Berlin. Nach Übergriffen von Wachmännern auf Flüchtlinge will der Staat gegenwirken. Führungszeugnisse und bessere Ausbildung werden gefordert.

In den vergangenen Monaten hat es immer wieder Berichte über Sicherheitskräfte gegeben, die Asylbewerber angepöbelt, geschlagen oder misshandelt hatten. Auch wenn es sich dabei nach Angaben der Unternehmen um Einzelfälle handelt, zeichnen die Vorfälle das Bild einer Branche, die händeringend nach Kräften sucht, aber meist nur schlecht ausgebildete Aushilfen findet.

Diesem Zustand will ein Bund-Länder-Ausschuss entgegenwirken. Nun sind Inhalte eines Eckpunktepapiers des Gremiums bekannt geworden, das der „Süddeutschen Zeitung“ vorliegt. Dem Papier nach sollen Sicherheitskräfte in Zukunft genauer überprüft werden.

Federführend in dem Ausschuss ist das Bundeswirtschaftsministerium, aber auch Vertreter mehrerer Landesministerien und einiger Großstädte haben an den Sitzungen teilgenommen, die nach dem Missbrauchsskandal in nordrhein-westfälischen Flüchtlingsheimen im Jahr 2014 immer wieder einberufen wurden.

Ausbildung dauert bislang nur 40 Stunden

Laut des Eckpunktepapiers soll alle drei Jahre von den Behörden ein erweitertes Führungszeugnis über die einzelnen Wachmänner eingeholt werden. Dazu müssten die Polizeien der Länder ihre Daten über einzelne Sicherheitsleute abgleichen. Auch Staatsanwaltschaften sollen länderübergreifend Daten austauschen – etwa darüber, ob einem Unternehmen die Arbeit an einem bestimmten Standort untersagt wurde. Das bedeutet zunächst einen hohen bürokratischen Aufwand.

Ein Kernthema des Bund-Länder-Ausschusses ist zudem die Ausbildung der Sicherheitskräfte. Nach jetzigem Stand müssen Wachmänner nur eine 40-stündige Schulung durchlaufen, um später Dienst an einer Flüchtlingsunterkunft leisten zu dürfen. Eine Prüfung ist bislang nur in Ausnahmen nötig, etwa beim Einsatz an Diskothekentüren. Hinzu kam bislang nur eine einmalige Abfrage des Führungszeugnisses. Das soll sich ändern – für die Bewachungsunternehmer und auch für die Sicherheitsleute. Die Unternehmer sollen in Zukunft eine Prüfung absolvieren. Auch das Sicherheitspersonal soll verbindlich eine Prüfung ablegen müssen. Das betrifft die Mitarbeiter, die bei Großveranstaltungen oder in Flüchtlingsunterkünften in leitender Position eingesetzt werden.

Auch aus Sicht des Bundesverbands der Sicherheitswirtschaft ist die bisherige geringe Ausbildung ein Problem. „Die von der Gewerbeordnung vorgeschriebene Unterrichtung ist oft ein 40-stündiger Sitzschein“, kritisierte Verbandssprecherin Silke Wollmann gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. „Hinterher muss keine Prüfung abgelegt werden, man muss nur körperlich anwesend sein. Das ist uns zu wenig für eine so sensible Tätigkeit wie den Umgang mit Flüchtlingen.“

Oft kommen nur günstigste Firmen zum Einsatz

Der Verband der Sicherheitswirtschaft sieht ein weiteres Problem bei der Vergabe von Aufträgen an Firmen. Dabei werde oft nur nach dem günstigsten Preis geschaut. Unternehmer könnten dann nur noch auf schlecht ausgebildete, günstige Kräfte zurückgreifen.

In den Berichten über die jüngsten Übergriffe von Wachmännern auf Flüchtlinge scheint diese Praxis eine Rolle gespielt zu haben. In Berlin hatten Sicherheitskräfte Ende Oktober auf einen Flüchtling eingeschlagen. Ein Video zeigte den Übergriff der Wachleute am Landesamt für Soziales und Gesundheit (Lageso), der zentralen Registrierungsstelle für Flüchtlinge in Berlin. Wie sich herausstellte, gehörten die Wachmänner zu einem Subunternehmer, der wiederum von einer anderen Sicherheitsfirma beauftragt wurde.

Wann die Maßnahmen des Bund-Länder-Ausschusses greifen, ist unklar. Bis dahin werden Einsteiger in die Bewachung von Flüchtlingsunterkünften jedoch weiter so geschult wie bisher. „Wir brauchen manchmal ganz schnell weiteres Sicherheitspersonal. Das hat bisher immer geklappt“, sagte Susan Hermenau, Sprecherin des Betreibers Prisod, der 14 Flüchtlingsheime in Berlin betreut, gegenüber der dpa. (mit dpa)