Hannover. Schummelei in der Doktorarbeit von Verteidigungsministerin von der Leyen? Eine Bestätigung muss nicht das Ende ihrer Karriere sein.

In der Plagiatsaffäre um die Doktorarbeit von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) soll an diesem Mittwoch eine Entscheidung fallen. Der Senat der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) will abschließend darüber beraten, ob von der Leyen der Doktortitel entzogen wird. Das teilte die MHH in Hannover mit. Die entscheidende Sitzung sollte um 14.15 Uhr beginnen. Für 18 Uhr wurde eine Pressekonferenz angekündigt, deren Live-Übertragung wir hier zeigen:

Und von der Leyen? Die hält sich gerade in den USA auf. Am Mittwochabend soll sie eine Rede an der Universität Stanford halten, wo sie in den 90er Jahren als Gasthörerin Veranstaltungen besuchte.

Ursula von der Leyen ist derzeit in den USA. Am Dienstag wurde sie dort von Verteidigungsminister Ashton Carter begrüßt.
Ursula von der Leyen ist derzeit in den USA. Am Dienstag wurde sie dort von Verteidigungsminister Ashton Carter begrüßt. © dpa | Shawn Thew

Plagiatsjäger werfen von der Leyen schwere Regelverstöße in ihrer 1990 erschienenen medizinischen Doktorarbeit vor. Auf der Internetseite Vroniplag Wiki ist von Plagiatsfundstellen auf 27 von 62 Seiten der Dissertation die Rede. Von der Leyen streitet die Vorwürfe ab. Sie selbst bat ihre frühere Hochschule im August um eine Überprüfung der Arbeit.

Bei einem Entzug des Doktortitels steht die politische Karriere der 58-Jährigen auf dem Spiel. Vor ihr haben drei Spitzenpolitiker Konsequenzen aus dem Verlust des Doktortitels gezogen und sind zurückgetreten. Der erste war Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) vor ziemlich genau fünf Jahren. Es gibt umgekehrt auf Bundesebene keinen Spitzenpolitiker, der nach Entzug des Doktortitels im Amt blieb.

Merkel stützt von der Leyen

Von der Leyen könnte aber die erste sein. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stärkte ihr am Dienstag über ihren Regierungssprecher Steffen Seibert vorsorglich den Rücken. Auf die Frage, ob die Ministerin auch ohne Doktortitel noch das Vertrauen der Kanzlerin habe, sagte er: „Selbstverständlich. Die Ministerin ist eine hervorragende Verteidigungsministerin, was man gerade in diesen Tagen wieder beim Zustandekommen der Nato-Aktivitäten in der Ägäis gesehen hat.“

Das hört sich sehr stark danach an, dass sie im Amt bleiben soll – so oder so. Gegen einen Rücktritt spricht die dünne Personaldecke der CDU für Spitzenposten. Von der Leyen wurde in den vergangenen beiden Jahren an erster oder zweiter Stelle genannt, wenn es um die Nachfolge von Kanzlerin Merkel ging. Zudem dürfte die CDU-Chefin Merkel kaum ein Interesse daran haben, angesichts der massiven Verluste ihrer Partei in den Umfragen wegen der Flüchtlingskrise eine weitere Baustelle aufzumachen.

Vorbildfunktion für die Truppe

Die Medizinische Hochschule Hannover hat die Doktorarbeit von Ursula von der Leyen unter die Lupe genommen. An diesem Mittwoch verkündet sie das Ergebnis.
Die Medizinische Hochschule Hannover hat die Doktorarbeit von Ursula von der Leyen unter die Lupe genommen. An diesem Mittwoch verkündet sie das Ergebnis. © dpa | Julian Stratenschulte

Andererseits wird von der Leyen schon bei einer Rüge der Hochschule ein Problem mit ihrer Vorbildfunktion bekommen. Für einen Soldaten kann mangelnde Sorgfalt im schlimmsten Fall tödlich sein. Außerdem ist von der Leyen auch für die Universitäten der Bundeswehr zuständig.

Die Ministerin wird von der Entscheidung über ihren Doktortitel in den USA erfahren. Journalisten hat sie auf die dreitägige Reise nicht mitgenommen, was extrem ungewöhnlich ist. Auf ihrem Reiseprogramm stand am Mittwochabend ausgerechnet ein Termin an der Elite-Universität im kalifornischen Stanford, in der Nähe von San Francisco.

Dort hat sie von 1992 bis 1996 gelebt und 1993 als Gasthörerin Veranstaltungen an der medizinischen Fakultät besucht. Die Zeit in Stanford ist ihr bis heute so wichtig, dass sich dazu drei Einträge in ihrem offiziellen Lebenslauf finden.

Damals hatte von der Leyen gerade ihren Doktortitel erlangt. In der Einladung des Europa-Zentrums der Uni Stanford zu ihrem sicherheitspolitischen Vortrag ist der akademische Grad auch ausdrücklich erwähnt. Ob sie den noch hat, wenn sie aus Stanford zurückkehrt, wird in Hannover entschieden. (dpa)