München/Athen. Trotz des Winters machen sich in der Türkei weiter Flüchtlinge auf den Weg in die EU. Im Jahr 2015 waren es etwa 1,1 Millionen.

In Deutschland sind in diesem Jahr nach Angaben der bayerischen Staatsregierung fast 1,1 Millionen Flüchtlinge angekommen. Der Großteil sei über Bayern eingereist, teilte Sozialministerin Emilia Müller (CSU) am Mittwoch in München unter Berufung auf das Erstaufnahme-System „Easy“ („Erstverteilung von Asylbegehrenden“) mit.

Der Wille vieler Migranten, Europa zu erreichen, ist ungebrochen. Binnen einer Woche seien fast 30.000 weitere Menschen übers Mittelmeer in Griechenland oder Italien angekommen, so das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR.

UN-Hilfswerk: 3735 ertranken oder sind vermisst

Damit seien in diesem Jahr mehr als eine Million Menschen über die Mittelmeer-Route geflüchtet. 848.000 kamen in Griechenland an, 153.000 Flüchtlinge landeten in Italien. 3735 Menschen seien bei der Überfahrt gestorben oder würden vermisst. Damit nahmen mehr als viermal so viele Menschen wie 2014 die Reise über das Mittelmeer auf sich. Fast die Hälfte der Menschen kam laut UN aus Syrien, jeder Fünfte stammte aus Afghanistan, acht Prozent flohen aus dem Irak.

Einen Monat nach dem Gipfeltreffen der EU mit der Türkei reißt der Flüchtlingszustrom über das Meer nach Griechenland nicht ab. Am Mittwoch kamen erneut rund 3000 Flüchtlinge an Bord von zwei Fähren im Hafen von Piräus an. Sie hätten zuvor von der Türkei hauptsächlich auf die griechischen Inseln Lesbos, Chios und Samos übergesetzt, wie die Küstenwache mitteilte. Täglich kommen fast 3000 neue Flüchtlinge und Migranten hinzu, wie griechische Medien berichteten.

Überfahrt aktuell besonders gefährlich

Es ist kalt geworden in der Türkei. Dick eingepackt macht sich eine afghanische Familie auf, um mit einem Boot überzusetzen. Es fahren weniger Boote, seit dem Flüchtlingsgipfel von EU und Türkei, abgerissen ist der Menschenstrom aber nicht.
Es ist kalt geworden in der Türkei. Dick eingepackt macht sich eine afghanische Familie auf, um mit einem Boot überzusetzen. Es fahren weniger Boote, seit dem Flüchtlingsgipfel von EU und Türkei, abgerissen ist der Menschenstrom aber nicht. © Getty Images | Chris McGrath

Das Wetteramt warnte am Mittwoch, dass eine schlagartige Wetterverschlechterung mit starken Winden und eisigen Temperaturen in der Ägäis bevorstehe. Die Überfahrt werde dann äußerst gefährlich.

Die große Mehrheit der Migranten strebt von Griechenland aus über die Balkan-Route nach Deutschland. Rund 160.000 Flüchtlinge blieben nach Angaben aus München in Bayern, die anderen wurden nach dem bundesweiten Verteilungsschlüssel auf alle anderen Bundesländer verteilt. Müller bekräftigte: „Wir brauchen nun dringender denn je eine wirksame Begrenzung der Zuwanderung, denn Deutschland kann diese Zugänge nicht dauerhaft schultern.“

Genaue Zahl ist unklar

Unter Fachleuten ist umstritten, wie genau das „Easy“-System die Zahl der Flüchtlinge in Deutschland widerspiegelt. Manche Experten gehen davon aus, dass die tatsächlichen Zahlen noch höher sind, da es wegen der Überlastung der Behörden inzwischen Wochen dauern kann, bis ein Flüchtling registriert wird. Andere glauben, dass die Zahlen niedriger sind, da Mehrfachregistrierungen ebenfalls vorkommen.

Bei dem Sondergipfel hatten die EU und die Türkei einen gemeinsamen Aktionsplan beschlossen, um den Zustrom von Flüchtlingen einzudämmen. Die Europäische Union hat Ankara dafür unter anderem Finanzhilfen in Höhe von drei Milliarden Euro, Visa-Erleichterungen und eine Wiederbelebung des EU-Beitrittsprozesses in Aussicht gestellt. (dpa)