Berlin. In Frankreich ist es großen Supermärkten nun per Gesetz verboten, Lebensmittel wegzuwerfen. Die Bundesregierung will nicht nachziehen.

Frankreich hat der Lebensmittelverschwendung den Kampf angesagt. Händler müssen laut einem in der vergangenen Woche beschlossenen Gesetz nicht vermeidbare Lebensmittelabfälle künftig spenden, verarbeiten, als Tierfutter verwenden oder kompostieren – ein Novum weltweit.

Das Gesetz, das der französische Senat einstimmig verabschiedete, gilt für alle Händler und Supermärkte ab einer Größe von 400 Quadratmetern, der kleine Tante-Emma-Laden bleibt also ausgenommen. Verstöße sollen mit Geldbußen von bis zu 75.000 Euro bestraft werden – in besonders schlimmen Fällen sogar mit Gefängnisstrafen von bis zu drei Jahren.

Deutschland plant kein ähnliches Verbot

„Frankreich hat mit dem Gesetz einen ersten und mutigen Schritt getan“, lobt die Umweltschutzorganisation WWF in einem Blogeintrag. „Trotzdem ist Frankreichs neues Gesetz nicht die Lösung des Problems.“ Zu inkonsequent sei die Option der Händler, die Lebensmittel auch kompostieren zu können anstatt sie als Mahlzeit zur Verfügung zu stellen. Außerdem laufe man Gefahr, mit großen Lebensmittelspenden die Strukturen der karitativen Organisationen zu überfordern und letztlich die Kosten für die Entsorgung der Lebensmittel nur auf die ehrenamtlichen Organisationen abzuwälzen. Und vor allem lasse das Gesetz außer Acht, dass lediglich ein kleiner Teil des Lebensmittelmülls im Handel produziert werde.

In Deutschland gibt es bislang keine Gedankenspiele zu einer ähnlichen Regelung. „Die Bundesregierung plant so ein Verbot nicht“, sagte ein Sprecher des Ernährungsministeriums. Die meisten Geschäfte in Deutschland gäben überflüssige Produkte bereits an Tafeln oder andere soziale Einrichtungen weiter. Auch Privatleute und die Wirtschaft sollten Lebensmittelverschwendung reduzieren. Zudem müsse das Wissen über den Wert von Nahrung etwa bei jungen Menschen verbessert werden, sagte der Sprecher.

Jährlich elf Millionen Tonnen Lebensmittelmüll in Deutschland

Verbraucherschutzminister Christian Schmidt (CSU) machte noch in dieser Woche auf das Thema aufmerksam. Er rief am Dienstag dazu auf, die 40-tägige Fastenzeit dazu zu nutzen, Vorräte zu verbrauchen und nicht mehr als nötig einzukaufen. „Die Fastenzeit ist ein guter Anlass, um sich den Wert unserer Lebensmittel bewusst zu machen“, erklärte er in Berlin. Es sei ethisch nicht vertretbar, dass tonnenweise gute Lebensmittel im Müll landeten. Sein Ziel sei es, die Lebensmittelverschwendung in der Bundesrepublik bis 2030 zu halbieren.

Laut einer 2012 vorgestellten Studie landen in Deutschland pro Jahr elf Millionen Tonnen Nahrung von Verbrauchern, Handel, Industrie und Gastronomie im Müll. Davon stammen 6,7 Millionen Tonnen aus privaten Haushalten. Im selben Jahr rief die damalige Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) die Kampagne „Zu gut für die Tonne“ ins Leben, eine Informationskampagne, mit der Verbraucher und Unternehmen besser über Lebensmittelverschwendung aufgeklärt werden sollen.

Unter anderem wurde eine App herausgegeben, mit der man Rezepte für Lebensmittelreste finden kann. 2016 wird im Rahmen der Kampagne erstmals ein Preis verliehen, der besonders engagierte Unternehmen, Organisationen, Bürgerinitiativen oder Privatpersonen für ihre Engagement gegen Lebensmittelverschwendung auszeichnet. Der WWF hält diese Bemühungen der Bundesregierung für halbherzig und fordert einen Aktionsplan, der jeden einzelnen Sektor der Lebensmittelverwertungskette berücksichtigt – Einzelhandel, Großhandel, Gastronomie, Herstellung und Weiterverarbeitung, Landwirtschaft und Privatpersonen. (ba/dpa)