Brüssel/ Athen. Die Europäische Kommission fordert von Griechenland strengere Grenzkontrollen. Zur Diskussion steht auch ein Nato-Einsatz in der Ägäis.

Eine Woche vor dem EU-Gipfel mahnen Europäische Kommission und Mitgliedsländer Griechenland zu mehr Anstrengungen, um die Zahl unregistrierter Migranten nach unten zu schrauben. Die Botschafter der EU-Staaten einigten sich Diplomaten zufolge am Mittwoch darauf, der Regierung in Athen noch drei Monate Zeit zu geben, um die Sicherung der EU-Außengrenze wieder unter Kontrolle zu bringen. Andererseits droht Griechenland der faktische Ausschluss aus dem Schengen-Raum.

Die EU-Kommission bemängelte, dass auf den griechischen Inseln bisher nur das Erstaufnahmezentrum auf Lesbos voll einsatzfähig ist. Aus der Türkei gelangten im Januar zudem weiter fast 2200 Menschen pro Tag nach Europa. Unklarheit herrschte über einen möglichen Marine-Einsatz der Nato gegen Schlepperbanden in der Ägäis: Während Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen eine Beteiligung Deutschlands zusagte, äußerte sich EU-Flüchtlingskommissar Dimitris Avramopoulos zurückhaltend zu einem solchen Einsatz.

EU-Kommission fordert mehr Abschiebungen

Bei dem Treffen der Staats- und Regierungschefs der EU am Donnerstag kommender Woche in Brüssel soll laut Kanzlerin Angela Merkel eine Zwischenbilanz in der Flüchtlingskrise gezogen werden. Vor dem eigentlichen Gipfel ist Diplomaten zufolge wieder ein Treffen einer Reihe von EU-Staaten geplant, die sich enger abstimmen wollen.

Welche Länder teilnehmen, ist noch unklar. Beim EU-Gipfel im Dezember hatten in der österreichischen Botschaft unter anderem Deutschland, die Niederlande, die Türkei und Griechenland eine engere Abstimmung vereinbart.

Die EU-Kommission bescheinigte Griechenland, zumindest bei der Abnahme von Fingerabdrücken voranzukommen. So seien im Januar 78 Prozent der ankommenden Migranten auf diese Art registriert worden. Im September waren es nur acht Prozent. Als unzureichend bezeichnete es die Brüsseler Behörde, dass 2015 von über 800.000 dort ankommenden Menschen nur etwas mehr als 16.000 abgeschoben wurden.

Griechenland kritisiert mangelnde Unterstützung

Ende Januar hatte die Kommission Griechenland dazu aufgefordert, binnen drei Monaten die Mängel an der Außengrenze abzustellen. Andernfalls können andere EU-Staaten nach Artikel 26 des Schengen-Kodex an Airports und in Häfen für bis zu zwei Jahre Kontrollen für Reisende aus Griechenland einführen. Eine Landgrenze zu einem anderen Schengen-Staat hat Griechenland nicht. Die EU-Botschafter schlossen sich dieser Forderung nun formal an.

Avramopoulos machte deutlich, dass die Lage in Griechenland anders wäre, wenn mehr Unterstützung aus den anderen Mitgliedsländern kommen würde. Bisher sind von dort nach Angaben der EU-Behörde von den 66.400 vorgesehenen Menschen nur 218 auf andere EU-Staaten verteilt worden.

Aus der Türkei kamen im Januar pro Tag im Schnitt zugleich 2186 Menschen an. Die meisten bleiben nicht in Griechenland, sondern reisen nach Mitteleuropa und vor allem Deutschland weiter. Deutschland wiederum erhielt aus Brüssel zum zweiten Mal blaue Briefe, weil zwei Richtlinien zu den EU-Asylgesetzen noch nicht umgesetzt wurden.

Nato berät über Einsatz in der Ägäis

Zum besseren Schutz der EU-Außengrenze zwischen Griechenland und der Türkei berieten die Nato-Verteidigungsminister über einen möglichen Einsatz des Militärbündnisses in der Ägäis. „Ziel muss es sein, das perfide Geschäft der Schmuggler mit der illegalen Migration zu erschweren, wenn nicht unmöglich zu machen“, sagte von der Leyen. Nach Angaben von Avramopoulos, der früher Verteidigungsminister in Griechenland war, steht ein solcher Einsatz derzeit aber nicht auf der Agenda der EU-Kommission.

Die deutsche Marine führt mit dem Einsatzgruppenversorger „Bonn“ einen Nato-Schiffsverband, der in der Region unterwegs ist. Die Zusammenarbeit der Nato-Partner Griechenland und Türkei, deren Beziehungen seit langem angespannt sind, funktioniert an der Seegrenze nicht. Die Grenzschutzbehörde Frontex wiederum hat außerhalb der EU in der Türkei keine exekutiven Befugnisse. (rtr)