Berlin. Ungarns Ministerpräsident Orban stellt sich in der Flüchtlingskrise weiter quer. An der deutschen Politik stört ihn auch der Tonfall.

Ungarns Regierungschefs Viktor Orban hat in der Debatte über die Flüchtlingskrise erneut gegen die deutsche Politik gewettert. „Der Ton aus Deutschland ist heute schroff, grob und aggressiv“, sagte Orban der „Bild“-Zeitung am Donnerstag. Ungarn sei den Deutschen aber nichts schuldig und werde ihnen „nicht alles nachmachen. Die deutsche Flüchtlingspolitik ist nicht alternativlos.“

Die Vereinbarungen zwischen der Türkei und EU in der Flüchtlingsfrage bedrohen aus Sicht des rechtskonservativen Ministerpräsidenten die Sicherheit Europas. Mit Blick auf den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan sagte Orban : „Wir betteln bei Herrn Erdogan – im Gegenzug für Geld und Versprechungen – demütig um Sicherheit für unsere Grenzen, weil wir uns nicht schützen können.“ Diese Politik mache „Europas Zukunft und Sicherheit abhängig vom Wohlwollen der Türkei“.

Die Türkei ist das wichtigste Transitland für Flüchtlinge auf dem Weg in die EU. Ein Aktionsplan mit der EU sieht unter anderem vor, dass die Türkei drei Milliarden Euro zur Versorgung syrischer Flüchtlinge erhält und dafür den Kampf gegen Schleuser in der Ägäis verstärkt.

Orban lässt Bürger abstimmen

Als „Illusion“ bezeichnete Orban das Vorhaben, mit Ankara eine Auf- und Rücknahme von Flüchtlingen zu vereinbaren. „Kein EU-Land will und kann das wirklich umsetzen“, sagte er der „Bild“. Orban hatte bereits erklärt, die Bürger seines Landes über die von der EU beschlossenen Quoten zur Verteilung von 160.000 Flüchtlingen abstimmen zu lassen. Ein Nein zur Aufnahme von Flüchtlingen gilt in Budapest auch angesichts der Formulierung als sicher. Geplant ist die Frage: „Wollen Sie, dass die Europäische Union die verbindliche Ansiedlung von nicht-ungarischen Bürgern in Ungarn sogar ohne Zustimmung des Parlaments bestimmt?“

Orban kritisierte, in der Führung der EU habe sich eine „Kultur des Vertragsbruchs“ eingeschlichen: „Die Maastricht-Kriterien, Schengen, Dublin – nichts gilt mehr“, sagte er der „Bild“. (dpa)