Athen. Griechenland braucht dringend Geld, ist dabei aber mit Reformen im Verzug. Bei der nächsten Kreditrate geht es um 5,7 Milliarden Euro.

Nach vierwöchiger Pause werden die Vertreter der Geldgeber Griechenlands diese Woche in Athen zurückerwartet. Sie müssen die Reform- und Sparfortschritte prüfen, bevor weitere Kreditraten für das Krisenland genehmigt werden können. Die griechische Regierung hofft auf einen schnellen Abschluss. Denn in Athen wird das Geld bald knapp.

Der griechische Finanzminister Euklid Tsakalotos drängt zur Eile: „Es ist unser Ziel, die Verhandlungen so schnell wie möglich abzuschließen“, sagt Tsakalotos, „wir haben nicht endlos Zeit!“ Eigentlich sollte die Überprüfung des ersten Maßnahmenbündels des neuen Rettungspakets bereits im vergangenen Oktober abgeschlossen sein. Aber Griechenland ist mit den Reformschritten im Rückstand. Premierminister Alexis Tsipras selbst hat immer wieder erklärt, dass er an das dem Land „aufgezwungene“ Reform- und Sparprogramm „nicht glaubt“. Die Hängepartie erinnert an das erste Halbjahr 2015, als der neu gewählte Premier Alexis Tsipras über Monate mit den Geldgebern pokerte, sein Land damit an den Abgrund des Staatsbankrotts führte – und schließlich vor den Forderungen der EU-Kreditgeber kapitulieren musste.

201 Einzelmaßnahmen muss Griechenland bis 2018 umsetzen

Tsipras konnte sein Wahlversprechen, die verhasste Troika aus Athen zu vertreiben, nicht erfüllen. Inzwischen treten die Prüfer sogar zu viert an, als Quadriga, verstärkt um einen Vertreter des Euro-Stabilitätsfonds ESM, der die Hilfsgelder des dritten Rettungsprogramms bereitstellt. Nicht weniger als 201 Maßnahmen muss Griechenland im Rahmen des Programms in mehreren Schritten bis Mitte 2018 umsetzen. Vieles davon ist noch unerledigt. Bei der jetzt laufenden Prüfung hakt es vor allem bei fünf Themen: der mittelfristigen Finanzplanung bis 2018, der Rentenreform, dem neuen Steuergesetz, dem Regelwerk für die Konsolidierung notleidender Bankkredite und dem Aufbau eines neuen Treuhandfonds für die Privatisierungen.

Das heißeste Eisen aus Sicht der Regierung ist die Sanierung der Rentenkassen. Sie erfordert unpopuläre Einschnitte bei den Pensionsleistungen und höhere Beiträge. Die Rentenreformpläne haben in den vergangenen Wochen zu massiven Streiks und Protesten geführt. Auch in den Reihen der Regierungsabgeordneten gibt es starke Widerstände. Premierminister Alexis Tsipras verfügt im Parlament nur noch über eine hauchdünne Mehrheit von 153 der 300 Mandate. Die Abstimmung über das Rentenpaket könnte mithin über den Bestand seiner Regierung entscheiden.

EU will Belastungen durch Flüchtlinge berücksichtigen

Anders als vor einem Jahr, gehen die Verzögerungen bei der Prüfung diesmal allerdings nicht nur auf das Konto der Griechen. Auch die Vertreter der vier Institutionen – EU-Kommission, Europäische Zentralbank, Internationaler Währungsfonds (IWF) und ESM – sind sich untereinander uneins. Auch wenn es offiziell dementiert wird: Die EU will Griechenland mit Blick auf die Belastungen des Landes durch die Flüchtlingskrise bei den Sparauflagen entgegenkommen und ein höheres Haushaltsdefizit zugestehen. Demgegenüber fordert der IWF zusätzliche Einsparungen.

Dass die griechische Regierung es jetzt eilig hat, ist verständlich. Ein erfolgreicher Abschluss der Verhandlungen ist Voraussetzung für die Freigabe der nächsten Kreditrate. Es geht um 5,7 Milliarden Euro. Das Geld wird in Athen dringend benötigt. Griechenland muss in diesem Jahr insgesamt 12,52 Milliarden Euro für den Schuldendienst aufbringen. Davon entfallen fast 6,6 Milliarden auf Tilgungen und gut 5,9 Milliarden auf Zinsen. Im März werden 1,63 Milliarden Euro fällig. Dieses Geld kann Athen zwar noch zusammenkratzen. Im Juli muss der Finanzminister allerdings fast 3,7 Milliarden aufbringen, davon 2,3 Milliarden für fällige Staatsanleihen, die bei der Europäischen Zentralbank liegen, und 560 Millionen für Zinsen. An den IWF muss Griechenland im Juli für fällige Kredite 458 Millionen Euro überweisen. Ohne die nächste Kreditrate sind diese Zahlungsverpflichtungen nicht zu schaffen. Fließen die Hilfsgelder nicht rechtzeitig, droht Griechenland der Zahlungsausfall.