Idomeni. Die Grenze ist zu, der Himmel öffnet die Schleusen. In Idomeni an der Grenze warten immer mehr Menschen, dass es irgendwie weitergeht.

Mit der faktischen Schließung der Balkanroute nach Westeuropa wird die Lage der Flüchtlinge in Griechenland immer dramatischer. Rund 10.000 Menschen säßen derzeit bei Regen und Kälte allein in der griechischen Ortschaft Idomeni an der Grenze zu Mazedonien fest, sagte die für Hilfseinsätze zuständige Mitarbeiterin der Organisation „Ärzte ohne Grenzen“, Constance Theisen, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Andere Organisationen sprechen von bis zu 14.000 Menschen, der Krisenstab schätzt die Zahl auf rund 8550 Migranten.

„Ärzte ohne Grenzen“ twitterte Eindrücke aus dem Lager, versehen mit dem Kommentar: „Es ist sehr unwirtlich in Idomeni heute, aber, ernsthaft, Europa: Die Flüchtlinge werden nicht wegbleiben, weil ihr sie im Regen stehen lasst.“

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Das griechische Fernsehen zeigte Menschen, die mit bloßen Händen versuchten, das Wasser aus ihren kleinen Kuppelzelten heraus zu leiten. Andere zündeten Feuer an und hielten die durchnässten Kleider ihrer Kinder drüber, um sie zu trocknen.

Verzweiflung und Deutschland-Fahnen

Der Grenzübergang nach Mazedonien ist seit Montag geschlossen. Neuen Regeln zufolge dürften nun selbst Syrer, die aus derzeit weniger vom Krieg betroffenen Gebieten wie Damaskus, Latakia und Homs stammen, die Grenze nicht mehr überqueren. Zudem müssten die Flüchtlinge gültige Dokumente vorweisen, im Zweifel sogar ein Schengen-Visum. „Solche Papiere hat hier niemand“, sagte Theisen. Immer wieder zu sehen sind Fahnen aus Deutschland, dem Land, in das viele Menschen weiter Hoffnungen setzen. Während des Gipfels mit der Türkei hatten rund 200 verzweifelte Flüchtlinge ihre Sympathie für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ausgedrückt. Die Menschen riefen „Mama Merkel!“

Für die in dem provisorischen Lager bei Idomeni kampierenden Menschen gibt es dennoch keinen Weg zurück. „Wir werden bleiben, selbst wenn wir sterben“, sagt die 25-jährige Kadrija Dschasem aus dem syrischen Aleppo. Sie hält ein vier Monate altes Baby auf dem Arm. Das Kind brauche ärztliche Hilfe, sagte sie. „Öffnet bitte die Grenze, wenn auch nur für die Kinder.“

Auch in Athen demonstrierten am Mittwoch rund 500 überwiegend aus Afghanistan stammende Migranten lautstark für die Öffnung der Balkanroute nach Mitteleuropa. Sie verließen das Flüchtlingslager von Schisto in Piräus und marschierten nach Athen. „Macht die Grenze auf“ und „Wir sind auch Menschen“, skandierten sie.

Keine Alternative bei Räumung in Sicht

Berichte über eine bevorstehende Räumung des Camps in Idomeni konnte die Helferin nicht bestätigen. „Es gibt diesbezüglich keine Kommunikation zwischen den griechischen Behörden und uns“, sagte sie. Aber bei der Räumung des inoffiziellen Lagers im Dezember durch die Polizei seien die „Ärzte ohne Grenzen“, die dort weitere Unterkünfte, Toiletten und Waschräume aufstellen, auch vorab nicht informiert worden.

Wo die Flüchtlinge im Falle einer Evakuierung untergebracht werden können, ist unklar. „Alle griechischen Camps sind voll“, sagte Theisen. Und einige der neu eröffneten Unterkünfte wie das Elliniko-Lager auf dem Gelände eines ehemaligen Flughafens in Athen seien eine „Schande“. Vor allem Afghanen kampieren dort, angewiesen auf den Einsatz weniger freiwilliger Helfer. „Es gibt dort keine geschützten Bereiche, das bedeutet Gefahr vor allem für Frauen und Kinder“, sagte Theisen.

Griechenland erwartet bis zu 150.000 Gestrandete

Athen und der für die Migration zuständige EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos rechnen damit, dass bis zum Monatsende wegen der Schließung der Balkanroute mehr als 100.000 Menschen in Griechenland festsitzen werden. Der griechische Außenminister Nikos Kotzias erwartet bis zu 150.000 Flüchtlinge.

Seit Jahresbeginn und bis zum 7. März haben aus der Türkei mehr als 132.000 Migranten zu den griechischen Inseln übergesetzt. 38 Prozent davon waren Kinder, 22 Prozent Frauen und 40 Prozent Männer. Dies teilte das UN-Flüchtlingshilfswerk am Mittwoch mit. (epd/rtr/dpa/law)