Dresden/Berlin. Mit mehr Polizei will Sachsens Regierungschef Tillich den rechtsradikalen Übergriffen entgegentreten. Der Staat müsse stark auftreten.

Mit mehr Stellen bei der Polizei will der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) rechtsradikale und fremdenfeindliche Gruppen in Sachsen bekämpfen. Wir brauchen wieder einen starken Staat“, sagte Tillich am Dienstag bei einer kurzfristig anberaumten Pressenkonferenz in Dresden. Tillich nannte die jüngsten Ereignisse von Bautzen und Clausnitz „schändliche und verbrecherische Umtriebe“.

Demnach werde die sächsische Regierung die Zahl der Polizeianwärter in diesem Jahr von 400 auf 500 erhöhen. Außerdem werde das Land die mobilen Einsatz- und Fahndungsgruppen gegen rechtsextreme Gruppierungen „deutlich stärken“, so Tillich. Zahlen dazu nannte Tillich nicht. Zudem werde die Wachpolizei „zur Bewachung von Objekten“ gestärkt. Diese Wachpolizei nimmt Aufgaben des Objektschutzes wahr und unterstützt die Landespolizei bei der Personenbewachung. Auch soll die Zusammenarbeit der Polizei mit der Justiz verbessert werden.

Reaktion auf Übergriffe in Bautzen und Clausnitz

In Bautzen hatten Schaulustige einen Brand in einer geplanten Flüchtlingsunterkunft bejubelt und dabei die Feuerwehr behindert. Die Ermittler gehen von Brandstiftung aus. In der Ortschaft Clausnitz feindeten rund 100 Demonstranten ankommende Flüchtlinge an. Auch der Einsatz der Polizei, die einige Flüchtlinge aus ihrem Bus zerrte, geriet in die Kritik. Tillich hatte danach eingeräumt, dass das Land ein grundsätzliches Problem mit Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit habe.

Tillich forderte am Dienstag gleichzeitig eine „breite gesellschaftliche Aktion“ gegen Rechtsradikalismus und Fremdenfeindlichkeit. Die Ereignisse von Bautzen und Clausnitz seien „etwas, das uns alle beschämt“. Aber die Übergriffe ließen die Landesregierung „noch entschlossener werden“, dem Einhalt zu gebieten. Es seien aber nur „einige wenige, die sich außerhalb der Rechtsordnung stellen“ und das gesamte Land in Misskredit brächten, sagte Tillich.

Zuvor hatte die Integrationsbeauftragte der Unionsfraktion im Bundestag, Cemile Giousouf, Tillich aufgefordert, den Kampf gegen Rechtsextremismus in Sachsen zur Chefsache zu machen. Die bisherigen Bemühungen reichten nicht aus, heißt es in einem Brief der CDU-Frau von Dienstag. Eine lautstarke Minderheit von Rechtsradikalen sei sich in Sachsen ihrer Sache allzu sicher, kritisierte Giousouf. „Die Flüchtlingskrise lässt die manifeste Ausländerfeindlichkeit nunmehr gewahr werden – vor unser aller Augen.“

Linkspartei: „Regierung tut zu wenig“

An Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit unter Sachsens Bürgern trägt aus Sicht von Linken-Politiker André Hahn auch die Politik eine Mitschuld. „Vonseiten der Regierung wird zu wenig getan“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion am Dienstag dem ARD-„Morgenmagazin“. Viele Bürger seien latent unzufrieden mit ihrer persönlichen Situation und das seit Jahren. Dennoch hätten Politiker die Probleme im Land verharmlost und in vielen Fällen so getan, als wenn es sich nicht gäbe. Hahn forderte: „Der Staat darf sich nicht wegducken.“

Nach Einschätzung der Berliner Amadeu-Antonio-Stiftung gehen die Ausschreitungen auf das Konto der sächsischen Politik. Sachsen sei ein Paradebeispiel dafür, was passiert, wenn man politisch nichts gegen rechtsextreme Umtriebe unternimmt, sagte die Stiftungsvorsitzende Anetta Kahane. (W.B./dpa/epd)