefahr für die griechische Bevölkerung, heißt es in der Mitteilung weiter. Das Virus wird vornehmlich durch verunreinigtes Trinkwasser übertragen.

Blüm will die Nacht zum Sonntag bei den Flüchtlingen verbringen

Norbert Blüm kritisierte indes Österreich und andere mittel- und osteuropäische EU-Länder, die sich aktiv dafür eingesetzt hatten, dass die Grenzen entlang der Balkanroute für Flüchtlinge geschlossen wurden. „Was ist das eigentlich für eine Lösung? Die ziehen sich bequem zurück und sagen, Griechenland soll damit zurechtkommen“, sagte er. Sein Europa sei das nicht. Blüm stellte am Samstag ein eigenes Zelt neben die Behausungen von Flüchtlingen, in dem er die Nacht zum Sonntag verbringen wollte. Bei der Besichtigung eines Großzeltes auf dem Gelände scharten sich Menschen um ihn und riefen: „Thank you, Germany!“ (Danke, Deutschland!)

In Griechenland sitzen wegen der Grenzsperren weiter nördlich mehr als 40.000 Migranten fest, davon 12.000 allein im improvisierten Lager Idomeni, das unmittelbar an der Grenze zu Mazedonien liegt. (dpa)