Havanna. Erstmals seit 1000 Jahren trafen sich ein Papst und ein russisch-orthodoxer Patriarch. Die Botschaft: Christen sollen zusammenrücken.

Es war ein historisches Treffen mit einer vielleicht historischen Erklärung unter nüchternen Rahmenbedingungen: Am Flughafen von Havanna haben sich erstmals seit der Kirchenspaltung vor fast 1000 Jahren ein Papst und der Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche getroffen. Papst Franziskus begrüßte Patriarch Kirill mit Handschlag. „Wir sind Bürder“, sagte er. Dann begann das erste Gespräch zwischen den Oberhäuptern der katholischen und der russisch-orthodoxen Kirche.

Es endete mit einer gemeinsamen Erklärung: Angesichts von Krieg und Terror in der Welt wollen Papst Franziskus und Patriarch Kirill die Christenheit wieder stärker zusammenführen. „In einer Welt, die von uns nicht nur Worte, sondern auch konkrete Taten erwartet, möge diese Begegnung ein Zeichen der Hoffnung für alle Menschen guten Willens sein“, heißt es in der Erklärun. Sie hofften, dass die historische Begegnung „zur Wiederherstellung dieser von Gott gewollten Einheit, für die Christus gebetet hat, beitragen kann“.

Papst und Patriarch hatten auch über die besorgniserregende Zunahme von Christenverfolgungen in den Krisenherden in Nahost, Afrika und Asien sprechen wollen. An der Begrüßung nahm auch Kubas Präsident Raúl Castro teil.

Pläne für ein Treffen gab es seit 20 Jahren

Seit 20 Jahren gab es Pläne für ein solches Treffen, das nun durch den Aufenthalt beider Kirchenoberhäupter in der Region möglich wird. Franziskus wollte von Havanna weiterreisen zu einer mehrtägigen Reise nach Mexiko. Es handle sich um eine intensive Reise, „die mein Bruder Kirill, ich und die Mexikaner uns aber sehr gewünscht haben“, sagte der 79 Jahre alte Argentinier laut dem Vatikan während des Fluges.

Papst Franziskus war auch der erste Papst, der sich mit einem anderen Papst treffen konnte – vier Tage nach seiner Amtseinführung hatte er 2013 seinen zurückgetretenen Vorgänger Benedikt XVI. besucht.
Papst Franziskus war auch der erste Papst, der sich mit einem anderen Papst treffen konnte – vier Tage nach seiner Amtseinführung hatte er 2013 seinen zurückgetretenen Vorgänger Benedikt XVI. besucht. © Reuters | Osservatore Romano / Reuters

Katholiken und Orthodoxe gehen seit der Kirchenspaltung (Schisma) aus dem Jahr 1054 getrennte Wege. Damals exkommunizierten sich die Oberhäupter der Ostkirche in Byzanz (heute Istanbul) und der Westkirche in Rom gegenseitig. Folge war die Eigenständigkeit der orthodoxen Kirchen. Nach Katholiken und Protestanten stellen die Orthodoxen heute die drittgrößte Gruppe innerhalb des Christentums.

Die „orthodoxe Welt“ ist in 14 Kirchen zersplittert. Die größte ist der russisch-orthodoxe Zweig mit rund 150 Millionen Gläubigen. Im Juni soll es nach langer Vorbereitung auf Kreta zu einem historischen Treffen aller orthodoxen Kirchen kommen. Der katholische Kirche gehören rund eine Milliarde Menschen an. In den vergangenen Jahrzehnten trafen Franziskus und seine Vorgänger zwar andere orthodoxe Patriarchen, aber bisher nicht den russischen.

Patriarch Kirill hat enge Kontakte zu Russlands Präsident Putin

Kirill (69) gilt als Freund der Ökumene, aber auch als Verfechter traditioneller Familienwerte und Gegner von Homosexuellenrechten. Kirill pflegt engen Kontakt zum russischen Präsidenten Wladimir Putin. Der Kremlchef bindet die orthodoxe Kirche als Machtstütze aktiv in seine Politik ein. Er sieht in ihr einen starken Verbündeten im Kampf gegen westlichen Liberalismus und Werteverfall. Kritiker sprechen von einer „unheiligen Allianz“ von Staat und Kirche.

Trotz des historischen Treffens sind nach Darstellung Moskaus längst nicht alle Meinungsverschiedenheiten beigelegt. „Wir hoffen, dass dieses Treffen ein neues Kapitel in den Beziehungen unserer beiden Kirchen aufschlägt“, sagte der Metropolit (Erzbischof) Ilarion der Zeitung „Kommersant“. Der Ostkirchen-Experte Thomas Bremer sagte der Deutschen Presse-Agentur, in der russischen orthodoxen Kirche gebe es noch immer große Vorbehalte gegen Rom. Der Professor für Ökumene und Ostkirchenkunde an der Universität Münster betonte, der Papst nutze den Dialog der christlichen Konfessionen, um bei den Themen Gerechtigkeit, Armut und Frieden weitere Mitstreiter zu gewinnen. (dpa)