Berlin. Arabisch als Schulfach? Die Forderung eines Bildungsexperten findet in der Politik vorsichtig Zustimmung – wenn’s nicht zu weit geht.

Der Hamburger Informatik-Professor Thomas Strothotte hat das Thema auf die Agenda gebracht: In der „Zeit“ forderte er die Einführung von Arabisch als Schulsprache in Deutschland. Dies würde einen Zugang zur arabischen Welt ermöglichen, so der Präsident der Hamburger Kühne Logistics University.

Doch damit nicht genug: Arabisch sollte wie Deutsch als Fach für alle Schüler bis zum Abitur verpflichtend sein. „Wir würden damit anerkennen, ein Einwanderungsland und eine mehrsprachige Gesellschaft zu sein“, argumentierte Strothotte. Er ist kanadischer Staatsbürger, lebt seit 1985 in Deutschland und war unter anderem Rektor an den Universitäten Rostock und Regensburg.

Noch anspruchsvoller sei es, Deutsch und Arabisch als gleichberechtigte Unterrichtssprachen zu verwenden, schreibt der Experte weiter. Dadurch würden sich die Kinder schon jetzt auf den tiefgreifenden Wandlungsprozess des Nahen Ostens vorbereiten. Mit dem Erlernen der arabischen Sprache empfehle sich die junge Generation Deutschlands als wirtschaftlicher, kultureller und politischer Partner, um diesen Transformationsprozess zu begleiten.

Grüne: Das schadet der Integration

In der Bundespolitik stößt Strothotte mit seinem Vorstoß allerdings bisher auf wenig Gegenliebe. „Es ist Karnevalszeit und die Forderung nach einem Schulpflichtfach Arabisch klingt wie ein Vorschlag aus dem Narrenhaus“, sagte der Bildungsexperte der Bundestags-Grünen, Özcan Mutlu unserer Redaktion. „Ich habe nichts gegen ein freiwilliges Angebot von muttersprachlichem Ergänzungsunterricht in arabischer Sprache, aber diese Forderung schadet der Integration und vergiftet das Klima! Daher: Finger weg davon!“ Priorität müsse „die gezielte Investition zur Förderung des Spracherwerbs in Deutsch“, so Mutlu.

SPD: Strothotte sollte die Kirche im Dorf lassen

Skepsis kommt auch von den Sozialdemokraten. „Das Arabische wird ohne Zweifel eine wachsende Bedeutung im gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Austausch in der Welt gewinnen“, findet zwar der Bildungsfachmann der SPD-Fraktion im Bundestag, Ernst Dieter Rossmann. Deshalb sei „die Erweiterung der Wahlangebote für Sprache an den Schulen um das Arabische dringend zu ergänzen, zumal in solchen Ballungsräumen, in denen sich starke Einwanderung zeigt“.

Aber Rossmann findet auch: „Arabisch zu einem Pflichtfach bis zum Abitur als Teil einer politischen Strategie zu machen, führt dagegen in die Irre. Ein solcher Ansatz führt zu mehr Problemen als dadurch gelöst werden und wird auch nicht den Erfordernissen einer integrierenden Einwanderungsgesellschaft gerecht – ganz im Gegenteil. Herr Strothotte sollte sprichwörtlich ‚die Kirche im Dorf lassen‘.“

CDU: Das geht an den Herausforderungen der Schule vorbei

Auch die CDU hält nicht viel von dem Vorschlag aus Hamburg. Er sei „überhaupt nicht zielführend und geht an den akuten Herausforderungen an unseren Schulen vorbei“, urteilte Stefan Kaufmann, Obmann der Unionsfraktion im Bildungsausschuss des Parlaments. Primär müsse es jetzt darum gehen, „dass die vielen Zuwanderer aus dem arabischen Raum die deutsche Sprache so rasch wie möglich erlernen. Denn nur wer Deutsch spricht, kann sich erfolgreich in die deutsche Gesellschaft integrieren“, so Kaufmann weiter. „Darauf sollten sich unsere Anstrengungen konzentrieren.“

Linke für freiwillige Lösung

Auch Nicole Gohlke, hochschul- und wissenschaftspoltische Sprecherin der Linken im Bundestag, ist für eine freiwillige Lösung: „Schülerinnen und Schüler sollten grundsätzlich die Möglichkeit erhalten, viele verschiedene Sprachen zu erlernen, dazu sollte unbedingt das Arabische gehören“, sagte sie unserer Redaktion. „Das bedeutet aber nicht, dass jede Fremdsprache gleich ein Pflichtfach werden muss. Viel besser ist es, den Schülerinnen und Schülern beispielsweise Sprachkurse anzubieten, die sie freiwillig und nach Interesse bzw. Neigung auswählen können.“