Berlin. Ex-Minister Erhard Eppler glaubt nicht, dass Sigmar Gabriel als SPD-Chef abtritt. Als Kanzlerkandidat sieht er ihn aber angeschlagen.

Die heftige Wahlschlappe von SPD-Chef Sigmar Gabriel könnte nach Einschätzung von Ex-Minister Erhard Eppler (89) noch Konsequenzen haben. Der SPD-Vordenker sagte der Ulmer „Südwest Presse“: „Für Gabriel ist das wirklich eine schmerzhafte Erfahrung. Die Art, wie er darauf reagiert hat, ist vielleicht nicht das letzte Wort.“

Gabriel werde aber nicht zurücktreten. „Das wird er nicht tun, er will ja gerade beweisen, dass auch Sozialdemokraten Wirtschaftskompetenz haben.“ Auf die Frage, ob der SPD-Chef nach dem schwachen Ergebnis noch Kanzlerkandidat werden könne, sagte Eppler: „Theoretisch ja. Sein Motiv ist offenbar, es zu tun, aber er ist jetzt nicht gerade gestärkt.“

Eppler hält Kombination aus Parteivorsitz und Ministerium für schwierig

Als Grund für die Abstrafung sieht der frühere Entwicklungshilfeminister die Kombination aus SPD-Vorsitz und Wirtschaftsministerium, die er von Anfang an für problematisch gehalten habe. „Tatsächlich fällt es Gabriel unendlich schwer, das, was er in der Funktion des Wirtschaftsministers tut, als Parteivorsitzender zu vertreten.“ Das gelte auch für die geplanten Freihandelsabkommen TTIP und Ceta.

Eppler: „Persönlich bin ich gegen diese beiden Abkommen. Der Marktradikalismus, der in Amerika triumphiert, wird viele Jahre, wenn nicht Jahrzehnte überdauern. Ich wünsche mir für Europa die Chance, einen eigenen Weg zu gehen.“

Christine Lambrecht stützt Sigmar Gabriel

Anders die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Christine Lambrecht: Sie sprach sich dafür aus, Sigmar Gabriel trotz seiner Wahlschlappe auf dem Bundesparteitag als Kanzlerkandidat zu nominieren. „Wir müssen jetzt nach vorne schauen und Sigmar Gabriel den Rücken stärken“, sagte sie unserer Redaktion. „ Er ist als Parteivorsitzender der natürliche Kanzlerkandidat der SPD, daran hat sich nichts geändert.“

Lambrecht ermahnte ihre Partei, mit Selbstbeschäftigung und Streit gewinne man keine Wahlen. „Nur wenn wir einig und geschlossen auftreten, können wir unsere Ziele erreichen“, sagte sie.

Die Delegierten hatten Gabriel am Freitag bei seiner Wiederwahl schwer abgestraft. Er bekam nur 74,3 Prozent der Stimmen – das mit Abstand schlechteste Ergebnis seiner bisher vier Wahlen. Jusos und Parteilinke hatten ihm vorgeworfen, keine glaubwürdige Politik zu machen und einen Schlingerkurs zu fahren. (gau/dpa)