Shanghai . SPD-Chef Gabriel fordert in der Flüchtlingskrise die Abkehr vom Sparkurs und ein Sozialpaket. Finanzminister Schäuble lehnt das strikt ab.

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat den Vorschlag seines Kabinettskollegen und Koalitionspartners Sigmar Gabriel (SPD) nach einem Sozialpaket für Deutsche strikt abgelehnt. „Wenn wir Menschen, die in bitterer Not sind, nur noch helfen dürfen, weil wir anderen, die nicht in bitterer Not sind, das gleiche geben oder mehr, dann ist das erbarmungswürdig“, sagte Schäuble nach Ende des G20-Finanzministertreffens in Shanghai. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte Gabriels Vorstoß bereits zurückgewiesen.

Damit hat sich der Ton in der Koalition zwei Wochen vor den wichtigen Landtagswahlen in drei Bundesländern spürbar verschärft. Sowohl SPD als auch CDU drohen bei den Abstimmungen empfindliche Niederlagen. Gabriel hatte eine Abkehr vom strikten Sparkurs und eine stärkere soziale Förderung der deutschen Bevölkerung verlangt. Ein „neues Solidaritätsprojekt für unsere eigene Bevölkerung“ sei nötig. Haushaltsüberschüsse könnten nicht für unantastbar erklärt werden. Seit im vergangenen Jahr Hunderttausende Flüchtlinge nach Deutschland kamen, höre er immer wieder den Satz: „Für die macht ihr alles, für uns macht ihr nichts“, sagte Gabriel in der ZDF-Sendung „Maybrit Illner“. Dies sei „supergefährlich“.

Finanzpolitik der Regierung im Koalitionsvertrag vereinbart

Schäuble verwies darauf, dass die Finanzpolitik der Bundesregierung im Koalitionsvertrag vereinbart sei. „Das kann man nachlesen.“ Gabriel selbst habe kürzlich noch diese Finanzpolitik als Grund für die gute wirtschaftliche Lage Deutschlands gelobt. Davon nun abzurücken, um potenziellen Wählern zu helfen, „kann nicht die Meinung eines Vizekanzlers sein, sondern vielleicht die eines SPD-Wahlkämpfers“, so Schäuble. Er habe Mitleid mit der Lage Gabriels als Vorsitzender der SPD. In der Haushaltspolitik der Koalition bleibe es aber bei der vereinbarten Linie.

Schäuble hatte sich bereits in den vergangenen Tagen gegen umfassende Nachforderungen seiner Kabinettskollegen für den Haushalt 2017 zur Wehr gesetzt. Vor allem Sozialministerin Andrea Nahles (SPD) und Bauministerin Barbara Hendricks (SPD) hatten zusätzliche Mittel verlangt. Aber auch CDU-Ressorts stellen mit Blick auf die Flüchtlingskrise Nachforderungen.

Auch Seehofer lehnt Gabriel-Vorschlag ab

Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hat die Forderung von SPD-Chef Sigmar Gabriel wie auch Schäuble scharf kritisiert. „Was ist das für eine Schnapsidee“, sagte er nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa am Samstag bei einer Wahlkampfveranstaltung der rheinland-pfälzischen CDU in Ludwigshafen.

Die SPD hat sogar mit einem „Nein“ bei der Abstimmung zum Haushalt 2017 gedroht, wenn nicht zwischen drei und fünf Milliarden Euro für die Integration von Flüchtlingen ausgegeben werden. Das sagte SPD-Generalsekretärin Katarina Barley der „Rheinischen Post“. Die schwarze Null dürfe kein Dogma sein – die Haushaltsüberschüsse ließen zusätzliche Ausgabe auch zu. Das Geld werde benötigt für Einstiegsprogramme in den Arbeitsmarkt, für Sprachkurse, aber auch für den Wohnungsbau sowie für Schulen und Kitas.