Paris. Beim UN-Klimagipfel legt sich das reiche Saudi-Arabien quer. Ein Deutscher soll den größten Streit lösen.

Geld regiert die UN-Klimaverhandlungen in Paris, die nun in die entscheidende Phase gehen. Am Mittwoch will Frankreichs Außenminister und Konferenzpräsident Laurent Fabius endlich einen weitestgehend ausformulierten Vertrag zum weltweiten Kampf gegen die Erderwärmung auf dem Tisch liegen haben. Milliardenschwere Finanzzusagen an arme Länder sollen in letzter Minute den Weg zu Kompromissen ebnen. Doch eine Gruppe von Blockierern rund um Saudi-Arabien bremst den Prozess. Es ist ein deutscher Senkrechtstarter unter den Klimadiplomaten, der eine Einigung herbeiführen helfen soll: Umweltstaatssekretär Jochen Flasbarth.

Finanzzusagen sollen arme Länder umstellen

Sein Auftrag ist der wohl kniffligste Job der Konferenz: Gemeinsam mit dem Außenminister von Gabun, Emmanuel Issozé Ngondet, soll er einen Kompromiss bei der Klimafinanzierung ausloten. Es geht um Milliarden, die Industrieländer armen Ländern für Klimaschutzmaßnahmen zugesagt haben. Versprochen war, ab dem Jahr 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar in einen Fonds einzuzahlen. Vor wenigen Tagen hat das UN-Klimasekretariat eine Liste der vorliegenden Finanzzusagen veröffentlicht. Nun streiten Unterhändler, wie viele Milliarden tatsächlich in dem Topf sind: Je nach Berechnungsmethode sind es 94 Milliarden oder aber nur knapp über 80 Milliarden. Letztere Zahl stört die gute Stimmung aus der ersten Woche. Denn das Finanzthema gilt als entscheidender Punkt der Pariser Konferenz: Sind die Kassen gefüllt, wären Schwellen- und Entwicklungsländer wohl eher bereit, ehrgeizigeren Klimazielen zuzustimmen.

Saudi-Arabien will auch kein Geld geben

Flasbarths Sondermission hat einen Haken. Weil der Finanzierungsbedarf zunimmt und sich die Industrieländer nicht alleine zur Kasse bitten lassen wollen, sollen auch wohlhabende Schwellen- und Entwicklungsländer mitzahlen. Das aber ruft eine kleine, aber einflussreiche Gruppe von Blockierern auf den Plan. Angeführt wird sie von Saudi-Arabien. Das 13.-reichste Land der Welt lehnt es kategorisch ab, einen finanziellen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels zu leisten. Denn obwohl der Wüstenstaat dank seiner Öl- und Gasvorkommen zur Gruppe der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer gehört, will er bei den Klimaverhandlungen weiter als Entwicklungsland eingestuft werden. Saudi-Arabien blockiert auch den Vorschlag, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Man dürfe nicht zwischen dreckigen und sauberen Energieträgern unterscheiden, sagte der saudi-arabische Ölminister Ali al-Naimi zu Beginn der Konferenz. Bei Klimaschützern hat er einen Namen: Dr. No. Das arabische Königreich liegt auch in Führung bei der Vergabe des Anti-Preises „Fossil of the day“: Ein Klimaschutzbündnis ehrt so täglich die schlimmsten Blockierer.

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„Saudi-Arabien versucht, Einfluss auf die Delegationen der arabischen Welt zu nehmen, was zu absurden Situationen im Plenum der Konferenz führt“, sagt Christoph Bals, politischer Geschäftsführer der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch. „Ägypten etwa spricht sich gegen das 1,5-Grad-Ziel aus, um gleichzeitig als Mitglied der afrikanischen Staaten die Erwähnung im Vertrag zu fordern.“

Superreiches Katar erklärt sich zum Entwicklungsland

Auch Katar segle im Fahrwasser Saudi-Arabiens. „Wenn ein Land wie Katar mit dem pro Kopf gerechnet höchsten Einkommen und meisten CO2-Emissionen weltweit einen finanziellen Beitrag verweigert und sich dann noch als Entwicklungsland ausgibt, dann widerspricht das dem Geist der UN-Klimakonvention“, so Bals. „Ich hoffe, dass China und die USA die Blockierer letztlich zur Ordnung rufen.“

Im Klimapoker von Paris wird es nun ernst. Im Laufe des heutigen Tages soll ein Vertragsentwurf vorgelegt werden, der bestenfalls nur noch übersetzt werden muss, um dann im Plenum von der Staatengemeinschaft verhandelt zu werden. Bis zuletzt aber markierten mehrere Hundert eckige Klammern auf 38 Seiten die umstrittenen Punkte.

EU schmiedet Bündnis

Die EU, angeführt von Deutschland, gab noch am Dienstagabend ein starkes Signal. In einem demonstrativen Schulterschluss mit 79 Ländern aus Afrika, der Karibik und dem Pazifik forderte sie ein ehrgeiziges und verbindliches Abkommen, das auch ein klares langfristiges Klimaschutz-Ziel enthält. Deutschland hatte zuvor angekündigt, seinen Beitrag zum Klima-Anpassungsfonds auf 140 Millionen Euro aufzustocken. Zeitgleich liefen nach Angaben mehrerer Europaparlamentarier hinter den Kulissen auch intensive Gespräche zwischen den beiden weltweit größten Treibhausgas-Sündern USA und China. Kurz: Es bilden sich Allianzen.

Ob Verhandler Flasbarth es schafft, die über 190 Staaten in der Finanzierungsfrage in den nächsten drei Tagen zu einen, ist offen. „Ein Scheitern des Gipfels ist immer noch möglich“, sagt Christoph Bals, der seit vielen Jahren die UN-Klimaverhandlungen verfolgt. Die meisten Teilnehmer der Konferenz haben ihre Hotelzimmer bis zum Samstag gebucht. Mit Option auf Verlängerung.