Brüssel/Warschau. Die Reformen von Polens Regierung werden in Brüssel seziert: Sind sie noch rechtsstaatlich oder müssen sie weg? Die EU nennt es Hilfe.

Die EU-Kommission beginnt eine umfassende Prüfung der umstrittenen Reformen der nationalkonservativen Regierung in Polen. Sie nutzt dazu erstmals ein 2014 geschaffenes Verfahren zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit in der Europäischen Union.

Es gehe nicht darum, Polen anzuklagen, sondern darum, die Probleme gemeinsam zu lösen, erklärte der stellvertretende EU-Kommissionschef Frans Timmermans am Mittwoch in Brüssel. Es sei eine ernste Angelegenheit, dass nach den vorliegenden Informationen verfassungsrechtliche Regeln nicht befolgt worden seien. „Unser Ziel ist es, die Probleme zu lösen und nicht, jemanden zu beschuldigen oder polemisch zu sein.“

Im Mittelpunkt steht Gerichtsreform

Umstrittene Maßnahmen der neuen Regierung in Warschau sind vor allem eine Justizreform und ein neues Mediengesetz. Gegner befürchten, dass geänderte Regeln für das Verfassungsgericht die Gewaltenteilung im Land bedrohen. Denn sie sehen vor, dass Entscheidungen künftig mit einer - womöglich selten zu erreichenden - Zwei-Drittel-Mehrheit getroffen werden müssen.

Das neue Mediengesetz erlaubt es der Regierung, über Führungsposten in den öffentlich-rechtlichen Medien zu entscheiden. Kritiker sehen dies als Gefahr für die Pressefreiheit.

In der ersten Phase des jetzt eingeleiteten Verfahrens will die EU-Kommission genau analysieren, ob es eindeutige Anzeichen für eine „systembedingte Gefahr“ für die Rechtsstaatlichkeit in Polen gibt. Nur wenn dies der Fall ist, könnte die Regierung in weiteren Schritten offiziell aufgefordert werden, Änderungen herbeizuführen. Wenn dann nichts geschieht, um die Regeln zu befolgen, droht am Ende der Entzug der Stimmrechte im EU-Rat. (rtr/dpa)