Washington. US-Präsident Obama stellt erstmals einen detaillierten Plan zur Schließung von Guantanamo vor. Die Chancen sind allerdings schlecht.

Es ist sein letzter Anlauf, ein zentrales Versprechen einzulösen. US-Präsident Barack Obama hat gestern zum ersten Mal einen offiziellen Fahrplan vorgelegt, um das seit 2002 existierende und weltweit umstrittene Terror-Gefangenenlager Guantanamo Bay auf Kuba endgültig aufzugeben und die letzten Gefangenen in Haftanstalten auf dem amerikanischen Festland zu verlegen. Die Erfolgsaussichten sind allerdings schlecht. Er braucht dazu den Kongress, der sich bisher hartnäckig weigert und dem Präsidenten per Gesetz Knüppel zwischen die Beine wirft.

„Wir müssen dieses Kapitel schließen“, sagte Obama, eingerahmt von Vizepräsident Joe Biden und Verteidigungsminister Ashton Carter am Morgen, „Guantanamo hilft seit Jahren unserer nationalen Sicherheit nicht, es untergräbt sie.“ Er wiederholte Argumente, die man von ihm seit Amtsantritt 2009 kennt.

Obamas Argumente Guantanamo

• Guantanamo ist zu teuer – für die heute 91 von ursprünglich 850 dort einsitzenden Gefangenen, die nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 festgenommen worden waren, fallen inzwischen jährliche Kosten von 450 Millionen Dollar an.

• Guantanamo dient den Feinden Amerikas – Terror-Netzwerke wie El Kaida und der „Islamische Staat“ benutzen den Gefängnis-Komplex auf der US-Marinebasis im Südosten Kubas als Mittel zur Rekrutierung von Nachwuchs.

• Guantanamo ist unnötig – auf dem amerikanischen Festland gibt es genügend Hochsicherheitsgefängnisse, in denen heute schon islamistische Terroristen einsitzen, ohne dass die nationale Sicherheit gefährdet ist.

• Guantanamo schafft keine juristische Gerechtigkeit – die Militärtribunale dort gegen die wichtigsten Drahtzieher der Anschläge vom 11. September haben bis heute keine einzige gerichtsfeste Verurteilung gebracht. Darum soll dieses besondere Gerichtsverfahren komplett reformiert werden. Obamas Fazit: „Alles spricht für eine zügige Schließung.“

Schließung soll rund 475 Millionen Dollar kosten

In seinem Plan, der über Monate vom Pentagon ausgearbeitet wurde, bittet Obama den Kongress um die Bereitstellung von 475 Millionen Dollar. Soviel soll der Transfer der Häftlinge und die Herrichtung von Gefängnissen in Amerika kosten. Dadurch ergeben sich laut Obama später jährliche Einsparungen von 180 Millionen Dollar. Auf 20 Jahre gerechnet belaufe sich der Spareffekt für den Steuerzahler auf 1,7 Milliarden Dollar.

Obama geht davon aus, dass bis zum kommenden Sommer 35 Häftlinge, die seit Jahren als unschuldig gelten, in sichere Drittländer zurückgeführt werden können. Blieben 56 Männer über. Darunter sind rund zehn Angeklagte in Verfahren vor den Militärtribunalen. Der Rest sind sogenannte „Ewigkeits-Häftlinge“. Leute, die das Verteidigungsministerium für zu gefährlich hält, um jemals freizukommen. Die aber auch nicht vor Gericht gestellt werden können, weil, wie Anwälte der Betroffenen gegenüber dieser Redaktion sagten, „Amerika dann Folter und andere hässliche Dinge zugeben müsste“.

Als Alternative schlägt das Pentagon 13 verschiedene Standorte auf dem Festland vor, darunter bekannte Gefängnis-Komplexe in Fort Leavenworth (Kansas), Charleston (South Carolina) und Florence (Colorado). In Colorado steht ein Bundesgefängnis leer, das den Steuerzahler jährlich 20 Millionen Dollar Unterhalt kostet. Eine Auswahl ist noch nicht getroffen worden, weil an allen Standorten Kongress-Abgeordnete protestieren und mit dem Gang vor die Gerichte drohen.

Obama erinnerte den republikanisch dominierten Kongress mehrfach daran, dass bereits sein Vorgänger George W. Bush in den Jahre 2006/2007 Versuche unternommen hatte, Guantanamo zu schließen.