Berlin. Stärker als bisher bekannt stand Angela Merkel im Visier der NSA. Ein Gespräch mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon wurde abgehört.

Der mutmaßliche Lauschangriff von US-Spionen auf Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nimmt immer größere Ausmaße an. Die Enthüllungsplattform Wikileaks veröffentlichte in der Nacht zum Dienstag mehrere als geheim eingestufte Dokumente, denen zufolge der US-Geheimdienst National Security Agency (NSA) unter anderem ein Gespräch Merkels mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon im Dezember 2008 abgehört haben soll. Auch Silvio Berlusconi, Benjamin Netanyahu und Nicolas Sarkozy waren von den Lauschangriffen offenbar betroffen. Wikileaks kündigte die Veröffentlichung neuer Dokumente zuvor über Twitter an.

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„Wir haben heute gezeigt, dass die privaten Treffen von Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon zum Schutz des Planeten vor dem Klimawandel von einem Land ausgespäht wurden, das seine größten Ölfirmen schützen will“, erklärte Wikileaks-Gründer Julian Assange. „Die Reaktion der Vereinten Nationen wird interessant sein, denn wenn der Generalsekretär folgenlos ins Visier genommen werden kann, dann ist jeder in Gefahr – vom Staatenlenker bis zum Straßenkehrer.“

Lob für Merkel vom UN-Chef

Laut Wikileaks lobte Ban in dem Gespräch Merkels Anstrengungen im Kampf gegen den Klimawandel und ihre Überzeugungsarbeit bei den EU-Kollegen: Die Welt erwarte, dass die Europäische Union ihre Führungsrolle beibehalte – denn ohne diese Impulse werde es sehr schwierig, bei folgenden Klimakonferenzen Fortschritte zu erzielen. In dem Gespräch habe Ban zudem von einer günstigen Gelegenheit gesprochen, um die Regierung des neu gewählten US-Präsidenten Barack Obama in den Kampf gegen den Klimawandel einzubinden. Merkel wiederum habe sich optimistisch geäußert, trotz Schwierigkeiten beim Thema Emissionshandel auf einem kommenden EU-Gipfel Fortschritte erzielen zu können.

Die neuen Enthüllungen beziehen sich auch auf Gespräche zwischen Nicolas Sarkozy, Silvio Berlusconi und Angela Merkel im Oktober 2011. Demnach hätte der damalige französische Staatschef zusammen mit der Kanzlerin Druck auf den italienischen Ex-Premier ausgeübt, um die wirtschaftliche Situation in dem hochverschuldeten Land in den Griff zu bekommen. Laut Wikileaks habe Berlusconis außenpolitischer Berater Valentino Valentini als „angespannt und sehr harsch gegenüber der italienischen Regierung“ bezeichnet. Zudem sei laut Wikileaks ein Gespräch Berlusconis mit seinem israelischen Amtskollegen Benjamin Netanyahu abgefangen worden. Berlusconi habe Netanyahu versprochen, ihn bei Verhandlungen mit den USA zu unterstützen.

Auch japanische Diplomaten betroffen

Die von der Enthüllungsplattform veröffentlichten NSA-Dokumente zeigen auch, dass der US-Geheimdienst im Vorfeld internationaler Konferenzen japanische Diplomaten abhörte, wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet. Im vergangenen Jahr war bekannt geworden, dass die NSA über Jahrzehnte hinweg das Kanzleramt ausspioniert habe. Betroffen waren demnach auch die Vorgängerregierungen von Merkel. (bk, dpa)