Paris. Eine Frau gab Hinweise zum Aufenthaltsort des Terroristen Abdelhamid Abaaoud. Sie hatte Kontakt zu ihm – als Freundin seiner Cousine.

Abdelhamid Abaaoud , der mutmaßliche Drahtzieher der Anschläge von Paris, wurde von einer Freundin seiner Cousine an die Polizei verraten. Die junge Frau gab den Ermittlern die Adresse des Verstecks im Pariser Vorort Saint-Denis bekannt, in dem die Cousine und der Islamist bei einem Polizeieinsatz getötet wurden. Das sagte die junge Frau am Donnerstag in einem Interview mit dem französischen Sender BFMTV. Auch belgische Zeitungen wie „Het Nieuwsblad“ berichteten darüber.

In der TV-Aufnahme sitzt die Informantin der Polizei im Schatten, Lampenlicht strahlt sie von hinten an. Ihre Stimme wurde unkenntlich gemacht. Nur ihr Vorname Sonia wird genannt. Sie erzählt auf Französisch, dass sie seit 2011 mit Hasna Aït Boulahcen, Abaaouds Cousine, befreundet war. Die Frau erzählt von den Tagen nach den Anschlägen in Paris.

Am 15. November 2015, also zwei Tage nach den Attentaten, habe sie sich mit Hasna Aït Boulahcen getroffen, als diese einen Anruf bekam. Ihr wurde demnach aufgetragen, eine Person mit einem Auto aus der Gemeinde Aubervilliers abzuholen, ein Vorort im Norden der französischen Hauptstadt. Als die beiden Frauen dort ankamen, kam der Terrorist Abaaoud aus einem Gebüsch geklettert.

Abaaoud kam mit 90 Extremisten nach Paris

Die junge Frau habe Abaaoud nicht sofort erkannt, erzählt sie im Interview. „Er trug einen Hut, orangefarbene Turnschuhe und eine Bomberjacke.“ Abaaoud habe stolz gelächelt und von weiteren geplanten Anschlägen berichtet. Seine Cousine sollte ein Versteck für ihn finden.

Die junge Frau sagt, sie hätte Abaaoud gefragt, ob er bei den Anschlägen in Paris dabei gewesen war. Er habe daraufhin geantwortet: „Ja, die Toten im zehnten Arrondissement, das war ich.“ Abaaoud habe erzählt, dass er ohne Ausweispapiere mit 90 Extremisten nach Frankreich eingereist sei. Die multinationale, aus Arabern und Europäern bestehende Gruppe sei immer noch im Großraum Paris verstreut.

Bei den Anschlägen in Paris am 13. November hatten Angreifer an sechs Tatorten der französischen Hauptstadt insgesamt 130 Menschen ermordet. Sieben Terroristen wurden getötet, die meisten starben durch Selbstmordattentate.

Weitere Anschläge waren wohl geplant

Die junge Frau bezeugt laut „Het Nieuwsblad“ im Interview, sie hätte ihre Freundin Hasna zur Rede gestellt. Diese hätte verraten, dass am darauffolgenden Donnerstag Anschläge auf ein Shoppingcenter, einen Kindergarten und auf ein Polizeikommissariat geplant seien. In diesem Gespräch sei auch die Adresse des Verstecks von Abaaoud gefallen. Diese habe sie der Polizei verraten.

Am 18. November stürmte eine Einheit die Wohnung im Pariser Vorort Saint-Denis. Bei dem Einsatz wurden Abdelhamid Abaaoud, seine Cousine und der Komplize Chakib Akrouh getötet.

Die junge Frau hat von der Polizei inzwischen einen neuen Namen bekommen, wartet nach eigenen Angaben aber noch auf ihre neuen Ausweispapiere. Von den Behörden fühle sie sich alleine gelassen. Sie sei untergetaucht und vom Rest der Welt abgeschnitten: „Ich habe kein Leben, keinen Job, keine Freunde, keine Familie.“